Das Wort zum Sonntag: "Vertrauen zurückgewinnen"
Pastoralreferentin Verena M. Kitz
25.08.2012 21:40

Wie oft habe ich in den letzten Monaten diesen Satz gehört? „Jetzt muss als erstes das verlorene Vertrauen zurück gewonnen werden!“ Klar, Vertrauen ist in vielen Bereichen verloren gegangen: Beim Dauerbrenner Eurokrise. Oder jetzt rund um das Thema  Organspende.  Auch meine katholische Kirche hat viel Vertrauen verloren. Immer wieder sagen in solchen Situationen die Verantwortlichen, fast beschwörend: Jetzt muss als erstes das verlorene Vertrauen zurück gewonnen werden!

 

Ehrlich gesagt: Je öfter ich diesen Satz höre, desto misstrauischer werde ich. Kann man das machen: Vertrauen zurückgewinnen? So wie ein Sportler das macht, der  einen verlorenen Titel zurückgewinnt? Jetzt gleich im Anschluss gibt es Boxen: Da will der Herausforderer den verlorenen Weltmeister-Titel zurückholen. Wenn er sich richtig ins Zeug legt, kann das klappen.

 

Funktioniert das beim Vertrauen genauso? Kann man sich das auch so zurückholen wie einen Titel im Sport? Natürlich nicht!  Auch wenn es im echten Leben manchmal so zugeht wie im Boxring - Vertrauen kann ich mir gerade nicht erkämpfen. Im öffentlichen Leben nicht, erst recht nicht in persönlichen Beziehungen. Vertrauen muss ich mir schenken lassen. Und es braucht Zeit, es muss wachsen. Wie eine Pflanze:  Die wächst ja auch nicht schneller, wenn ich daran ziehe, im Gegenteil.

 

Wenn ich auf diesem zarten Pflänzchen auch noch herumgetrampelt habe, also Vertrauen verletzt oder gar verspielt habe: Dann kann ich erst recht kein Vertrauen verlangen, noch dazu auf die Schnelle. Wenn ich wirklich Vertrauen zurückgewinnen will, dann muss ich zeigen: Mir ist es ernst. Ich bereue ehrlich, was ich falsch gemacht habe und bitte um Vergebung.  Ich will es wirklich besser machen und hoffe auf eine neue Chance.

 

Das kostet Überwindung. Und ob ich das Vertrauen wirklich zurückgewinne, das habe ich nicht in der Hand. Wie viele erleben schmerzlich, dass sie zurückgewiesen werden. Aber wenn ich es wirklich ernst meine, dann muss ich das riskieren.

 

Gott sei Dank kann es auch glücken! Eine Freundin hatte mir nach einem schweren Streit regelrecht die Freundschaft gekündigt. Ich war schuld daran, und ich war total  traurig.  Und ich habe sehr deutlich gemerkt: Ich kann mir ihr Vertrauen nicht einfach zurückholen. Ich kann sie nur bitten, es mir neu zu schenken.

 

Sie hat es getan, nach einer Zeit. Und unsere Freundschaft ist neu und irgendwie reifer geworden. Das habe ich nicht gemacht, und sie auch nicht allein. Es war tatsächlich, auch wenn das etwas abgedroschen klingt, wie ein Geschenk für uns.

Deswegen hat für mich diese Erfahrung auch etwas mit Gott zu tun. Denn ich glaube, nur Gott kann aus dem, was wie tot war, etwas Neues, Lebendiges schaffen, und: Gott vertraut uns viel tiefer als wir selber.

 

Verlorenes Vertrauen muss zurück gewonnen werden?  Wenn irgend möglich: Ja! Im persönlichen und auch im öffentlichen Leben. Machen lässt sich das nicht. Aber wenn ich ehrlich darum bitte und mein Verhalten erkennbar ändere, dann kann mit Gottes Hilfe Vertrauen neu entstehen.

 

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