Unterbrich die Sehnsucht nicht!
Der Satz könnte sich auch in der Werbung für einen großen Elektronikmarkt befinden, stammt aber aus dem vierten Jahrhundert, von dem lateinischen Kirchenvater Augustinus.
Unterbrich die Sehnsucht nicht! sagt er – und meint damit das Beten:
Willst du das Beten nicht unterbrechen, so unterbrich die Sehnsucht nicht. Denn die Sehnsucht ist dein ununterbrochenes Gebet.
Das gefällt mir: meine Sehnsucht – ein großes Gebet.
Ja, ich will mehr, mehr als das, mehr als hier, mehr als jetzt. Der größte Flachbildfernseher, die tollste Soundanlage, der schnellste Computer helfen da nicht. Die sind zwar alle schön und gut, aber sie sind nichts gegen meine Sehnsucht nach Frieden, nach Gerechtigkeit, nach Glück und und und.
Dieses Mehr-Wollen heißt mit Gott zu rechnen, größer zu denken, den Himmel zu stürmen.
Ich sehne mich danach, dass Menschen einander nicht mehr töten müssen, um das zu bekommen, was sie wollen. Ich wünsche mir, dass Soldaten, Frauen, Kinder und Alte nicht mehr leiden müssen unter dem Krieg in ihrem Land.
Ich sehne mich danach, dass Menschen nicht mehr entrechtet werden, dass sie in Freiheit leben können, dass Ausbeutung ein Ende hat. Dass endlich nicht nur eine kleine Minderheit ein gutes Leben führt und die überwältigende Mehrheit darunter leiden muss.
Ich sehne mich danach, mich befreien zu können von der Gier und von dem Gefühl, zu kurz zu kommen. Ich möchte das Glück spüren, unverfälscht und immer öfter.
Fromme Wünsche? Ja. Und das ist gut so. Denn sie verbinden mich mit unzähligen Menschen rund um die Erde. Und sie verbinden mich mit Gott.
Willst du das Beten nicht unterbrechen, so unterbrich die Sehnsucht nicht. Denn die Sehnsucht ist dein ununterbrochenes Gebet.
- sagt Augustinus.
Manchmal denke ich, mit Gott ist es so wie mit dem, was man über das Glück auch gemeinhin sagt: Man muss es ein wenig kitzeln. Die Möglichkeiten aus dem Leben herauskitzeln. Gott hat den Menschen mit Kreativität und Schöpfersinn ausgestattet.
Die Bibel erzählt von kleinen Samenkörnern, aus denen riesige Bäume wachsen, von Stummen, die plötzlich wieder reden können, von Lahmen, die auf einmal wieder gehen können, von Menschen, die eben noch einen Stein werfen wollten und ihn nun in den Sand fallen lassen.
Diese Geschichten weiterzuerzählen heißt, die engen Grenzen in den Köpfen zu überwinden, die Sachzwänge zu lösen und den Horizont zu weiten, auf Gott hin, auf seine Macht, seine Gnade und seine Liebe hin.
Willst du das Beten nicht unterbrechen, so unterbrich die Sehnsucht nicht. Denn die Sehnsucht ist dein ununterbrochenes Gebet.