epd-Bild / Bertold Fernkorn
Die seitlich Umgeknickten
Hanns-Dieter Hüsch zum 100. Geburtstag
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06.05.2025 06:35
Vor 100 Jahren wurde Hanns-Dieter Hüsch geboren, der große Kabarettist mit dem Herzen für die "Verrückten" und "seitlich Umgeknickten". Er hat seinen Glauben in poetische Worte gefasst.
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Seine Geburt hat einen heftigen Familienstreit ausgelöst. Die einen sagten, er müsse das Ergebnis von Inzucht sein, so wie der aussehe. Die anderen, dass seine Mutter wohl am Zapfhahn großgeworden sei. Irgend so etwas müsse es doch sein, denn ohne Grund würde niemand so geboren werden, mit solchen Füßen.

Das Baby bekommt den Namen Hanns-Dieter. Hanns mit Doppel "n". Familie Hüsch wohnt in Moers. "Alles, was ich bin, ist niederrheinisch", wird er später sagen, und meint: kleinbürgerlich und provinziell. Der Humor wächst mit den Aufgaben.

Hanns-Dieter Hüsch wird am 6. Mai 1925 geboren, also heute vor 100 Jahren. Und seine Füßchen sind 180 Grad nach hinten verdreht und wohl abgeknickt. Zahllose Operationen musste er über sich ergehen lassen. Mit anderen spielen – Fehlanzeige. Hanns-Dieter lernt die Einsamkeit kennen. Er spielt mehr mit Buchstaben. Er rennt nicht über den Hof, sondern durch seine Fantasie. Als Jugendlicher schreibt er, er wolle ein richtiges Mannsbild verkörpern, aber ihm fehlten alle Tropfen Kämpferblut. Das hat zumindest etwas Gutes, denn so bleibt ihm der Kriegsdienst erspart.

Er beginnt in Mainz zu studieren - mehr die Menschen, als Deutsch, Philosophie und Kunstgeschichte. Er streift durch die Uni und lauscht und beobachtet und schreibt. Über studentisches Kabarett kommt er auf die Bühne. Und obwohl er anfangs dachte, es drehe sich kein Mädchen nach ihm um, findet doch schnell Marianne zu ihm. Und als die Tochter unterwegs ist, muss er Geld verdienen - als Radio-Moderator, als Schauspieler, Schriftsteller, Synchronsprecher und vor allem als Kabarettist. Er sollte einer der größten Kabarettisten in Deutschland werden, die Liste seiner Preise und Ehrungen ist lang. Er kommt ins Fernsehen und auf viele Bühnen. Er schreibt Bücher, nimmt Schallplatten auf, wird berühmt. Tourt durch das ganze Land.

Bevorzugt befasst er sich mit alltäglichen Kuriositäten. Er nennt sich selbst einen "philosophischen Clown". Textet gern lakonisch, meist menschenfreundlich. "Ich sing’ für die Ver-rückten, die seitlich Umgeknickten…"

Das Kabarett-Publikum liebt ihn für seinen Witz und scharfe gesellschaftspolitische Pointen. Zunehmend zeigt er seine religiöse Seite. So schreibt er über seine Herkunft, er habe Schmerz und Kummer denen bereitet, die ihn großgezogen haben. Zitat:

"Doch gib es zu mein Herr

Hinter allem stecktest du

Und hast die Sorgen zubereitet

Das Elend warmgehalten

Zu sehen ob sie in ihrer Güte schwächer

In ihrer Liebe leerer wurden

Du hast sie angehalten in deinem Sinne

Für mich wach zu halten

Dein Wille ist geschehen

Sie haben sich vergessen und mich

Zu deinem Menschenkind gemacht

In der Küche und in der Kirche

Wo immer Brot und Wein

Zu finden sind"

Nach dem Tod seiner ersten Frau 1985 zieht er von Mainz nach Köln, 1991 heiratet er die deutlich jüngere Christiane. Er wird ein gefragter Redner und Prediger, auch bei Kirchentagen.

"Gott unter den Völkern," dichtet er,

"du bist der Gott der Versöhnung;

denn in dir und deinem Geist

fügt die Welt sich wieder zusammen"

Im hohen Alter erkrankt Hanns-Dieter Hüsch schwer. Im August-Psalm schreibt er:

"Herr ich bin krank

Und trau mich nicht an Licht

Mein Schmerz lässt mich nicht glauben

Ich fluche von Kopf bis Fuß"

Aber ganz in der Tradition der Psalmen endet er im Vertrauen.

"Du warst es der mich immer heilte

Ich lieg zu deinen Füßen

Und warte auf dein Wort."

Es gilt das gesprochene Wort.

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