Das Wort zum Sonntag: "langer Weg - tiefe Erkenntnis"
Pfarrer Michael Broch
07.01.2012 21:25

Sie stehen für eine Reise ins Ungewisse. Für Menschen, die Sehnsucht haben nach dem Sinn ihres Lebens. Für Menschen, die unterwegs sind und wissen wollen, ob die Verheißungen von Frieden und Gerechtigkeit sich erfüllen oder nicht: die "Heiligen Drei Könige". Gestern war ihr Fest. Ihre kleinen Nachfolger, die Sternsinger, ziehen in diesen Tagen von Haus zu Haus.

In der Bibel steht allerdings nichts davon, dass die Fremden, die von weit her zu Jesus kamen, Könige waren. Wir erfahren auch nichts über ihre Anzahl und ihre Namen. Da weiß die Legende mehr. Und nach der Tradition symbolisieren die "Heiligen Drei Könige" die Völker auf ihrer Suche nach Gott.

Der Evangelist Matthäus erzählt von "Magiern" aus dem Osten, die einen außergewöhnlichen Stern beobachtet und ihn gedeutet haben als Zeichen für die Geburt eines Königs. (Matthäus 2,1-12) "Magier" waren sternkundige Priester, Astrologen aus Babylon im heutigen Irak. Für die Menschen in der Antike galten Sterne als Zeichen für göttliche Führung. Viele erwarteten damals einen idealen Weltherrscher und Friedensstifter, dessen Ankunft sich in den Sternen zeigte.

Die Sterndeuter nahmen einen langen Weg und große Strapazen auf sich. Sie scheuten keine Mühe, um ihr Ziel zu erreichen. Die politischen und religiösen Führer Israels hingegen bewegten sich nicht. Sie blieben zuhause und verschanzten sich hinter Machtansprüchen und überlieferten Traditionen. So zeichnet Matthäus in den Sterndeutern aus dem Osten ein Gegenbild zur religiösen und politischen Elite seines Volkes.

Die Sterndeuter suchten nach göttlichen Zeichen. Und sie nahmen die Hinweise der Propheten ernst. Danach sollte der "Fürst und Hirte Israels" aus Bethlehem kommen. Ihr langer und beschwerlicher Weg hat sich gelohnt. Sie fanden Jesus und erkannten in dem kleinen Kind armer Leute den König der Welt. – Das war damals.

Für mich bedeutet das heute: dass Politiker nicht zu sehr die Macht und das Machbare im Blick haben, sondern die Menschen. Und auf sie und ihre Anliegen zugehen. Und wenn sie sich um den "Wirtschaftsstandort Deutschland" kümmern, dass sie dabei den "Menschlichkeitsstandort Deutschland" nicht übersehen. (Paul M. Zulehner)

Für mich persönlich heißt das: Wenn ich etwas von Gottes Wirken erkennen möchte, dann dadurch, dass ich aufgeschlossen bleibe für das Ungewöhnliche im Leben, offen für einen "besonders leuchtenden Stern".

Dieser Stern ist für mich: Jesus und der von ihm entdeckte neue Stil, wie Gott mit mir umgeht und wie ich mit Gott umgehen darf. Und dieser neue Umgangsstil heißt: Vertrauen und Liebe.

Wenn ich Jesus in den Evangelien nachspüre, dann bin ich fasziniert von einem Mann mit einer unvergleichlichen Ausstrahlung. Fasziniert von einer Botschaft, die menschlich ist, die Ängste nimmt und die aufatmen lässt. Eine Botschaft, die sagt, dass Gott uns gut will, dass er uns liebt – ohne Vorbedingungen. Und das trotz aller Brüche im Leben. Trotz allem, was ich nicht begreife und was ohne Antwort bleibt.

Aber dass ich mich immer wieder auf den Weg machen muss. Wie die "Heiligen Drei Könige" …
 

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