Die Brückenbauer

Die Brückenbauer
Pfarrerin Andrea Schneider
07.08.2010 - 21:10
29.08.2010
Pfarrerin Andrea Schneider

In diesen Tagen und Wochen ist es wieder so weit. Junge Männer und Frauen packen ihre Koffer, verabschieden sich von Familie und Freunden – und los geht's. Nicht in den Urlaub, sondern in ein Freiwilliges Soziales Jahr, FSJ.

Zwischen Abitur und Studium, zwischen Lehre und Job – ein Jahr der Orientierung mit der Frage: Was will ich später mal machen? Ein Jahr anders leben: nach der Paukerei mal was Praktisches. Zeit schenken. Menschen helfen. Neues entdecken.

Viele junge Leute zieht es dabei in die weite Welt, mit Abenteuerlust und Neugier auf eine fremde Kultur. Und Christen unter ihnen sagen: Wir möchten dieses Jahr auch ganz bewusst Gott zur Verfügung stellen.

Auch meine jüngste Tochter ist vor zwei Wochen mit dickem Rucksack und viel gespannter Vorfreude losgezogen. Nach Israel. "Nach Israel?" – so haben einige Freunde erstaunt und auch leicht besorgt gefragt, als sie das hörten. Und für mich als Mutter heißt es jetzt: Loslassen ...

"Junge Deutsche bauen Brücken der Versöhnung in Israel" – das ist das Motto der Volontärsorganisation "Dienste in Israel", mit der meine Tochter ausgereist ist.

Die Volontäre haben in Israel den Namen "Hagoshrim" bekommen: "Die Brückenbauer". Und Brücken bauen – das ist in diesem faszinierenden und politisch so umstrittenen Land mit seiner einzigartigen Bedeutung für uns Christen und Deutsche nicht einfach. Gut, dass junge Christen aus Deutschland es versuchen!

Die Brückenbauer arbeiten mit schwer behinderten Jugendlichen. Sie pflegen alte Leute, darunter auch Holocaustüberlebende, die eigentlich nie wieder Kontakt zu Deutschen wollten. Und sie gehen mit Menschen die letzte Wegstrecke des Lebens in einem Hospiz in Jerusalem, wo Juden, Christen und Muslime zusammen leben und arbeiten – eine kleine Insel des Friedens in der gespaltenen Stadt.

Brücken bauen braucht Zeit: Misstrauen überwinden und aufeinander zugehen. Unwissenheit abbauen und Geschichte und Kultur kennen lernen.

Und dann geschieht manchmal das Wunder: Vertrauen wächst wirklich. Und Versöhnung. Zwischen Alt und Jung, Gesund und Krank. Und zwischen Deutschen und Juden, zum Beispiel.

So schicke ich heute Abend einen kleinen Gruß – an meine Tochter und an die vielen jungen Freiwilligen, die Zeit an andere verschenken. In einem Alten- oder Kinderheim, in einem Krankenhaus oder Kulturprojekt. Hier in Deutschland, in Israel – oder wo auch immer.

Ich finde das toll und – ja! – vorbildhaft, dass Ihr das macht! Haltet durch, auch wenn's mal anstrengend wird! Packt viele gute Erfahrungen in Euren Rucksack, kommt gesund und fröhlich zurück und erzählt uns Älteren davon, dass es sich lohnt, Zeit zu schenken und Brücken der Versöhnung zu bauen. Egal, wie alt man ist ...

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29.08.2010
Pfarrerin Andrea Schneider