Die Krone der Schöpfung

Die Krone der Schöpfung

Foto: Gemeinfrei via Pixabay / Beate Bachmann

Die Krone der Schöpfung
Menschengemacht
23.09.2023 - 10:00
18.09.2023
Pfarrer Gerhard Richter

Ein ganzes Erdzeitalter wird nach den Spuren benannt, die der Mensch auf der Erde hinterlässt. Ich lebe mitten drin. Die Natur zwingt mich, mich mit den Folgen menschlicher Zivilisation auseinanderzusetzen.

 

Menschengemacht

„Anthropozän“ wird das geologische Zeitalter wissenschaftlich genannt, in dem ich gelebt haben werde, lese ich. Mit hochgelegten Beinen habe ich es mir auf der Gartenliege unter dem Sonnenschirm an meinem Lieblingsrückzugsort gemütlich gemacht.

Eine kleine Idylle mitten im Wald. Ohne Strom- und Wasseranschluss zwar, aber umgeben von Fichten, Buchen, Eichen und Kiefern. In 15 Minuten könnte ich zu Fuß den Stausee erreichen, um zu baden. Aber ich lausche lieber den Rufen des Bussardpärchens, das sein Revier überwacht. Der Buntspecht schreckt mit seinem Klopfen die Insekten unter der Borke eines nahen Baumes auf. Es ist der ideale Ort zum Ausspannen, weit weg von den Sorgen des Alltags.

Anthropozän heißt dieses Erdzeitalter, weil die Spuren des Menschen in diese Erdschicht gepresst sein werden. Die Überreste unserer Städte wird man finden: Beton, Stahl, Glas und Ziegel. Fruchtbare Bodenschichten werden konserviert sein, reich an Nitraten und mit Mais-, Weizen- und Sojapollen als Zeugen der Monokulturen unserer Zeit. Mikrofeine Plastikpartikel werden nachweisbar sein und ein vergleichsweise hoher Kohlendioxidgehalt in der geologischen Formation.

 

Ignorieren geht nicht mehr

Während ich lese, höre ich ein leises Ticken auf dem Sonnenschirm. Regentropfen? Aber der Himmel ist klar. Ein Windstoß kommt. Aus dem Ticken wird ein Rieseln. Es klingt wie ein heftiger Regenschauer. Die riesige Fichte über mir wirft ihre Nadeln ab. Aufmerksam geworden schaue ich auf den Waldboden. Ein dichter Teppich aus Fichtennadeln bedeckt die Erde. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber ein großer Teil der Nadeln ist grün statt braun. Der Baum über mir stirbt. Allein auf unserem Grundstück finde ich 10 tote Fichten.

 

Plötzlich habe ich das Waldsterben vor der Haustür. Es wagt, mein Privatleben zu stören. Die braunen Flecken abgestorbener Bäume im grünen Wald, die haushohen Holzstapel am Wegesrand und auch die überladenen Holztransporter auf der Straße habe ich schon oft gesehen. Aber jetzt greift diese Katastrophe meine heile Welt an. Ich kann nicht mehr ignorieren, dass sich das Klima verändert.

Wir haben den Planeten für unseren Wohlstand optimiert, aber wir haben es versäumt, in die Regeneration unserer Lebensbasis zu investieren.

 

Aufwachen und handeln!

Die Katastrophenmeldungen der letzten Monate wirken erdrückend. Der Planet hat Fieber. Doch Wadenwickel werden ihm nicht helfen. Die Erde braucht eine Trendwende im Anthropozän. Energiewende, klimafreundliche Mobilität und CO2-arme Industrieproduktion wollen diese Wende einleiten. Dabei geht es nicht um den Erhalt unseres Wohlstands, sondern um den Fortbestand des menschlichen Lebens auf der Erde. Diese Erkenntnis überfordert nicht nur mich.

Zwei Verse aus dem Hebräerbrief der Bibel klingen ermutigend: Werft jetzt aber eure Zuversicht nicht weg! Es wird sich erfüllen, worauf ihr hofft. Aber ihr müsst standhaft bleiben und tun, was Gott von euch erwartet. Er wird euch alles geben, was er zugesagt hat. (Hebr 10,35.36)

Leben hat er versprochen. Saat und Ernte sollen nicht aufhören bis an das Ende der Welt. Aber die Voraussetzungen dafür ändern sich. Weltweit. Die Wälder werden sich dem wärmeren Klima anpassen. Die Landwirtschaft muss lernen, damit umzugehen. Unsere Städte und unser Verkehr benötigen andere Konzepte. Unser Platz im Organismus der Erde wird neu definiert.

Zu Ostern habe ich eine Weißtanne geschenkt bekommen. Ich habe sie neben die großen Fichten gepflanzt. Die Fichten sind jetzt tot. Wie sich die Weißtanne entwickelt, wird erst mein Enkel beurteilen können. Aber im Frühjahr könnte ich noch ein paar Bäume pflanzen.

18.09.2023
Pfarrer Gerhard Richter