Trauerfeiern, wie die für Papst Franziskus, könnten auch mal richtig was bewegen. Manchmal hilft das Träumen, um ein Bild zu bekommen, wie die Welt auch sein kann, nämlich versöhnt und erlöst.
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Manchmal gibt es das ja, da geschehen Wunder. Manchmal. Und gerne dann, wenn etwas Einschneidendes passiert. Wenn ein Kind geboren wird oder jemand stirbt, zum Beispiel. Dann kommen irgendwie andere Kräfte ins Spiel und es werden Dinge möglich, die man nie geglaubt hätte. Jemandem wachsen Kräfte zu, die er vorher nicht hatte.
Manchmal, ganz manchmal, passiert so etwas auf Beerdigungen. Oder im Anschluss daran. Da hat sich irgendetwas geändert im Gefüge. Da geht es um Dinge, die über den Horizont reichen und da weiß man ja nicht so genau. Da ist Emotion im Raum, und dann ergeben sich ganz andere Gespräche. Hätte man nie geglaubt.
Einige Male habe ich erlebt, wie sich Sterbende das wünschen: dass bei ihrer Beerdigung endlich Frieden in die Familie einzieht. Dass sich die Geschwister wieder die Hände reichen und noch ein bisschen festhalten und sich trösten. Dass die Enkel miteinander spielen. Dass da ist Weinen erlaubt, und hinterher beim Kaffee erzählt man sich Anekdoten und lacht zusammen. Und spricht sich aus. Endlich.
Und dass dann alle merken: So schlecht ist das hier gar nicht. Und – was immer vorher passiert war: Für den Moment ist es gut, dass jetzt alle hier sind. Und alle fühlen ein bisschen Frieden.
Ok, und manchmal passieren solche Wunder nicht. Da sind viele Menschen auf einer Trauerfeier, die sich ganz gewiss sehr viel zu erzählen hätten, aber sie tun es nicht. Da wäre eine Gelegenheit mal etwas zu erleben, was über den Horizont reicht, aber die Herzen sind dicht. Und nichts geschieht, wie neulich bei der Papsttrauerfeier.
In solchen Situationen braucht es die Träumenden.
Die können so etwas sehen, wo die Realität noch lange nicht da ist. Die sehen schon, wie sich da zwei die Hand reichen und still schütteln, und sich einen Moment in die Augen schauen. Und dieser eine Moment reicht, dass die schrecklichen, alten Geschichten wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Wie plötzlich deutlich wird, dass ja alle zusammengehören, dass wir alle hier ganz normale Menschen sind. Fehlerhaft, schrecklich und aber auch begabt und wunderbar. Dass wir dieselbe Luft atmen und unter einem Himmel leben.
Ich glaube das einfach mal. Ich glaube, dass so etwas möglich ist. Dass da ein anderer Wind wehen kann. Wann immer es geschieht. Dass sich Staatschefs die Hände schütteln können, dass sie sich in die Augen schauen und sich als Menschen sehen können und sich gegen jede Erwartung vertragen. Und Kaffee trinken und Kuchen essen. Sich endlich viel erzählen, viel verstehen und auch verstanden werden.
Dass das Wunder passiert, dass der Verstorbene posthum Frieden stiftet.
Das ist möglich. Diese Welt ist möglich, in der von einem Moment auf den anderen die Störgeräusche wegfallen und die gute Stille einzieht, in der sich die Dinge wie von alleine richten. Wo dann allen klar wird, was jetzt zu tun ist. Wer was mit wem anpackt, damit die zerstörten Landschaften wieder aufgebaut werden, die Zerstreuten zusammengerufen werden können, weil es Zukunft gibt und Heimat. Und wie alle anpacken. Und wie plötzlich Geld da ist, man weiß gar nicht, woher. Wie alle Kraft in den Wiederaufbau geht. Und wie sie planen, Gärten und Parks anzulegen, gemeinsame Schulen zu bauen, und wie sie Spaß daran haben, Musikerinnen einzuladen für zauberhafte Projekte. Wie Himmel aufgeht – über allen.
Gott atmet auf.
Lasst uns träumen.
Es gilt das gesprochene Wort.
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