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Die Sendung zum Nachlesen:
Am Ende jedes Kreuzweges stehen drei Kreuze. Im Lukasevangelium spielen die beiden Mitgekreuzigten eine besondere Rolle. Während Jesus zwischen den beiden Rebellen gekreuzigt wird, sagt er
"Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!"
Das sagt einer, dem die im Foltern geübten Soldaten gerade erst - vor wenigen Minuten muss man sich vorstellen - Nägel in beide Handgelenke gehämmert haben. Vater vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun - das sagt ein Mensch, dem die Soldaten die Füße festgenagelt haben. Das erhöht den Schmerz, wenn das Opfer, um die Erstickungsanfälle zu lindern, versucht, sich auf den festgenagelten Füßen abzustützen. Dieses Folterwerkzeug ist effizient: Es verbindet größtmöglichen Schmerz mit einem langen Todeskampf. Die meisten Opfer schreien an den Kreuzen und verfluchen ihre Henker. Jesu Sterben am Kreuz beginnt mit Vergeben
- ausgerechnet für die Menschen, die den Hammer noch in der Hand halten,
- die - völlig ungerührt von dem, was da am Kreuz gesprochen wird - anfangen, die Kleider der Delinquenten untereinander aufzuteilen.
Vater vergib! Mit dieser Bitte bleiben selbst die Henker Gottes Kinder. Mit der Bitte um Vergebung lässt Jesus die Brutalität, die Folter, und die Gewalt nicht alles sein, was wir wissen. Die Soldaten haben schließlich den Befehl zur Kreuzigung. Und dann müssen sie stundenlang warten, bis die Verurteilten endlich tot sind. Alltägliche Arbeit, manchmal wurden 300 Menschen am Tag gekreuzigt. Natürlich wissen die Soldaten genau, was bei einer Kreuzigung zu tun ist, sie kennen die Handgriffe aus dem Effeff, aber sie wissen nicht, was sie da tun. Es gibt noch ein ganz anderes Wissen als das erfahrener Folterer. "Vater vergib!" - die Bitte verweist auf etwas, das über diesen Horror hinausgeht.
"Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein."
Sagt Jesus zu einem der beiden Rebellen.
"Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!"
Spottete vorher der erste Rebell. Das ist der Zynismus eines Todgeweihten, der damit Jesus verhöhnt. Und sich selbst! Und die vielen, die täglich an den Kreuzen verrecken. Ganz anders der zweite Rebell. Er bittet Jesus, an ihn zu denken, wenn er in sein Reich komme. Er denkt über den eigenen Tod hinaus und hört:
"Heute wirst du mit mir im Paradies sein."
Nur hier wird an den drei Kreuzen, in der Hölle, die dieser Tod für die drei festgenagelten Menschen ist, nur hier wird vom Paradies geredet. Und damit wie bei der Bitte um Vergebung insgeheim auf Ostern verwiesen. …
"Vater ich befehle meinen Geist in deine Hände!"
Mit diesen Worten stirbt Jesus ausschließlich im Lukas-Evangelium. Nach Stunden am Kreuz, nach den Krämpfen und Erstickungsanfällen nach den Schmerzen in den Füßen, wenn er sich abstützte.
... Vater, in deine Hände ... eine kaum vorstellbare Hingabe. Den schweren Kelch, den bittern, nimmt er nicht aus der Hand der Henker, er weiß sich in ganz anderen Händen. Lukas verschweigt in seinem Evangelium die dunkle Wirklichkeit nicht: Armut, Krankheit, Tod, auch den am Kreuz. Aber er lässt mitten im Dunkel ein anderes Licht durchscheinen:
- selbst für die Henkersknechte wird Vergebung erbeten,
- noch am Galgen wird vom Paradies geredet,
- noch im Aufgeben des eigenen Lebens Hingabe an ein anderes.
Kein Warum, kein "Warum hast du mich verlassen?", kein "Mich dürstet", kein Schrei. Im Lukasevangelium ist die Folter, ist der Schmerz, ist der Tod nicht alles.
Es gilt das gesprochene Wort.