Predigt zum Nachlesen:
I
Kanzelgruß
Gnade sei mit euch und Friede von Gott,
unserem Vater, und von dem Herrn Jesus
Christus. Amen.
Herr, gib uns ein Herz für
dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.
Freiheit ist so ein kostbares Gut!
Auf der einen Seite verbinden wir mit dem Gefühl der Freiheit Momente der Leichtigkeit im Leben. Ein Aufatmen, die Freude, wenn etwas gelingt, und auch, wenn eine Pflicht erledigt ist und die Anspannung abfällt. Ein Sonnenuntergang, die Weite des Meeres oder auch nur eine ausgefallene Mathestunde.
Gleichzeitig lässt der Begriff Freiheit mich aber auch an Zeiten und an Menschen denken, denen dieses Freisein fehlt. Wo das Leben bedroht ist und wo Menschen sich nicht frei bewegen können, wird es eng um uns.
Enge und Angst sind wohl das Gegenteil von Weite und Freiheit.
Die Freiheit von Menschen kann von außen eingeschränkt werden durch Krieg und Gewalt, aber auch durch Krankheit oder finanzielle Not.
Wir können aber auch äußerlich ganz frei sein, und sind doch in unserem Innern unfrei, weil Sorgen, Unruhe, Angst oder ein schlechtes Gewissen uns das Leben schwer machen.
Freiheit.
Die Sehnsucht nach ihr ist unendlich groß.
Sie fühlt sich so gut an.
Nach Leben, Leichtigkeit, Frieden.
Aber sie ist schwer festzuhalten.
Man kann sie nicht ´besitzen`.
Und sie hat so viele schöne Facetten.
Auch das macht sie so wertvoll.
Nun sagt Paulus im Galaterbrief:
Der Glaube an Jesus Christus macht Menschen frei!
Auch wenn sie äußerlich gar nicht frei sind, weil es an Geld fehlt oder an der Gesundheit oder auch an politischer Freiheit, kann Jesus Christus Menschen trotzdem im Innern frei machen.
Das kann gelingen, weil der Glaube an Jesus Christus uns Menschen einen freien Zugang zu Gott eröffnet.
Ich kann im Krankenhaus liegen oder einfach im Stau stehen, von meinem Arbeitsalltag schlichtweg müde und geschafft sein, mit einem für mich wichtigen Menschen im Streit liegen oder auf andere Weise gefangen sein.
Bei meinem Gott habe ich trotzdem eine offene Tür.
Das ist eine erste wichtige Botschaft:
Was in deinem Leben auch ist – Gott, unser Vater, steht zu dir. Er ist auf deiner Seite. Er ist dir wohlgesonnen. Er hört dir zu. Auch wenn du mit deinen Gedanken gerade ganz woanders bist, ist Er trotzdem da. Er nimmt dir dein Leben nicht krumm, auch das, was gerade krumm ist.
Diesen freien Zugang zu Gott hat Christus eröffnet. Das hat er für dich gemacht. Und für alle Menschen.
Vieles kann dir in deinem Leben im Weg stehen, aber zwischen dir und deinem Gott soll nichts stehen. Was auch immer zwischen euch steht, das hat Jesus ausgeräumt. Das hat er getan, als er für alle Menschen gestorben ist. Und das tut er jeden Tag wieder neu. Das nennt die Bibel „Sündenvergebung“: Der Zugang zu Gott ist frei.
Jesus ist wie ein Reisepass, den du bei der Einreise in ein fremdes Land brauchst und um wieder nach Hause zu kommen. Du musst bei der Kontrolle nicht besonders gut aussehen oder erfolgreich sein. Du brauchst einfach deinen Pass. Dann hast du freien Zugang. So soll es bei Gott auch sein: Du sollst freien Zugang haben. Das ist die erste Botschaft in diesem Gottesdienst: Mit Christus haben wir freien Zugang zu Gott. Gott ist bei uns und für uns. Er ist auf unserer Seite.
