Sternfolgegründe

Alter Dom Mainz

Sternfolgegründe
Live-Übertragung aus dem Alten Dom St. Johannis, Mainz
25.12.2022 - 10:05
01.08.2022
Pfarrer Matthias Braun und Alina Werum
Über die Sendung:

Evangelischer Rundfunkgottesdienst am 25. Dezember 2022 (1. Weihnachtstag) aus dem Protestantischen Alten Dom in Mainz im Deutschlandfunk und auf SWR 4, 10.05 bis 11 Uhr

Die drei Weisen aus dem Morgenland sind die ersten gewesen. Ihrem Vorbild folgen seither unzählige Menschen und lassen sich anziehen vom Stern über Bethlehem. Was suchen sie dort, im Stall und in der Krippe? Welche Hoffnungen verbinden sie mit dem neugeborenen Kind, mit „Gottes Sohn“?
In diesem Gottesdienst erzählen Jugendliche, wie sie sich auf den Weg gemacht haben, dem Stern zu folgen. Die Theologiestudentin Alina Werum führt durch die Liturgie und Stadtjugendpfarrer Matthias Braun hält die Predigt.
Musikalisch wird der Gottesdienst geleitet von Kantorin Carolin Kaiser, die auch an der Orgel spielt. Als Solisten werden zu hören sein: Marcel Schilling, Trompete, und Anna-Lina Borries, Cello.

Gottesdienst nachhören:
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Predigt zum Nachlesen:
Drei heilige Könige folgen einem Stern. Sternfolge-Grund war für sie, dass sie so einen Stern mit so einer riesigen Leuchtkraft noch nie gesehen hatten. Sie wussten: Da ist etwas Göttliches passiert. Die Namen, die tatsächliche Anzahl und das Aussehen dieser drei Könige hat der Wind der Geschichte verweht. Aber ihre Spuren sind noch da. Und in denen gehen Anna-Lina, Lisa und Nina.

Sie sind unterwegs mit dem Stern. Sie sind unterwegs zu diesem Stern. Wir heute wissen: Die Könige damals haben den Stern gefunden. Was genau sie gefunden haben, das haben wir eben in der Weihnachtsgeschichte gehört: Jesus, Gottes Sohn. Über dem der Stern hell geleuchtet hat. Seit damals beginnt die Nachfolge hier: an der Krippe unter dem Stern. Die heutigen Sternfolger sind vom Stern aus gestartet, um den Stern immer wieder neu zu finden. Und sie schlagen dabei ganz unterschiedliche Wege ein. Anna-Lina auf dem Weg der Musik. Lisa auf dem Weg der Hoffnung. Nina geht auf dem Weg der Nächstenliebe. Was können wir ihnen mitgeben auf ihren Weg?

Der Apostel Paulus ist auch ein Sternfolger gewesen. In seinem Brief an die Kolosser hat er in höchster Sprachform seinen Rat für diesen Weg auf den Punkt gebracht. Er schreibt: In ihm liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. 6 Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so lebt auch in ihm, 7 verwurzelt und gegründet in ihm und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und voller Dankbarkeit. 8 Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie und leeren Trug, die der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt folgen und nicht Christus. 9 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, 10 und ihr seid erfüllt durch ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist. /

Für Paulus ist klar: In Jesus, dem Kind in der Krippe, finden Menschen alles, was es braucht, um das Leben zu meistern. Denn dort ist alles schon angelegt, was später kommen wird. Das ganze Menschenleben: von Anfang bis Ende und sogar über den Tod hinaus. Das alles trägt dieses Kind schon in sich. Und Paulus rät: Wer sich entscheidet diesem Kind zu folgen, der soll auch dabei bleiben. Sich nicht ablenken lassen von anderen Weltanschauungen, Weltdeutungsangeboten und Augenwischereien. Denn die gründen sich auf Überlieferungen von Menschen und folgen den Regeln der Welt. Bei Jesus Christus ist es nicht so. Denn in Jesus wohnt Gott selbst leibhaftig.

Ich verstehe das so: Um dem Stern zu folgen, gibt Paulus vor allem einen Rat. Und der heißt: Bleibt dran! Lasst Euch nicht ablenken. Dass das nicht einfach ist, haben wir eben gehört. Zweifel verunsichern. Dass nicht alles erklärt werden kann, macht die Gedanken schwer. Hoffnung hilft, an der Welt nicht zu verzweifeln. Also bleibt dran! Obwohl es nicht einfach ist.

Und das ist das Gute am Christentum des 21. Jahrhunderts: Es nimmt ernst, dass es nicht einfach ist, dem Stern zu folgen. Drei junge Frauen erzählen davon, wie komplex sie das Leben erleben. Und das hat Platz in der Kirche! Es sind keine triumphalen Feel-Good-Geschichten, die sie erzählen. Es sind Geschichten, die Sternenlicht brauchen. Und in den Momenten, in denen es leuchtet, wird es besser - hat es sich gelohnt, dranzubleiben.

 

Es ist doch so: Der Stern hat eine ganz unperfekte Familie in einer ganz unperfekten Unterkunft beleuchtet. Nach den Regeln der Welt würde das Scheinwerferlicht doch eher auf Starfamilien fallen. Gott aber setzt ein Kind in Szene, das im Stall geboren ist, dessen Herkunft unklar ist und das später an den Maßstäben der Welt zerschellen wird. Und das Sternenlicht macht, dass es trotzdem leuchtet. Und plötzlich weiß man: Gott ist beim Unperfekten. Und sein Sternenlicht macht, dass es perfekt wird.

Und das gilt dann auch für die Sternfolger. So unperfekt, so liebesbedürftig, so schönheitssuchend, so weltverzweifelnd wir auch sein mögen: Gott setzt uns mit seinem Licht in Szene. Er findet uns perfekt so. Und deshalb fühlen wir uns auch besser, wenn uns das Sternenlicht streift. Weil wir wissen: So wie wir sind, sind wir schon ganz nah dran an dem, was Gott „sehr gut“ findet. Und dann – auch wenn es dunkel bleibt – wird’s hell. Weihnachten und die Feiertage sind die Zeit, um sich daran zu erinnern. Der Stern über dem Stall glitzert historisch gesehen schon seit über 2000 Jahren nicht mehr. Aber den Horizont unseres Gottvertrauens bescheint er immer noch. Und deshalb haben sich die Sterndeuter aus dem Orient eben nicht historisch einmalig aufgemacht; the End! Nein: Anna-Lina, Lisa und Nina haben sich heute aufgemacht. Sie vertrauen mutig diesem Licht. Und sie vertrauen hoffnungsvoll diesem Kind und dem Weg, den es zeigt. Sie hoffen, dass sie unter dem Stern etwas finden, dass die Welt gut macht. Sie gehen in den Fußstapfen dreier Könige. Und hinterlassen ihre Fußstapfen für die, die nach ihnen noch sternfolgen wollen.

Ihre Fußstapfen liegen auf den Wegen Musik, Hoffnung und Nächstenliebe. Und mit jedem Schritt strahlt der Stern heller. Es sind gute Spuren.

Amen

 

Es gilt das gesprochene Wort.

01.08.2022
Pfarrer Matthias Braun und Alina Werum