„Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht.“ Das rief der Moderator der Quizshow „1, 2 oder 3“, die ich als Kind gerne geschaut habe. Da wurde eine Frage gestellt und die Kids mussten sich für eine der drei Antworten entscheiden und dies durch den Sprung auf ein Feld anzeigen. Als Kind fand ich das spannend und unterhaltsam.
Doch, wie trifft man eigentlich Entscheidungen, wenn man die Antwort nicht kennt und auch nicht erraten kann? Und was, wenn die Antwort auf eine Frage nicht so eindeutig ist wie damals in der Kindershow – weil es nicht um Wissens- sondern um Lebensfragen geht? Und vor allem: Was, wenn mehr davon abhängt, wenn es eben nicht um ein Spiel, sondern das echte Leben geht? Wie geht „Entscheiden“?
Wie geht das, Dinge im Herzen und im Kopf bewegen? Zu erwägen?
Jesus hat da eine recht kluge Methode, finde ich. Er nimmt erstmal Tempo raus. Er entschleunigt sein Leben und nimmt sich Zeit für wichtige Entscheidungen. In der Bibel wird häufig erzählt, dass Jesus sich zurückzog, allein auf einen Berg ging, um zu beten und nachzudenken. Das war so, als es um die Erwählung der zwölf Apostel ging, oder als er hörte, dass er ausgeliefert werden würde. Selbst wenn es um Leben und Tod geht, gerät Jesus nicht in Panik, verfällt nicht in blinden Aktionismus, sondern nimmt sich erst einmal Zeit zum Nachdenken.
Eine Szene berührt mich besonders: Kurz vor der Verleumdung Jesu, da heißt es, dass ihn ‚Traurigkeit und Angst“ ergriffen und er sagte zu seinen Jüngern: „Setzt euch hier hin, während ich dorthin gehe und bete! […] Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir!“ Er bittet seine Freunde, bei ihm zu bleiben, er bittet sie, diese Situation nicht alleine aushalten, nicht alleine durchstehen zu müssen.
Das ist eine wunderbare Bitte: ‚Lasst mich nicht alleine, auch wenn ihr das Problem nicht für mich lösen könnt, auch wenn es nichts gibt, was ihr konkret tun könnt – auch, wenn ihr mir meine Entscheidungen nicht abnehmen könnt.‘
Für mich persönlich ist das das Göttliche: Immer da zu sein. Gott kann mir meine Entscheidungen nicht abnehmen, die Fallstricke nicht wegzaubern und auch meine Probleme nicht lösen, mir meinen Schmerz nicht nehmen. Aber Gott ist da, hält mit mir aus, geht nicht weg, sondern bleibt da und wacht mit mir. Für mich ist Gott empathisch, Gott fühlt mit mir. Gott ist ein Gott der da ist und gerade nicht, wie es den Jüngern in der Geschichte passiert ist, einschläft. Gott bleibt mit mir wach in meinen wachen Nächten. Das klingt nicht gerade „allmächtig“, meinen Sie? Vielleicht. Vielleicht ist Empathie aber auch wichtiger als Allmacht.
Mitteldeutscher Rundfunk (MDR)
Redaktion: Susanne Sturm
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