II
Frei sein und frei bleiben.
Viele Gedanken, die wir mit dem Begriff „Freiheit“ verbinden, halten nicht lange an: ein Sonnenuntergang ist nach einer kurzen Weile vorüber. Und auch die Freude über die Freiheit, nach der Coronazeit endlich wieder ohne Maske einkaufen zu können, ist bald schon wieder verblasst.
Andere Freiheitsgedanken bewegen über lange Zeit – ich bin einfach dankbar dafür, dass wir hier in Frieden und Freiheit leben dürfen. Aber auch da gilt ja: Freiheit ist nicht selbstverständlich. Sie will gestaltet und gelebt werden. Und sie muss auch verteidigt werden.
Auch die Freiheit des Glaubens, einen freien zu Gott zu haben, ist nichts, was wir einmal bekommen und dann wie selbstverständlich für immer besitzen.
Auch das Freisein bei Gott wird immer wieder in Frage gestellt, denn das Leben stellt Gott und sein Wohlwollen in Frage. Schicksalsschläge, die wir zu verdauen haben, und Sorgen um die Zukunft, die uns zusetzen, fordern unseren Glauben immer wieder heraus. Auch die großen Themen in der Gesellschaft wie der Klimawandel wecken Zweifel in uns:
´Gott, wenn es dich gibt, warum ist das Leben oft so ungerecht? Mein Leben und das Leben aller Menschen?`
Das Leben stellt Gott und seine Liebe und Güte in Frage. Davon bin ich auch nicht frei: Auch ich stelle ihn in Frage.
Ich will doch glauben und festhalten, dass Gott gütig mit uns ist! Dass er das Gute will und unser Leben befördern. Dass er vergibt und dass er uns beschützt.
Was gibt uns denn aber die Gewissheit, dass Gott gnädig und gütig ist?
Diese Frage hat die Reformation um Martin Luther, an die wir heute erinnern, immer und immer wieder umgetrieben: Dass Gott gnädig mit uns ist, gut mit uns ist. Und das beständig – jeden Tag wieder neu. So, dass wir Menschen nicht nur für den Moment, sondern für ein ganzes Leben darauf vertrauen können.
Das erst macht Menschen wirklich frei, wenn sie verlässlich jeden Tag vertrauen können.
So wie Kinder sich auf die Liebe ihrer Eltern ein ganzes Leben lang verlassen können sollen. Auch wenn sie schon längst auf eigenen Beinen stehen und von zu Hause ausgezogen sind, immer noch das gute Gefühl haben sollen:
´Die Tür zuhause bleibt immer offen. Das hört nicht auf.`
Da wird Freiheit richtig wertvoll: Wenn sie beständig ist.
Im biblischen Wort aus dem Galaterbrief des Paulus leuchtet diese Beständigkeit an einer Stelle auf, wo es heißt:
„Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ Steht fest, haltet die Freiheit des Glaubens fest. Bleibt darin!, höre ich damit heraus; und ich möchte erstmal antworten: ´Gut gesagt, Paulus! Aber das ist gar nicht so einfach, fest stehen zu bleiben in meinem Gottvertrauen, wenn mir das Leben so zusetzt und mir Zweifel kommen. Kann man das denn verordnen?
Festhalten, dass Gott auf meiner Seite steht und ich freien Zugang zu ihm habe, wenn mir gleichzeitig das Leben schwer gemacht wird? Wie kann ich mir seiner Zuneigung so sicher sein, wenn die Wirklichkeit im Leben eine andere Sprache spricht?`
Ein Weg, unseren Glauben und das Gottvertrauen zu stärken, ist in der Kirche, dass wir gemeinsam unseren Glauben bekennen. Wir sprechen zusammen das Glaubensbekenntnis und der eine stützt dabei den anderen im Glauben. Und wo die eine nicht so vollmundig einstimmen kann, tragen andere den Glauben für sie mit. Wir sind eine große Glaubensgemeinschaft. So wird mein und dein Glaube auch in Leidenszeiten stützt.
