"Gottes Wort tut gut!"

Christuskirche Hamburg Altona

"Gottes Wort tut gut!"
Gottesdienst-Live-Übertragung aus der baptistischen Christuskirche in Hamburg-Altona
20.02.2022 - 10:05
26.11.2021
Carsten Hokema
Über die Sendung:

Pastor Carsten Hokema predigt über Gottes lebendiges Wort, das schärfer ist als das schärfste Schwert. Gemeindemitglieder erzählen von Worten, die Bedeutung haben in ihrem eigenen Leben.

 

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Predigt zum Nachlesen

I

 

Gottes Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg. Amen
Liebe Gemeinde, liebe Hörerinnen und Hörer!

Der Aufkleber aus den 80iger Jahren ist noch immer auf meinem Gitarrenkoffer. Darauf ein Schmied, der ein Schwert umformt in einen Pflug. Und die Aufschrift: Schwerter zu Pflugscharen!

Symbol und Text wurden bekannt durch die staatunabhängige Friedensbewegung in der damaligen DDR. Auch ich im Westen war dieses Motto bei Friedensbewegten stark verbreitet.

„Schwerter zu Pflugscharen“ – das ist ein Bibelzitat.

Im 8. Jahrhundert vor Christus formulierte der Prophet Micha eine wunderbare Vision für die Zukunft:
‚Alle Völker werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden nicht mehr lernen, Krieg zu führen.‘
Dass Schwerter zu etwas Gutem taugen, wenn man sie zu Pflugscharen umfunktioniert, dieser Gedanke klebt bis heute so fest in meinen Überzeugungen wie der Aufkleber auf meinem Koffer.  

Der Predigttext des heutigen Sonntags hat auch mit einem Schwert zu tun.

„Das Wort Gottes ist lebendig, es ist eine wirkende Macht. Es ist schärfer als das schärfste beidseitig geschliffene Schwert.“
Das klingt erstmal nicht nach friedlichen Pflugscharen, sondern… ziemlich gefährlich …. Und es geht dann noch weiter im Predigttext: „So wie ein Schwert tief einschneidet, die Gelenke durchtrennt und das Mark der Knochen freilegt, so dringt das Wort Gottes ins Innerste von Seele und Geist. Es deckt die geheimen Wünsche und Gedanken des Menschenherzens auf und hält über sie Gericht.“
 

Ich finde, dass klingt bedrohlich und gefährlich. Es klingt nach extremer Verletzungsgefahr. ‚Schärfer als das schärfste geschliffene Schwert‘ …. Ich hatte ja schon mächtig Respekt beim Auspacken meiner Küchenmesser, als ich die vor ein paar Wochen wieder aus der Schleiferei abgeholt habe. Testweise habe ich das Zeitungspapier, in das sie gewickelt waren, frei in der Luft haltend zerschnitten. Es hat geklappt.
Und so soll Gottes Wort sein? Superscharf und sogar mit beidseitiger gewetzter Klinge?

Es kann gut sein, dass zweischneidige Messer für das Fleischerhandwerk hilfreich sind, aber jeder Chirurg in Städten mit hoher Kriminalitätsrate weiß auch, dass man solche Messer nur braucht, um Schaden anzurichten.
Und deshalb verbietet das deutsche Waffenrecht auch zweischneidige Messer. Und zweischneidige Schwerter gehören nun wirklich ganz und gar verboten…. .
Es sei denn, …. es wird etwas Gutes daraus. Zum Beispiel Schwerter zu Pflugscharen …

Das gilt auch für den heutigen Predigttext: Es soll etwas Gutes, Lebendiges draus werden! So fängt der Text ja an: Das Wort Gottes ist lebendig, es ist eine wirkende Macht.
Das ist erst einmal etwas Positives, was hier über das Wort Gottes gesagt wird. Es bewirkt etwas Lebendiges.
Das Bild vom Schwert hat mich zuerst auf eine falsche Fährte gelockt, was das Wort Gottes angeht. Ich dachte zuerst an Zerschneiden, Verletzungen und irgendwelche Stichwunden.

