Das alte Jahr hat noch drei Tage. 2025 steht vor der Tür. "Etwas Neues beginnt!" Das ist deshalb der Titel für den alt-katholischen Gottesdienst am Sonntag zwischen den Jahren um 10.05 Uhr. Der Deutschlandfunk überträgt live aus der Thomaskirche in Düsseldorf.
Was hilft bei den Übergängen im Leben? Was macht Mut, sich auf Neues in 2025 einzulassen? Darüber predigen Pfarrer Clemens Engels und Seelsorgerin Sara Sust von der alt-katholischen Kirche zusammen mit Pfarrer Hartmut Woelk von der evangelischen Nachbargemeinde.
Auch sonst ist der Gottesdienst ökumenisch ausgerichtet. Es musizieren der evangelische Posaunenchor Hassels sowie die Gitarristen Achim Große-Oetringhaus und Markus Koegel. Alt-Katholische und Evangelische feiern gemeinsam die Eucharistie.
Lieder des Gottesdienstes:
1. EG 41, 1 und 3: Jauchzet, ihr Himmel
2. EG 580: Taizégesang
3-4. EG 182, 1,7: Suchet zuerst Gottes Reich
5. Alt-kath.-Liederbuch 993: Starre nicht auf das was früher war
6. Alt-kath. Liederbuch 188: Nimm, o Herr, die Gaben
7. GL 188: Nimm, o Gott die Gaben
8. EG 973: Eat this bread
9. EG 580, 1-4: Dass du mich einstimmen lässt
10. EG 395, 1-3: Vertraut den neuen Wegen
Sendetext nachlesen:
I
Liebe Hörerin, lieber Hörer, liebe Gemeinde!
Vor wenigen Tagen haben wir Weihnachten gefeiert. Für Viele immer noch das beliebteste Familienfest des Jahres.
Ein besonderes Fest, eine besondere Stimmung, eine besondere Botschaft: Dort im Kind in der Krippe zeigt sich Gottes Liebe. Christus, der Retter ist geboren.
Damit fängt etwas Neues an. Wir haben sogar unsere Zeitrechnung an diesem Ereignis ausgerichtet. Wir schreiben das Jahr 2024 nach Christi Geburt.
In der Bibel steht: Dieses Ereignis haben Hirten und Weise aus dem Morgenland, Arme und Reiche, Einheimische und Ausländer erlebt. Sie stehen für die Welt in ihrer Unterschiedlichkeit und damit auch für uns.
Christus, der Retter ist da! Das wurde zum Neuanfang für die Welt.
Und so kamen sie nach Bethlehem - die Hirten, die Weisen - und fanden das Kind in der Krippe. Als sie zurückkehrten, waren sie verändert. Sie haben sich neu auf ihren Weg gemacht. Ihr Leben hatte eine Wendung erfahren. Sie hatten neue Hoffnung.
"Frieden" ist das zentrale Wort der Weihnachtsbotschaft. Die Engel verkünden "Frieden auf Erden". Jesus, erwachsen geworden, wird sagen: "Meinen Frieden gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht."
Diese Worte sind auch mir wichtig. Denn wir leben in unsicheren Zeiten. Ich wünsche mir, dass wir uns mit der Weihnachtsbotschaft wieder neu auf unseren Weg machen können.
Denn mit Weihnachten beginnt etwas Neues. Wie wirkt sich das aus? Viele Menschen nehmen die Botschaft der Hoffnung und des Friedens mit ins neue Jahr und versuchen, sie in ihrem Leben zu verwirklichen. Sie setzen damit für sich und für ihr Umfeld einen neuen Anfang.
Sara Sust erzählt nach einer kurzen Instrumentalmusik von ihren Neuanfängen, die sie im vergangenen Jahr gewagt hat.
II
Weihnachten bedeutet Neuanfang. Gott schlägt ein neues Kapitel mit uns Menschen, mit der ganzen Welt auf. Wenn ich Neuanfang erleben will, muss ich mich auf den Weg machen, so wie die Hirten und die Weisen. Neuanfang beginnt mit Aufbrechen. Für mich war das vergangene Jahr sehr von Neuanfängen geprägt: eine neue Kirche, neue Gemeinden, neue Städte, ein neues Studium. Ich bin in die alt-katholische Kirche ein-getreten und habe im Juli begonnen, hier in der Gemeinde in Düsseldorf und in der Gemeinde Aachen als Seelsorgerin zu arbeiten. Dazu gehört, in Bonn alt-katholische Theologie zu studieren. Das alles war aufregend, anstrengend und schön. Der Weg da-hin war lang. Für mich war nicht immer eindeutig zu erkennen, wo er mich hinführt. Ich war zuvor Pastoralreferentin für die römisch-katholische Kirche in verschiedenen Gemeinden. Ich habe das mit viel Freude gemacht. Besonders die Jugendarbeit lag mir sehr am Herzen, und ich bin vielen tollen Menschen begegnet. Aber es gab einiges, das mich gestört und belastet hat. Immer wieder habe ich deshalb darüber nachgedacht und mit mir gerungen, wie ich meinen Lebensweg gestalten möchte. Ich wollte sehr gerne weiterhin Seelsorgerin sein, aber gleichzeitig zu meinen Überzeugungen stehen können. Die alt-katholische Kirche habe ich bereits vor zehn Jahren kennengelernt, und vieles fand ich schon damals sympathisch. Aber der Prozess der Entscheidung hat lange gedauert. Immer wieder habe ich darüber nachgedacht, welche Möglichkeiten es gibt, was dafür und was dagegen spricht. Den Schritt des Neuanfangs mit allen damit verbundenen Unsicherheiten zu wagen, das hat mir viel Mut abverlangt.
