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Vor einigen Monaten werde ich für einen Artikel angefragt. Ich soll schreiben, woran ich erkenne, dass Gott mir in meinem Leben treu ist.
Gott mir treu? Eine überraschende Frage. Das ist eigentlich die zweite Frage vor der ersten gestellt. Denn in meinem Umfeld geht es, wenn überhaupt, um die Frage, ob Gott überhaupt existiert.
Die Frage beantworte ich trotz Momenten der Anfechtung mit Ja. Also weiter: Ist Gott mir treu? Nicht nur der Menschheit und der Schöpfung, sondern auch mir persönlich. Fast frech, so etwas Persönliches zu fragen.
Aber Glauben oder Nicht-Glauben ist ja auch etwas sehr Persönliches. Denn wenn ich mit anderen über Gott rede, sprechen wir auch immer über uns selbst und unsere Erfahrungen. Genauer gesagt: Über unsere Bindungserfahrungen. Darum geht es für mich beim Glauben, dass ich verbinden kann, was scheinbar sinnlos nebeneinander und durcheinander fliegt in mir und um mich herum. Und dass es Verbindung gibt, die bleibt. In Verbindung klingt für mich Verband an und Heilung. So wie damals:
Ich bin Theologiestudentin und stehe im Wald. Ich gehe nicht mehr in die Uni, sondern spazieren. Ich habe einen Kloß im Hals, kann nicht mehr schlucken. „Es scheint nichts Körperliches zu sein“, sagt meine Ärztin. „Haben Sie Stress?“ „Ja, die Uni“, antworte ich. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Ich weiß gerade nicht mehr, wofür ich das alles mache. Alles fühlt sich schmerzlich und verkehrt an. Stundenlang laufe ich durch die Gegend, manchmal in Begleitung, oft aber auch allein.
In einem Psalm steht: Gott, „dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich an deiner Hand.“ (Psalm 73) Dieser Satz taucht in mir auf und läuft ab da mit mir mit. Schlecht geht es mir trotzdem. Verbiestert stampfe ich durchs Unterholz.
„Dennoch bleibe ich stets an dir…“ Ich bekomme tatsächlich irgendwann einen Blick für das „Dennoch“ um mich herum. Die Blätter der Bäume sind wie ein Dach. Und wer sich stundenlang bewegt, kann wenigstens schlafen am Abend. Der Waldboden federt, irgendwo wächst Bärlauch. Vermutlich werde ich auch jetzt versorgt. Einen Augenblick ist es zumindest leichter. Dennoch. Obwohl sonst alles so schwierig ist.
Der „Dennoch“-Gedanke ist tröstlich. Daran halte ich mich fest, dass dennoch Gott immer noch der- oder dieselbe ist. Obwohl ich mir selbst fremd geworden bin. „Dennoch-Gott“ bleibt auch später ein stimmiger Gottesname für mich.
Oft ist die Beziehung zu Gott wie eine Leerstelle, eine Ahnung. Die aber ist mir heilig. Das wird mir klar: Verbinden hat zwei Seiten. Es geht nicht nur darum, dass Gott mich begleitet. Es hat auch einen eigenen Wert, dass ich ebenso an Gott dranbleibe, mich zugehörig fühle, mich immer wieder innerlich verbinde.
In der Bibel wird oft über den „Bund“ gesprochen. Die Verbindung zwischen Gott und seinem Volk. Es ist kein Bund im Sinne von „wie du mir, so ich dir“. Wenn Gottes Beziehungskonzept so eine Art Kuhhandel wäre, wären Gott und ich schon geschiedene Leute. Gottes Bund in der Bibel meint eine innige, feste Verbindung. Die steht von seiner Seite, fest, sicher, standhaft. Von meiner Seite her würde ich die Beziehung immer mit „dennoch“ beschreiben. Sie bleibt „trotz alledem“.
Als eine Verbindung, auf die ich vertrauen kann, an der ich mich festmachen kann. Damals als ich im Wald stand, da hat sich meine Verbindung zu Gott auf jeden Fall als standfest erwiesen.
Das Geheimnis dieser Verbindung ist, glaube ich, tatsächlich dieses „Dennoch“. „Dennoch“ ist gnädig und weltoffen. Es lässt Platz für meine Zweifel, für alles, was ich nicht oder noch nicht zusammenbekomme. Gleichzeitig steckt ein „Ja“ darin und eine Sehnsucht: „Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich an deiner rechten Hand. (…) Du bist doch, Gott, meines Herzens Trost und mein Teil.“
Es gilt das gesprochene Wort.