Wenn man etwas genauer hinschaut, dann ist das Schwertwort aus dem Hebräerbrief genauso hoffnungsvoll wie das Schwert-Pflugscharen-Wort des Propheten Micha.
Und es macht auch keine Angst. Es spendet sogar Trost.

Um das zu verstehen, sind ein paar Hintergrundinformationen zum Bibeltext hilfreich:


 

Entstanden ist der Hebräerbrief irgendwann zwischen 60 und 100 nach Christus. Wer ihn an wen geschrieben hat, das kann man nicht mit Sicherheit sagen. Für Christinnen und Christen, die in Rom lebten, war das Leben ziemlich gefährlich … und zwar aufgrund von echten Schwertern und Messern, die von römischen Soldaten auch  gegen sie eingesetzt wurden.
Es war die Zeit zwischen der ersten und zweiten Christenverfolgung. Pogrome gehörten zwar der Vergangenheit an, aber willkürliche Verhaftungen und auch Enteignungen waren noch an der Tagesordnung.

 

Die Christinnen und Christen haben damals sicher manchmal verzweifelt gedacht: „Hat doch alles keinen Zweck. Das Leben wird nie besser!“
Ich kann mir vorstellen, dass man in solchen Situationen dann auch mal fünfe gerade sein lässt. „Es hat alles keinen Sinn. Wir brauchen uns auch gar nicht mehr für das Gute einsetzen!“

Der Hebräerbrief hält trostvolle Worte dagegen und schaut auch schon mal weit hinter den geschichtlichen Horizont:
„Denkt dran,“ heißt es an einer Stelle „wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir!“ 

Gottes Zukunft wird kommen – seid euch sicher!
Und bitte lasst den Kopf nicht hängen, resigniert nicht. Und setzt euch auch weiterhin für andere ein. Noch einmal ein Zitat aus dem Hebräerbrief: „Gutes zu tun und mit anderen zu teilen vergesst nicht; denkt daran, das gefällt auch Gott!“

 

Es soll Trost gespendet werden. Und Hoffnung soll aufstrahlen.
Das Leben soll aktiv gestaltet werden.

Da passt es, wenn es heißt:

„Das Wort Gottes ist lebendig und bewirkt etwas!“

Es ist eben kein Schwert, das etwas oder jemanden kaputt macht.

Mit dem Bild vom Schwert soll tatsächlich etwas Positives gesagt werden. Schwerter – und das wussten die Christen damals leider aus den Verfolgungszeiten – können den letzten Winkel des Körpers erreichen.  Zitat: „… so dringt das Wort Gottes ins Innerste von Seele und Geist.“
Für mich ist das heutzutage ein unglückliches Bild, das Bild vom Schwert. Ich würde heute ein anderes Bild verwenden, … vielleicht: Das Wort Gottes ist wie …… eine riesige Portion Obstsalat, dessen Vitamine und Nährstoffe in jede Ecke meines Körpers transportiert werden!
 

Das ist ja wirklich ein Wunder, wenn man überlegt, wie das mit der Nahrungsaufnahme und der Versorgung des Körpers so ist. Bis in in jede Ecke des Körpers, bis in jede Zelle, werden die Vitamine und Nährstoffe des Obstsalats befördert. Und da stärken sie mich, bauen mich auf, geben mir Kraft.

Neurologen sagen uns, dass es mit Worten, die wir hören, genauso abläuft wie mit den Vitaminen: Worte aktivieren Nervenzellen in unserem Gehirn, die ihre Signale bis in den letzten Winkel des Körpers senden.