Was mir geholfen hat: Gespräche. Mit Menschen, die mich gut kennen. Und mit Menschen aus der alt-katholischen Kirche. Ich habe viele Gemeinden besucht, um ein Ge-fühl dafür zu bekommen: Fühl ich mich hier am richtigen Platz? Ist das mein Weg? Viele positive Begegnungen haben mich ermutigt, mich zu bewerben und mich für die alt-katholische Kirche zu entscheiden.
III
Was stärkt mich, wenn etwas, das bisher war, aufhört und etwas Neues ansteht? Mir klingen da noch die Worte aus der Lesung aus dem Buch Jesaja nach. Gott spricht: "Denk nicht mehr an das, was früher war; / auf das, was vergangen ist, sollst du nicht achten."
Das sind poetische Worte der Bibel. Worte, die in einer völlig anderen Zeit und Situation aufgeschrieben wurden. Aber sie sprechen mich auch heute an. Zurückschauen hat seine Zeit und seine Qualität. Manchmal brauche ich das, um mir klarzumachen: Was hat mich geprägt im Guten wie im Schlechten? Daraus kann ich lernen und Kraft gewinnen. Aber ein ständiges Starren auf das, was war, kann mich lähmen. Dann bin ich wie erstarrt in der Vergangenheit. Ich analysiere bis ins letzte Detail, mosere an allem und jedem herum und sitze damit fest. Ich glaube, daher kommen so Sätze wie "Früher war alles besser!" Oder: "Das haben wir aber noch nie so gemacht!" Das blockiert.
Wie anders hört es sich an, was Jesaja sagt: "Denkt nicht mehr an das, was früher war!" Für mich klingt da die Einladung mit, das Vergangene loszulassen, das ich nicht mehr ändern kann, die Fehler, die ich gemacht habe, die Sackgasse verlassen, in die ich geraten bin. Und dann den Blick mutig nach vorne richten. Probieren, ob ich es anders machen kann, womöglich besser.
"Denkt nicht mehr an das, was früher war!" Diese Aufforderung ist wahrscheinlich notwendig, um das Neue zu entdecken, das möglich ist und das Gott anbietet.
Darin liegt die Einladung, sich für die Herausforderung im Hier und Heute zu öffnen, anstatt ausgetrampelte Pfade zum x-ten Mal zu gehen.
Mir hilft, wenn ich mir selber sage: "Ja, dann los!" statt immer wieder "Ja, aber …". Dann können sich Perspektiven entwickeln. Dann zeigt sich das Neue, das längst schon angebrochen ist, sobald man sich nach Veränderung und Neuanfang sehnt.
Beim Propheten Jesaja sagt Gott: "Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe / und Straßen durch die Wüste."
Wüste. Das erinnert daran, dass die Israeliten in der Bibel 40 Jahre durch die Wüste gewandert sind, bevor sie das Gelobte Land erreicht haben. Also kein einfacher, geradliniger Weg. Die Strecke kann endlos erscheinen mit vielen Hindernissen.
Gott verspricht: Ich lege einen neuen Weg an. Der ist nicht immer leicht zu erkennen. Nicht immer ist mir von vornherein klar, wie mein Lebensweg verlaufen wird. Vieles entsteht erst im Gehen und Ausprobieren. Manchmal sind Umwege dabei, und ich muss an den Weggabelungen des Lebens neu entscheiden, welche Richtung ich ein-schlage.
Es ist unklar, wohin es gehen soll. Das verunsichert. In Übergangszeiten spüre ich besonders: Ich habe vieles nicht in der Hand. In diese Unsicherheit hinein kommt Gottes Zusage: Ihr müsst nicht alles alleine schaffen. Ich lege einen Weg an. Im Evangelium sagt Jesus: "Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht."
Dieses Versprechen stärkt den Rücken und das Herz für den neuen Anfang. Gott sagt: "Seht her, nun mache ich etwas Neues. / Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht?" Los geht’s!
Amen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Pfarrer Clemens Engels
Geistlicher im Auftrag der Alt-Katholischen Gemeinden Düsseldorf und Aachen
Steubenstraße 13
40599 Düsseldorf
Tel.: 0211-4383835