Zum ersten Mal spricht Pastoralreferentin Johanna Vering das Wort zum Sonntag. Und sie sagt gleich, worum es ihr vor allem geht: Eine gute Botschaft: Du bist es wert, gesehen zu werden!
Gerade angesichts der Tatsache, wie sehr die deutsche Gesellschaft gespalten ist, braucht es positive Botschaften. Was sie damit verbindet und dass damit auch eine Aufgabe zusammenhängt, davon erzählt sie am kommenden Samstagabend nach den "Tagesthemen" im Ersten und bereits ab 17:00 Uhr unter www.daserste.de/wort.
Sendetext nachlesen:
Guten Abend zu später Stunde!
Frage an eine Bestatterin, einen Herrenschneider, eine Psychiaterin und einen Schlagersänger: Was brauchen die Menschen?
Die Frage ist genauso gestellt worden bei einer Podiumsdiskussion zum Thema: Was brauchen Menschen?
Jetzt aber die Antworten: alle vier waren sich unabgesprochen einig und haben so geantwortet: Die Bestatterin hat gesagt: "Wahrnehmen, was Trauernde brauchen." Der Herrenausstatter meinte: "Wahrgenommen werden." Die Psychiaterin, die mit Heroinabhängigen arbeitet, hat gesagt: "Gesehen werden." Und der Schlagersänger Thomas Kuhn: "Liebe geben und Liebe empfangen."
Ich hatte das so nicht erwartet. Eher etwas, das mit ihren Berufen zusammenhängt. Aber so: hinsehen und liebevoll handeln, damit es Menschen besser geht! Das ist ja genau meine christliche Grundüberzeugung: Wir Menschen werden von Gott gesehen. In ganz vielen der biblischen Erzählungen rund um Jesus passiert genau das. Er sieht die Menschen und erkennt, was sie brauchen. Und dann schafft Jesus es, eine Verbindung herzustellen. Er geht hin, fragt nach, hört zu, er heilt und holt Menschen wieder in die Gesellschaft zurück. Dabei nimmt er die Leute ernst und entlässt sie nicht aus der eigenen Verantwortung. Manchmal gibt er ihnen sogar noch einen Auftrag mit. Und erst dann geht Jesus weiter und entlässt die Menschen in ihr Leben.
Die vier Personen auf dem Podium tun genau das auf ihre Weise. Sie tragen dazu bei, dass Menschen bestmöglich durch ihr Leben kommen. Die Bestatterin sieht hin und findet heraus, was individuell nötig ist, damit man sich gut von geliebten Menschen verabschieden kann. Der Herrenschneider sieht genau hin und fertigt ein Kleidungsstück, das perfekt zu einem passt und in dem man sich gerne zeigt. Die Psychiaterin sieht hin und unterstützt Patientinnen und Patienten auf ihrem steinigen Weg, weg von Drogen hin in ein selbstbestimmtes Leben. Und der Schlagersänger sieht hin und beschert den Menschen einen musikalischen Partyabend, an dem alles andere im Leben nach hinten rückt. Ich war selbst schon auf Konzerten von ihm. Das ist wirklich eine richtige Party.
Vier Menschen, die hinsehen und was tun, damit es anderen besser geht. Für mich ist das frohe Botschaft ganz konkret. Und diese Botschaft finde ich sensationell! Nochmal aus einer anderen Perspektive formuliert: Du bist von Gott geliebt! Du bist gut und richtig und Du bist es wert, genau angesehen zu werden.
Aber eigentlich beobachte ich was ganz anderes. Ich beobachte, wie gespalten unsere Gesellschaft in Deutschland, und auch international ist. Es fällt mir so schwer zu verstehen, warum Menschen sich Parteien oder Gruppen zuwenden, die andere zwar in den Blick nehmen, aber nur, um sie dann zu bewerten und auszuschließen - vielleicht weil sie sich selbst für wertvoller halten.
Die vier Podiumsgäste haben mich beeindruckt, weil sie genau das nicht tun. Sie sehen hin und unterstützen Menschen völlig wertfrei - und liebevoll.
Ich erlebe das ja selbst so: wenn ich irgendwo hinkomme und werde so gesehen und angenommen, wie ich bin, dann fühle ich mich gleich wohl.
Also meine frohe Botschaft oder mit der Frage vom Anfang gesprochen: Was brauchen wir Menschen? Gesehen werden und spüren, du bist bedingungslos geliebt. Wenn das kein Grund zur Freude ist...
Mit der frohen Botschaft ist ein Anspruch verbunden. Menschen wirklich zu sehen, heißt auch: Zu sehen, was sie brauchen und dann auch etwas zu tun - verantwortlich handeln!
Und jetzt zum Schluss: Was ganz Persönliches, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Das war mein erstes Wort zum Sonntag.
Und wenn ich Sie auch nicht sehe, freue ich mich aber, dass Sie mich gesehen haben und ich Ihnen meine Gedanken zur frohen Botschaft anbieten konnte.
Bis zum nächsten Mal, gute Nacht und einen frohen dritten Adventssonntag!
Mitteldeutscher Rundfunk (MDR)
Redaktion: Susanne Sturm
Katholischer Rundfunkbeauftragter für Das Wort zum Sonntag für den WDR
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