Jetzt darf ich natürlich nicht zu viel über den Obstsalat nachdenken. Das Wort Gottes, … Obstsalat??? ….,
nein, es soll etwas damit gesagt werden:

Gottes Wort ist gut für uns Menschen. Es ist lebendig, es macht lebendig mitten in den alltäglichen Situationen, in denen wir als Menschen sind. Das Wort Gottes ist immer ein Wort, das stark macht, das den Menschen Widerstandskräfte gibt. Man kann das Gemeinte auch ohne Schwert- oder Obstsalatvergleiche ausführen:
Das Wort Gottes tut gut. Es kommt sogar an das Innerste unseres Menschseins heran.  Bis in den letzten Winkel unseres Körpers und unserer Seele! An das Zentrum der Person.
,So dringt das Wort Gottes ins Innerste von Seele und Geist. Es deckt die Wünsche und Gedanken des Menschenherzens auf. 
Das Wort Gottes erreicht mein Innerstes. Seele. Geist. ‚Herz‘.  ‚Herz‘ steht in der Bibel nicht nur für das Gefühl. Das Herz ist der Sitz von Sinn und Verstand, Gefühl und Willen.
Das Wort Gottes erreicht mich und meint mich ganz. Durch und durch. Es will mich aufbauen, stärken, trösten, mir Mut machen, das Leben anzupacken. Mit Schwert und Kaputtmachen hat das nichts zu tun.
 

Liebe Gemeinde, liebe Hörerinnen und Hörer! Welche Worte haben mir in der vergangenen Zeit so richtig gut getan? Welche Worte oder Sätze aus persönlichen Begegnungen haben getröstet? Was hat Mut gemacht? Waren es Zeilen eines Briefes oder einer E-Mail oder kurze Nachricht , die so richtig gut tat?
Welches Telefonat klingt nach?
Welche Worte haben Ihr Innerstes, Ihr Herz berührt?

 

II

 

Gute Worte. Sie machen lebendig. Bauen einen auf.
Mir hat neulich jemand gesagt: ‚Mach dir keine Sorgen, du schaffst das schon. Und wenn du es nicht schaffst, … ich mag dich trotzdem!‘ Das ging wirklich ganz tief rein in mein Herz.
Und genau so will das Wort Gottes bei uns ankommen.
Es will uns Mut machen, aufbauen, helfen mit dem Leben klarzukommen.
Sind alle guten Worte, die ich höre, ist alles, was Mut macht ein „Wort Gottes“ für mich?
Ja, ich denke wirklich, alles Gute kommt von Gott.

Der Hebräerbrief empfiehlt einen Maßstab, um zu beurteilen was man als ‚Wort Gottes‘ bezeichnen kann.
Der erste Satz des Hebräerbriefes lautet: „Nachdem Gott früher vielfältig und auf vielerlei Weise geredet hat durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen ein für allemal zu uns geredet durch seinen Sohn“.
 

Kurz gesagt: Durch seinen Sohn Jesus Christus hat Gott sein Wort an uns Menschen gerichtet. Unüberhörbar. Und von vielen bezeugt.

Der Evangelist Johannes formuliert es sogar so: ‚Das Wort wurde Mensch!‘
Das klingt vielleicht ein wenig philosophisch. Gesagt werden soll damit wohl: Gottes Wort wurde durch Jesus hörbar. Es geht bei ‚Gottes Wort‘ also nicht um irgendwelche mystisch abgehobenen, geheimnisvollen Worte, die man erstmal entdecken, enthüllen oder deren Verständnis man sich erarbeiten muss.
Nein, Gott hat ganz menschlich gesprochen. Zu uns Menschen.
Durch Jesus Christus. Sozusagen von Mensch zu Mensch!

In der Bibel können wir nachlesen, welche Worte Jesus gesagt hat.
Zum Beispiel diese:
„Fürchte dich nicht!“, „Hab‘ keine Angst!“, „Ich bin bei euch alle Tage!“, „Gott begleitet dein Leben!“,
„Gott liebt alle Menschen!“.
Das sind Worte voller Zuspruch für mein Leben. Sie helfen mir mitten im Alltag. Sie stärken mich.
Das sind Worte, die etwas in meinem Innersten, in meinem ‚Herz‘ bewegen und bewirken.

