Spurensuche
Hochzeit bei einem Massai
19.01.2019 09:00

 

Die Blamage mit dem Festgetränk

Fatal: Der Wein ist alle!

Seinerzeit hat Jesus eine Hochzeit gerettet, als der Wein alle war: die Gäste hätten nicht bewirtet werden können. Indem Jesus Wasser in Wein verwandelt hat, hat er den guten Ruf des Gastgebers gerettet. Ich habe einmal etwas Ähnliches erlebt..

Wir lebten für ein paar Jahre in Tansania. Agnes brachte uns jeden Morgen einen Liter kuhwarme Milch an‘s Haus. Die tägliche Begegnung hatte uns einander näher gebracht.

Irgendwann bekamen wir eine Einladung zur Hochzeit ihrer Tochter.

Am Tag der Feier hatte ich Jeremia gebeten, uns zu begleiten. Er war Evangelist in unserer Gemeinde. Ein Massai. Er ist ein guter Ratgeber. Er kennt die Sitten seines Volkes. Das ist wichtig, wenn man nicht jedes Fettnäpfchen mitnehmen will.

 

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Die Familie des Bräutigams richtet die Feier aus. Als wir uns dem Anwesen nähern, bittet Jeremia uns anzuhalten. Er wolle zuerst einmal allein gehen und uns anmelden.

Nach zwanzig Minuten etwa kommt er mit dem Bräutigam zurück - ein junger Mann, der sehr bedeutsam ist für seine Altersgruppe. Seinen Titel müsste man mit König oder Fürst übersetzen.

Ich könne nicht zu seiner Feier kommen, meint er. Er hätte mich nicht eingeladen. Die Mutter der Braut hätte das nicht mit ihm abgesprochen.

Ich verstehe nicht und argumentiere typisch deutsch, freundlich, aber unsensibel: Wir wollten doch keine Umstände machen. Wir hätten keine Ansprüche. Wir wollten nur dabei sein, wenn eine Massai-Hochzeit gefeiert wird.

Er überlegt. Nein, das ginge nicht. Er sei nicht vorbereitet.

Dann redet Jeremia mit ihm in ihrer Muttersprache Maa.

Das Ergebnis: Wir sollten warten. Der Bräutigam verschwindet wieder.

Die Zeit vergeht. Ein Radfahrer verlässt die Boma, die in unseren Bezügen wohl Bauernhof heißen würde. Wir schwitzen im Schatten des Geländewagens mitten in der Steppe.

Gefühlt nach Stunden kommt der Radfahrer zurück. Eine Staubfahne folgt ihm.

Später löst sich eine Gestalt aus dem Kreis der Hütten.

Mit zufriedenem Gesicht kommt der Bräutigam auf uns zu. Er bittet uns zu seinem Fest.

 

Konflikt gelöst – lasst uns feiern

Als wir die von Dornengestrüpp umgebene Boma betreten, kommt Agnes uns entgegen. Sie entschuldigt sich. Sie sei eben nicht die Hausherrin. Aber sie freut sich, dass wir da sind.

Extra für uns ist eine Hütte reserviert. Wir sitzen auf kleinen, hölzernen Hockern. Sauermilch wird uns angeboten und Ziegenfleisch. Mit Cola stoßen wir auf das Wohl des Brautpaares an.

Evangelische Christen in Tansania trinken keinen Alkohol. Offiziell. Softdrinks dienen ihnen als Festgetränke. Jeremia erklärt uns, dass der Bräutigam  keine alkoholfreien Getränke gehabt habe und deshalb keinen Pfarrer wie mich bei der Feier hätte haben können, weil der Pfarrer und seine Familie dann kein gutes Vorbild für die anderen Christen hätten sein können. Das spricht sich schnell herum. Sein guter Ruf als Gastgeber wäre verdorben gewesen. Der Radfahrer hat die Cola geholt. Erst dann konnten wir kommen und der Bräutigam war ein vorbildlicher Gastgeber. Ich lerne:

In einem Konflikt müssen alle Beteiligten die Möglichkeit haben, ihre Würde zu bewahren.

An diesem Grundsatz wäre um ein Haar unser Besuch einer Massaihochzeit gescheitert. Mit viel Geduld haben wir einen Weg gefunden, der Gast und Gastgeber gerecht wird.

Ich achte diese Ethik hoch, in der keiner der Beteiligten bloßgestellt wird.

Und wenn da irgendjemand mit Afrika Worte wie unterentwickelt und hilfsbedürftig verbindet, stimmt das vielleicht wirtschaftlich gesehen oder wenn man auf manche Technologien schaut.

Aber was hilft es dir, wenn du die ganze Welt besitzen könntest, aber deine Seele würde dabei  verkümmern? So jedenfalls lautet eine passende Gegenfrage aus der Bibel.