Lasst uns darum nun unseren Glauben bekennen und uns dabei gegenseitig im Glauben stützen.
III
Meine Freiheit hat immer auch Grenzen. Dann etwa, wenn mein eigener Freiheitsdrang im Konflikt steht mit dem Schutz und der Freiheit der anderen. In der Coronazeit mussten wir alle das mühsam lernen. Maske tragen und Abstand halten und viele weitere Maßnahmen, das hat unsere Freiheit eingeschränkt und sehr bald schon auch zu Unfrieden geführt. Aber wir können nicht unsere Freiheit auf Kosten anderer leben. Wir bekommen das tagtäglich im Straßenverkehr vor Augen geführt und es gibt noch viele weitere Lebensbereiche, wo mein Lebensstil das Leben anderer Menschen oder auch der Natur und Umwelt einschränkt. Die Freiheit hat immer auch Grenzen.
Aber keine Grenze beengt die Freiheit des Lebens so wie der Tod. Freiheit, das bedeutet doch Bewegung, Vitalität, Lebensfreude, Veränderung, Neues, Überraschung, Selbstbestimmung. Der Tod steht dem aber so endgültig entgegen. Auch wenn es gar nicht unser eigener Tod ist und wir weiterleben dürfen, aber eben doch einen lieben Menschen verloren haben und betrauern, spüren wir, wie der Tod das Leben und die Freiheit nimmt. Freiheit bedeutet doch auch, dass wir miteinander kommunizieren können. Freier Zugang zum Internet und zu sozialen Medien, damit wir uns gegenseitig erzählen können, wie es uns geht, uns mitteilen können. Aber im Tod ist uns das verwehrt.
Der November steht nun vor der Tür. Ein Monat, in dem viele Menschen auf den Friedhöfen die Gräber ihrer Familie pflegen und winterfest machen. Dazu erinnern wir am Volkstrauertag und auch am Ewigkeitssonntag der Verstorbenen. Für viele ist das eine sehr wichtige Zeit und auch der Glaube wird da wieder neu gefordert.
Aber die Botschaft der Bibel bleibt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit!“
Gerade auf dem Friedhof und in der Trauer gilt dieses Wort! Jesus Christus spricht: „Ich lebe; und ihr sollt auch leben.“ Er sagt dieses Wort zu seinen Jüngern in seinen Abschiedsreden. Bald danach wird er von seinen engsten Freunden getrennt werden. Man wird ihn gefangen nehmen und er wird zum Tod verurteilt werden. Er wird alle Freiheit verlieren. Er wird am Kreuz sterben. Er wird das genaue Gegenteil von Freiheit erleben.
Aber die Botschaft ist eine total andere: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ Jesus nimmt mit seinem Wort schon voraus, was an Ostern geschehen wird: Er selbst wird nicht im Tod bleiben. Er wird leben. Und das behält er nicht für sich. Genauso wie er seinen freien Zugang zu Gott allen Menschen möglich macht, so gibt er das Leben auch weiter: Jesus Christus lebt für alle Zeit – ewig – und das sollen seine Jünger auch erleben. Und alle, die an Jesus glauben, sind darin eingeschlossen.
Hier wird die Freiheit des Glaubens grenzenlos. Jesus ermöglicht dir und mir und jedem Menschen einen freien Zugang zu Gott. Und dieser Zugang wird auch durch den Tod nicht beendet. Jesus räumt alles aus, was zwischen dir und Gott steht. Da gehört auch der Tod zu.
Und für die Lebenden hat die Botschaft einen ganz festen Trost: Meine Lieben sind ganz bei Gott und dort werde ich sie wiedersehen. Ihn werde ich sehen und sie werde ich auch sehen.
Amen
Es gilt das gesprochene Wort.