Das Wort zum Sonntag: "Trotzdem lachen"
Pfarrer i.R. Alfred Buß
19.01.2013 22:40

Trotzdem lachen

 

„Du sprichst ja nun das Wort zum Sonntag“, sagte dieser Tage ein Bekannter zu mir. „Ich guck mir das mal an“ und dann: „Viel Spaß dabei.“ Viel Spaß dabei – trifft’s das?

 

Über sieben Millionen Menschen hatten dieser Tage Spaß am Dschungelcamp bei RTL. Mehr als die Hälfte davon waren Mädchen und junge Frauen. Die Jüngsten unglaubliche drei Jahre alt. Ekelprüfungen, Zickenkriege, Heulkrämpfe und Lästerattacken faszinierten sie. Die Quote stimmt. Mitlästern ist angesagt. Was ist das? Spaß auf Kosten anderer?

 

Humor ist das jedenfalls nicht. Humor kennt keine Schadenfreude, Humor erniedrigt nicht andere Menschen, ist auch das Gegenteil von Häme. Wer Humor hat, kann über sich selber lachen. Lachen ist gesund.

 

Zum Beispiel Beate. Ihr bisheriges Leben war in die Sackgasse geraten. Sie musste völlig neu anfangen. Keinen Job mehr, kein Geld, schlechte Perspektive. Hatte eine Wohnung, aber die war leer. Wenn’s Geld fehlt, ist jede Anschaffung zu teuer. Unsere - noch ganz aparte -Schrankwand kam ihr gerade recht.

 

Ich hatte just das letzte Stück Möbel auf der Schulter durch die Luke ihrer Dachwohnung gehievt. Als ich es an die Wand schob, brachen die Seitenteile plötzlich weg und der ganze Schrank fiel krachend ineinander. Riesiger Schrecken bei mir. War mir das peinlich! Beate stutzte einen Moment - und fing dann an zu lachen. Lachte aus vollem Herzen. Obwohl sie dieses Möbelstück wirklich dringend brauchte.

 

Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

 

Das Komische hat immer mit Widersprüchlichem zu tun: wir lachen über eine Fünfjährige, die in den Schuhen ihrer Mutter daherstakst, über eine Maus, die dem Elefanten Paroli bietet, oder über einen Präsidenten, dem beim Staatsempfang der Hut vom Kopf fliegt.

 

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Beate lachte den Widrigkeiten ins Gesicht. Humor schenkt die Kraft, sich nicht unterkriegen zu lassen von den harten Fakten des Lebens, selbst nicht vom Leid. Was so bedrohlich daherkommt, ist dann nicht mehr unüberwindbar – und erst recht nicht allmächtig. Humor schenkt erlösendes Lachen.

 

Als Kinder haben wir manchmal den Kopf durch die Beine gesteckt und die Welt andersherum angeschaut. Alles sah neu dann aus: der Himmel näher, der Horizont weiter, die Farben leuchtender. Sah aus wie eine schöne Gegenwelt.

 

Eine Gegenwelt, in der alle etwas zu lachen haben. Häme und Schadenfreude haben dort keinen Platz. Aus Gottes Gegenwelt lebte Jesus. Davon erzählte er: Vom neuen Himmel und der neuen Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Und Gott alle Tränen abwischt. Dafür betete er: „Dein Reich komme.“ Und wusste die Kinder dem Himmel ganz nah.

 

Der Humor macht es wie die Kinder: Schaut die Welt andersherum an. Und sieht eine Gegenwelt. So hilft der Humor, den Widrigkeiten des Lebens standzuhalten. Darin ist er dem Glauben ganz nah.

 

Wo Glaube ist, da ist auch Lachen, sagte Martin Luther. Und wenn Gott keinen Humor hätte, so wollte Luther nicht im Himmel sein.

 

Sendeort und Mitwirkende

Redaktion: Martin Blachmann (WDR)