Endlich Ferien! Keine Vorlesungen mehr, keine Besprechungen und Sitzungen. Dafür Hitze, Sonne, Rekordtemperaturen. Ich fahre den Computer runter, schließe die Bürotür ab und bitte die Nachbarin die Blumen zu gießen und ab und an mal den Briefkasten zu leeren.
Alle Jahre wieder: Urlaubszeit. Das ist irgendwie auch so eine heilige Zeit. Ich liebe es zu verreisen – und meine Reise beginnt mit dem Verlassen meiner Wohnung. Neues entdecken, Abenteuer erleben und anderen Menschen begegnen, das ist Urlaub. Und natürlich das Draußen-Sein. Möglichst viel Zeit draußen verbringen: meine perfekten Ferien. Am schönsten ist es mit lieben Menschen und natürlich gemeinsam mit meiner Hündin Lucy.
Ab und an eine Auszeit vom Alltagstrott nehmen, den Akku wieder aufladen – Mensch, wie wichtig ist das. Und, ja, wir sind biblisch sogar dazu verdonnert. Gott hat uns einen Ruhetag verordnet – den Sonntag. In der Bibel ist`s der Sabbat, wir haben heute den Sonntag. Im Ergebnis kommt‘ s auf gleiche raus. Symbolisch einen Tag in der Woche. Auch von Jesus wissen wir: er zog sich immer mal wieder zurück – mal alleine, mal mit Freunden, um nachzudenken und etwas Abstand zu gewinnen. Er ging in die Wüste, kletterte auf Berge, lief dann auch mal übers Wasser, wenn er mit dem Erholen fertig war und seine Jünger ihn brauchten. Wir können nicht immer durchpowern. Jesus konnte das nicht und wir können es auch nicht. Allerdings birgt jede Auszeit auch Risiken und Nebenwirkungen: Nicht jeder Urlaub ist harmonisch, nicht jede Reise erholsam.
Ist es nicht so, dass man sich selbst und den anderen auf Reisen nochmal besser kennenlernt? Da gilt es eigene Bedürfnisse mit denen der anderen abzuwägen und auszuhandeln. Da ist schon bei der Reiseplanung manches Verhandlungsgeschick gefragt, wenn die Kinder ans Meer, ein Erwachsener in die Berge und der andere in die Stadt möchte. Wenn für den einen gilt „fahren wir dorthin, wo wir immer hinfahren – da weiß man, was man hat“ und die andere nach Abenteuer ruft und sich gerne ins Unbekannte locken lässt. Was dann? Hier liegt schon mal ein gewisses Frustpotential, bevor es überhaupt losgeht. Und was, wenn es dann tagelang regnet, das Zelt doch undicht ist, die Kinder mit dem Klären der Hackordnung beschäftigt sind, die Unterkunft den Fotos aus dem Internet nicht mal im Ansatz nahekommt, man den Herrn aus dem Zimmer nebenan durch die Wand schnarchen hört und das Essen irgendwie komisch schmeckt.
Der Traum vom lang ersehnten und wirklich dringend nötigen Erholungsurlaub wird dann schnell zum Albtraum. Manchmal liegt das auch daran: wir starten viel zu fertig in den Urlaub. Viel zu schwer bepackt. Und kriechen schon auf dem Zahnfleisch, bevor wir zu den Bahngleisen, Flixbussen, Flughäfen und Fährterminals dieses Landes kommen. Wer völlig ausgebrannt eine Reise antritt hat nun mal wenig Ressourcen, „Reisestress“ zu kompensieren. Im Grunde muss man schon ein bisschen erholt sein, um sich erholen zu können. Und nur, weil man völlig erledigt ist gar nicht erst in Urlaub zu fahren, kann ja auch keine Lösung sein.
Da hilft nur eins: Die eigenen Erwartungen an maximale Instant-Erholung runterschrauben – Erholung braucht Zeit und Geduld und eine Reise mit anderen erfordert echte Kompromisse. Nicht so faule – nach dem Motto: „Nee, Strand ist völlig okay für mich“ und dann den ganzen Tag über den Sand und die Sonne und das Meer meckern….
Echtes Aufeinander-Zugehen heißt auch, sich an der Freude der anderen freuen zu können – dann kann der Urlaub zum Segen werden. Ich wünsche Ihnen eine möglichst stressarme Urlaubszeit mit dem Geschmack von tatsächlicher Erholung.
Mitteldeutscher Rundfunk (MDR)
Redaktion: Susanne Sturm
Katholischer Senderbeauftragter für Das Wort zum Sonntag für den MDR
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