Die Bibel hat Recht

Wort zum Tage
Die Bibel hat Recht
13.02.2017 - 06:23
13.02.2017
Evamaria Bohle

Gesetzt den Fall, die Bibel hätte Recht. Nicht auf die simple Art: „Gott-hat-die Welt-in-sechs-Tagen-geschaffen“. Sondern, sie hätte Recht, die Bibel, in der Art, wie Zugvögel ihren Weg seit Jahrtausenden finden. Gleichgültig, ob unter ihnen gerade ein Dreißigjähriger Krieg tobt, oder ob ein siebzigjähriger Mann Amerika wieder großartig machen will. Zugvögel finden ihren Weg zur richtigen Zeit.

 

Nur mal angenommen, die Bibel habe Recht. Nicht auf die Art „Das Weib schweige in der Gemeinde“. Sondern sie habe Recht auf die Art, wie sich zwei Menschen ineinander verlieben. Hals über Kopf. Oder behutsam. Schritt für Schritt. Staunend. Scheu. Entzückt und furchtsam zugleich. Ein Wunder, das in den Alltag strahlt.

 

Nehmen wir an, die Bibel hat Recht in der Art, wie eine Tür, die sich öffnet, und durch die wir dann gelassen ins Freie treten. Gemeinsam. Ohne Furcht, was uns draußen erwartet. Sie hat auf eine Art Recht, die Bibel, in der ihre lebendigen, mitunter beunruhigenden, auch verstörenden Geschichten und Worte nicht zu dogmatischen Sätzen erstarren; sondern so, dass sie lebendig, beunruhigend und mitunter verstörend bleiben dürfen. Sätze wie: „Und Jesus sprach zu dem Meer: Schweig und verstumme!“ Oder: „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.“ Oder auch: „Fürchtet euch nicht!“ Oder: „Liebe deine Feinde.“ Und nicht zu vergessen: „Er ist auferstanden.“ Beunruhigende Worte, Sätze, Geschichten, die eine eigene Macht entfalten können.

 

Nur mal angenommen, die Bibel hätte Recht auf ihre ganz eigene Weise. Wie Zugvögel, wie Verliebte, wie eine Tür. Oder wie ein Gedicht. Ein Streichquartett. Ein Waldspaziergang oder ein Glas Bier im Sommer. Wie eine Stunde Gartenarbeit im Frühjahr, ein schaukelndes Kind oder ein summender Mann in der U-Bahn. Gesetzt den Fall, die Bibel hat Recht – und Gott ist ein Liebhaber des Lebens. Würde das den Montagmorgen verändern? – Wahrscheinlich. Jedenfalls wenn ich mir für solche Gedanken Zeit nehme, ab und zu. Wie ein Stück Sommerferien. Mitten im Februar.

13.02.2017
Evamaria Bohle