Spurensuche
Am Aschermittwoch ist alles vorbei
04.03.2017 09:00

 

 

Der Kater nach den tollen Tagen

Mein Freund Georg löst sich eine Aspirintablette in seinem Wasserglas auf. Für die nächsten paar Tage hat er genug vom Feiern. Der Kater knurrt kräftig hinter seiner Stirn. Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Obwohl manches länger dauern könnte.

„Manches, von dem, was gestern in der Bütt gesagt wurde,“ meint Georg, „könnte man auch mal ernst nehmen.“

Ich erwarte das nicht. Für mich hat der Karneval eine anarchisches Element. Leider ohne Langzeitwirkung. Das gilt sogar für  eine Veranstaltung mit hochkarätiger politischer Beteiligung, wie  den Starkbieranstich auf dem Nockherberg bei München. Mit scharfer Satire wird da kritisiert und die Politiker sitzen im Publikum. Aber nicht einmal hier wird wirklich etwas verändert.

 

Etwas verändern braucht langen Atem

„Was erwartest Du?“ fragt Georg, „was hat sich denn geändert, als Du zu Silvester geschworen hast, dass Du Dir mehr Zeit für Dich selbst und Deine Familie nimmst?“

Das kann man nicht vergleichen, finde ich. Aber es stimmt: ich merke auch bei mir selbst, dass es schwer fällt, die eingefahrenen Gleise zu verlassen.  Warum ist das so?

Einen Hinweis gibt das bekannte  Gebet: Herr gib mir die Gelassenheit, das hinzunehmen, was ich nicht ändern kann. Gib mir die Kraft, das zu ändern, was ich ändern kann und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Ich frage mich, was mir mehr fehlt für die Veränderung: Kraft oder Weisheit?

Georg unterstellt mir natürlich mangelnde Weisheit. Aber mich trifft das nicht. Ich denke, es mangelt an etwas ganz anderem: nämlich an der Zeit. Ein anderes Leben zu beginnen mit guten Vorsätzen, das muss man wahrscheinlich üben. Ich meine wirklich einüben mit Zeit dafür.

 

Die Ambulanz für ein anderes Leben

Es kann auch sinnvoll sein, den Ort zu wechseln. Aber wohin?

„Was meinst Du, wozu es Klöster gibt.“ fragt mein verkaterter Freund gereizt. „Dort hast Du Ruhe. Keiner stört Dich. Klein Handy klingelt und kein Chef will was von dir!“

Auf meine Antwort „Ich bin aber evangelisch.“ sagt er: „Auch evangelische Klöster gibt es.“

Alles gut und schön. Aber ich muss arbeiten. Ich weiß nicht, ob ich meinen Urlaub für so etwas investieren würde.

„Dann musst Du Dir ‘was ambulantes einfallen lassen – also, wenn Du das wirklich willst.“

Der hat Ideen. Eine Ambulanz für verbesserte Lebensweise. Wie soll das denn aussehen.

„Na, nach den tollen Tagen kam doch in der Kirche immer die Fastenzeit. Das ist doch wohl so etwas: Eine Zeit im Jahr, in der man die eigene Lebenspraxis überprüft. Sieben Wochen ohne Alkohol und ohne Fleisch.“ „Und ohne Süßigkeiten!“ ergänze ich grinsend.

„Ganz schön hart.“ meint Georg. „Aber Du kannst Dir ja auch was anderes vornehmen. Was auf den ersten Blick gar nicht so sehr mit Verzicht zu tun hat. Zum Beispiel sieben Wochen ohne Fernsehen, oder ohne Auto.“

„Das nennst Du keinen Verzicht?“ „Na, ich fahre sowieso mit den öffentlichen, wenn ich kann.“

Aber da gibt es Leute, die auf dem Land wohnen. Da wird das eine echte Prüfung.

„Eine Prüfung ist es ja so oder so. Egal, ob du dir zeigen willst, dass du verzichten kannst, oder ob du wirklich etwas verändern willst.“

„Meine evangelische Kirche bietet da auch eine eigene Aktion. Sieben Wochen ohne. Es geht darum, sieben Wochen lang etwas im Leben ganz anders zu sehen. Sie haben jedes Jahr einen anderen Schwerpunkt.“

„Und was wollen sie in diesem Jahr?“

Wir suchen auf seinem Smartphone nach „Sieben Wochen ohne“ und werden fündig: „Evangelische Fastenaktion: Sieben Wochen ohne sofort.“

„Hä? Ohne was?“ „Ohne ‚sofort‘.“ „Achso, mit mehr Geduld. Zeit nehmen - für was denn?“ „Na für die Familie zum Beispiel, oder Freunde; zum Wandern oder für dein Ehrenamt. Aber genau darüber kannst du jetzt noch sieben Wochen meditieren...“

Und zwar ab sofort.