Eine schöne Beerdigung – kann es die geben, angesichts von Trauer, Tragik und Ver-lust? Pastoralreferentin Johanna Vering ist der Überzeugung, dass Beerdigungen wie jede Lebenswende gefeiert werden müssen. In ihrem Wort zum Sonntag erklärt sie, warum es auch gute Erinnerungen an diesen Moment des Abschiednehmens braucht.
Sendetext lesen:
Guten Abend, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer.
Ich verrate Ihnen direkt mal was: Ich feiere total gerne Beerdigungen. Es mag komisch klingen, aber so ist es. Und gerade heute muss ich daran denken, denn heute und morgen ist ja Allerheiligen und Allerseelen. Da geht es viel um Tod, Trauer und vor allem darum, Menschen zu gedenken, die schon gestorben sind. Viele besuchen die Gräber auf den Friedhöfen oder finden andere Formen, um sich zu erinnern. Ich bin Pastoralreferentin und zu meinen seelsorgerlichen Aufgaben gehört es auch, Verstorbene zu beerdigen und vor allem Angehörige bei diesem Schritt zu begleiten. Und ich tue das wirklich gerne. Dabei ist mir unheimlich wichtig: Eine Beerdigung soll feierlich, sogar festlich sein. Warum? Wir feiern ja in der Regel auch andere Wendepunkte im Leben: Geburt, Hochzeit, Taufe,
Jubiläen. Warum dann nicht auch den letzten Wendepunkt – und zwar als Fest. Dabei geht es mir nicht um Party machen - obwohl, passieren kann das nach einer Beerdigung auch. Wenn alle mal wieder zusammen sind, wird das Leben gefeiert.
Aber mir geht es darum, den Abschied von einem Menschen so zu gestalten, dass es dabei neben aller Trauer auch schöne Momente gibt, die langfristig Halt geben können. Momente, an die man sich gerne erinnert und die vielleicht helfen, wenn die Trauer überbordend ist.
Tod ist traurig und manchmal die Situation so dramatisch, dass die Worte "schön" und "feiern" schlicht unpassend erscheinen. Aber dennoch... Ich erinnere mich an einige schöne Momente rund um Tod und Beerdigungen.
Thorsten ist mit Ende 40 einfach umgefallen und gestorben. Hammerhart. Seine Frau ist so alt wie ich. Sie und die beiden Kinder können es nicht fassen. Und mit ihnen der ganze Ort. Schock, Wut, Sprachlosigkeit. Warum, Gott? Und dann haben wir es zusammen geschafft, dass die Beerdigung "schön" war. Es gab Geschichten von Thorsten, die uns haben weinen und lachen lassen. Und weil er ganz aktiv im Schützenverein war, gab es am Ende auf der Orgel eine Polka.
Oder Tristan. Er war erst drei, als er plötzlich aufgehört hat zu atmen. Keine Worte. Nur Fragezeichen und Entsetzen. Bei der Beerdigung haben wir uns alle um so ein buntes Tuch aus dem Kindergarten gestellt, es festgehalten und dann alle zusammen einen Luftballon darauf rund laufen lassen. Als Zeichen für Tristan: er ist noch da, aber jetzt in anderer Form. Dieser schöne, bunte Moment trägt vor allem die Eltern bis heute - trotz alledem.
Und schließlich mein Opa. Er ist zuhause auf dem Bauernhof gestorben. Wir haben ihn alle gemeinsam aus dem Haus begleitet mit dem Halleluja aus Händels Messias in voller Lautstärke! Und, was ganz besonders war: Bauern gehen über die Tenne, heißt es bei uns im Münsterland. Die Tenne ist die Verbindung zwischen Stall und Wohnhaus. So haben wir Opa rausgetragen, unter der geöffneten Heuluke kurz abgesetzt, innegehalten, den sommerlichen Heuduft gerochen und ihn dann bis zum Bestattungswagen gebracht. Als er von seinem Hof gefahren wurde, haben wir hinterher gewunken - das war einfach ein schöner Moment, an den ich mich gerne erinnere.
Geliebte Menschen zu verlieren, ist schlimm. Und wenn es tragisch, zu früh, plötzlich ist, noch härter.
Ich hab‘ keine Ahnung, wie es mir gehen würde, wenn ich meinen Mann beerdigen müsste oder eines unserer Kinder. Allein die Vorstellung halte ich fast nicht aus. Aber ich hoffe sehr, dass ich mich dann an das halten kann, was mich jetzt aus tiefster Überzeugung trägt: der Glaube, dass es gut weitergeht und dass das was mit Gott zu tun hat, der ja selbst Leben und Tod erlebt hat.
Und genau deswegen braucht es bei Beerdigungen schöne Momente, in denen gewürdigt und auch gefeiert wird. Damit ich mich trotz allem später daran gerne erinnere und im besten Sinne meiner Lieben gedenke – und das nicht nur an Allerheiligen und Allerseelen.
Katholischer Rundfunkbeauftragter für Das Wort zum Sonntag für den WDR
Dr. Philipp E. Reichling OPraem
Telefon 0221 / 91 29 782
E-Mail philipp@katholisches-rundfunkreferat.de
Internet www.kirche-im-wdr.de