„Auf der einen Seite bist du Drogenhändler, denn du handelst ja mit Alkohol und auf der anderen Seite willst du dich um die Seelen der Menschen kümmern. Das ist eine Gradwanderung, kann man schon sagen.“
Titus Schlagowsky ist ganz unten angekommen, als ihm Gott begegnet. Er sitzt im Gefängnis wegen Steuerhinterziehung, erlebt die schlimmste Zeit seines Lebens und steht kurz vor dem Selbstmord. Da beschließt er, zu Gott zu beten. „In der Nacht ist der Deal entstanden, dass ich gesagt habe: Wenn du dafür sorgst, dass ich hier bald herauskomme, sorge ich dafür, dass ich dich verkündige.“ Und so kommt es.
Er macht die Ausbildung zum Prediger und beginnt im ersten Lockdown, in seiner Kneipe Andachten aufzuzeichnen. Als die Lokale wieder öffnen dürfen, entscheidet er sich, dies weiterzuführen und die Reaktion der Kneipengäste abzuwarten: „Ich habe gedacht, du probierst es einfach mal. Das war natürlich ganz schön mit Angst verbunden, denn ich wusste ja nicht, was passiert. Entweder hauen sie jetzt ab, oder nein, sie sind sitzen geblieben.“
Auf diesem Wege erreicht Schlagowsky Menschen, die sonst nicht in eine Kirche gehen würden. Die Stimmung bei seinen Andachten sei eine andere, doch das nimmt er gerne in Kauf. „Das ist ja nicht so, wie in der Kirche. Da wird schon mal dazwischen gequatscht und beim Vater unser fliegt schon mal ein Glas runter. Die Geräusche hast du natürlich, das gibt es in der Kirche nicht und du musst auch damit rechnen, dass du mal eine Frage gestellt kriegst, mitten in der Predigt.“
Letzten Endes sieht er die Arbeit des Predigers und die des Kneipiers als gar nicht so verschieden an. „Du hörst dir die Probleme der Menschen an, oder du erzählst etwas über die Probleme der Menschen. Du musst die Leute ja abholen, die musst du in der Kneipe abholen, die musst du genauso im Gottesdienst abholen. Und wenn dir das nicht gelingt, dann machst du irgendwas ganz komisches verkehrt.“
Titus Schlagowsky bei „So gesehen - Talk am Sonntag“ mit Moderator Julian Sengelmann
6. März 2022, 08:40 Uhr in SAT.1