Natürlich hat Jesus auch Worte gesagt, die meinen Willen und Verstand herausfordern.
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“, „Betet für die, die euch verfluchen!“
Da wird das Wort Gottes auch zu einem Anspruch an mein Leben.
Das Ziel des Wortes Gottes ist aber immer dasselbe:
Mein Leben, das Leben andere Menschen soll gelingen, es soll aufblühen und gestärkt werden!

Wenn Jesus bei seiner eigenen Gefangennahme einem schwertschwingenden Freund,
der ihn mit Gewalt schützen will, sagt: „Steck‘ dein Schwert weg, denn wer zum Schwert greift, der soll durchs Schwert umkommen“ ,

… dann ist eigentlich ziemlich klar, was Gott von Schwertern hält:
Nichts, denn Schwerter helfen nicht dabei, dass Leben gelingt oder gestärkt wird.
Es sei denn, man schmiedet sie zu Pflugscharen um.
Gott will für alle Menschen das Gute.
Für niemanden das zerstörerische Schwert!

Wenn wir Gott glauben, dass er für alle das Gute will,
dann hat das Auswirkungen auf unser Leben.

Es ist schon lange her, noch länger als die 80iger Jahre, in denen ich den Schwerter-zu-Pflugscharen-Aufkleber auf meinen Gitarrenkoffer klebte,  … für mich ist es aber immer noch beeindruckend, welche Auswirkungen das Wort Gottes auf den Baptistenpastor und Bürgerrechtler Martin Luther King Ende der 60iger Jahre hatte.

Der Vietnamkrieg war in vollem Gange. King ermutigte im Rahmen einer Rede dazu, den Glauben an die weltverändernde Kraft der Liebe nicht aufzugeben.
Als Quelle dieser Kraft zitierte er den Propheten Micha:

 

„Wir können singen: Dank Gott dem Allmächtigen, wir sind endlich frei! Menschen werden ihre Schwerter in Pflugscharen umschmieden und ihre Speere in Sicheln. Und Nationen werden nicht gegen Nationen aufstehen, noch werden sie mehr Krieg lernen. Und ich weiß nicht wie ihr dazu steht, aber ich werde nicht mehr Krieg lernen.“

“... aber ich werde nicht mehr Krieg lernen.“
Für Martin Luther King hatte es ganz konkrete Auswirkungen, dass er das Wort Gottes gehört,

beim Propheten Micha nachgelesen, hat.

Das Wort Gottes hat auch heute noch ganz konkrete Auswirkungen.
Ich bin gespannt, was ich im Laufe der nächsten Woche erlebe, wenn ich ‚hinhöre‘.

Und: „Schwerter zu Pflugscharen“?  Das hat auch heute noch von Bedeutung. Ich denke an die Situation in der Ukraine. Und Syrien und Afghanistan sind auch nicht vergessen. Gott will doch das Gute für alle Menschen!
Mit guten Worten und Taten setzen wir uns wie Martin Luther King für eine gerechte Welt ein,
in der Menschen das erleben können, was Gott für sie will: Gutes und gelingendes Leben.

Wir können den Traum von einem Leben, in dem Menschen gestärkt und aufgerichtet werden auch mitten in unserem Alltag konkret werden lassen. Wir sagen unseren Mitmenschen:
“Das hast du gut hingekriegt!”, “Wie schön, dass du geboren bist, ich hätte dich sonst sehr vermisst!”
oder “Bleib dran! Halt durch!”
 

Und das gilt ja auch für uns ganz persönlich.
Gott will, dass mein Leben gelingt.
Er will mein Innerstes, mein Herz ansprechen und mich stärken.
“Fürchte dich nicht, hab’ keine Angst!”, “Ich bin bei dir!”
Das Wort Gottes ist lebendig. Es ist eine wirkende Macht!
 

 

 

Amen

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

 

26.11.2021
Carsten Hokema