Morgenandacht
Gemeinfrei via Unsplash/ Soundtrap
Cäcilie und der Klang der Buße
Morgenandacht von Pastorin Andrea Wagner–Pinggéra
22.11.2023 04:35

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Gleich zwei Feiertage fallen heute zusammen. Zwei gleich? Ich vermute, die meisten sind froh, wenn ihnen einer einfällt. Außer, wenn man in Sachsen wohnt. Da ist die Sache klar: Der Buß- und Bettag ist arbeitsfreier Feiertag. Überall anders wurde er im Jahr 1994 zur Finanzierung der Pflegeversicherung aufgegeben. Auch, wenn es mancherorts Versuche gibt, den Tag wiederzubeleben: Er fehlt den Allerwenigsten. Ansonsten wären die Stimmen lauter. Wo er aber gefeiert wird, geschieht das ganz bewusst. In meiner Gemeinde gibt es einen ruhigen Gottesdienst mit viel Raum zur Stille. Zum Gebet. Zeit, sich innerlich zu sortieren und neu auszurichten.

Beim Buß- und Bettag geht es um die Frage, wo ich selbst und wo unsere Gesellschaft auf dem falschen Weg ist und umkehren muss. Das hat man in der Geschichte des Buß- und Bettags durchaus politisch verstanden. Katastrophen aller Art, Kriege zuallererst, aber auch Missernten und andere Unglücke haben frühere Generationen mit der Sünde des Volkes und seiner Oberen in Verbindung gebracht. Um sich aus dem Unglück zu befreien, musste man sich von der Sünde abwenden, sich dem Guten zuwenden: Buße tun. Um wieder in bessere Fahrwasser zu kommen.

Ich kenne nun niemanden, der derartigen Vorstellungen in unserer Zeit noch anhängt. Aber nach wie vor ist es hilfreich, im Politikbetrieb und in der Wirtschaft einmal einen Schritt zurückzutreten. Zu überlegen: Stimmt die Richtung noch?

So aber hat sich der Buß- und Bettag inzwischen individualisiert: Es geht um die Umkehr von eigenen Irrwegen. Und natürlich: um das Gebet. Beten ist das Handwerk gläubiger Menschen. Aber es wird so oft an den Rand gedrängt, dass es runterfällt.

Neben dem Buß- und Bettag ist heute am 22. November noch ein zweiter Feiertag: der Tag der Heiligen Cäcilie. Er spielt besonders in der katholischen, der orthodoxen und der anglikanischen Kirche eine Rolle. Cäcilie gilt als die Schutzpatronin der Kirchenmusik. Viel ist von ihr nicht überliefert. Sie hat, wenn überhaupt, im dritten Jahrhundert in Rom gelebt und ist womöglich der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian zum Opfer gefallen. Alles Weitere, was wir von ihr wissen, wird man ins Reich der Legende verweisen müssen.

Entscheidend ist: Sie soll die tragbare Orgel erfunden haben. Häufig findet man sie deswegen in katholischen Kirchen dargestellt ganz in der Nähe der Orgel, Orgelpfeifen auf dem Arm. Und oft steht sie zusammen mit David, dem Harfe spielenden König aus der Bibel.

Buß- und Bettag sowie die Heilige Cäcilie. Ich finde, diese beiden Feiertage passen bestens zusammen. Es gibt im Leben manches, das schief läuft. Bei allen Stärken und Tun des Guten hat der Mensch die Neigung zu Streit, Missgunst, Bosheit, Hass. Es ist heilsam, das vor sich selbst und vor Gott anzuerkennen.

Mir hilft dabei Beten – mich vergewissern, woher die Kraft kommt, damit ich umkehre, wo es nötig ist, und einen guten Weg finde. Aber: Das Beten gerät bei mir leider immer wieder ins Hintertreffen, wenn die Tage voller Termine und Aufgaben sind.

Aber auch wenn ich mitunter zu beten vergesse; zu singen vergesse ich nie. Zuhause, im Auto. Draußen. Ganze Liedstrophen. Zeilenfetzen. Wenn mir die Worte entfallen sind, summe ich einfach weiter. „Wer singt, betet doppelt.“ So sagt es der Kirchenvater Augustinus. Beim Singen kommt der Klang zum Text – der eigene Körper wird zum Resonanzraum für das Wort.

Ganz nebenbei bewirkt die Musik, der Gesang, ein weiteres: Die Umkehr, die Veränderung des Menschen zum Besseren. Martin Luther hat das so beschrieben: „Musik ist ein reines Geschenk und eine Gabe Gottes. Sie vertreibt den Teufel, sie macht die Leute fröhlich und man vergisst über sie alle Laster.“ So soll Umkehr sein.

Das sind gute Aussichten für den Buß- und Bet- und Cäcilientag heute: loswerden, was belastet. Vertreiben, was Angst einjagt. Feiern, was fröhlich macht. Und das Ganze mit Musik!

Es gilt das gesprochene Wort.