Das Wort zum Sonntag: "Berührbar bleiben bei den Nachrichten"

Das Wort zum Sonntag: "Berührbar bleiben bei den Nachrichten"
Pastoralreferentin Verena M. Kitz
20.08.2011 - 22:10

"Ich würde gerade am liebsten überhaupt keine Nachrichten mehr sehen", hat dieser Tage eine Kollegin zu mir gesagt. Wir haben uns erinnert, was da alles passiert ist in der letzten Zeit: die Hungersnot in Somalia, die Gewalt in Syrien und Libyen, das furchtbare Attentat in Norwegen, die Krawalle in England, und auf eine ganz andere Art erschreckend: die Turbulenzen an den Börsen durch die Schuldenkrise.

Ein Schrecken nach dem anderen – ich hatte auch das Gefühl, ich komme überhaupt nicht mehr nach. Natürlich hab ich Nachrichten geguckt, Zeitung gelesen. Aber dass da Menschen bedroht sind, ja sterben, das ist irgendwann überhaupt nicht mehr an mich herangekommen. Im Gegenteil – manchmal hab ich gedacht: Oh, lasst mich in Ruhe mit dem ganzen Elend, ich kann ja nicht doch nichts machen

Als ich das gemerkt habe, bin ich ganz schön erschrocken. Ich bin damit, ohne es zu wollen, zur reinen Zuschauerin bei diesen Katastrophen geworden – so wie Leute, die nach einem Unfall aus sicherer Distanz einfach nur zugucken. Ich weiß: Ich kann mich nicht von jeder schlechten Nachricht völlig aus der Bahn werfen lassen. Und an den allermeisten Missständen und Katastrophen kann ich tatsächlich nichts ändern. Aber es ist eben nicht egal, in welcher Haltung ich solche Nachrichten sehe: Bleib ich unbeteiligte Zuschauerin, weil ich denke, ich kann ja sowieso nichts machen? Oder lass ich mich berühren von dem, was ich sehe? Schaue hin als Mitmensch, als Beteiligte, die irgendwie was zu tun hat mit dem, was sie sieht?

Mir ist klar geworden: Ich will als Mitmensch hinschauen. Ich will nicht abstumpfen, mich gewöhnen an Meldungen wie: Alle 5 Sekunden verhungert ein Kind! Eigentlich kann das niemand aushalten. Aber wenn ich mich dieser Realität irgendwie stellen will, dann brauche ich einen Rückhalt, Boden unter den Füßen, der mich trägt.

Gott sei Dank hab ich ja so einen Rückhalt: Wir leben hier in Sicherheit. Ich habe eine Familie, auf die ich mich verlassen kann, da sind Freunde, mit denen ich reden kann. Und ich glaube, dass Gott da ist. Auch wenn ich nicht verstehe, wie das alles zusammengeht: Ich kann da meine Fragen und meine Bitten loswerden. Und damit bin ich nicht allein. Wenn ich auch längst aus dem Alter raus bin für solche Großereignisse: Ich finde ermutigend, dass fast eine halbe Million junger Leute aus der ganzen Welt nach Madrid gefahren ist, zum Weltjugendtag, auch wenn es leider auch da nicht nur friedlich zugeht. Da sind viele junge Leute, die sich nicht einfach abfinden mit der Welt, wie sie ist. Die in Gott einen Rückhalt suchen, um was zu verändern.

Das will ich auch. Und wenn ich diesen Rückhalt spüre, kann ich das, was Tag für Tag in der Welt passiert, eher an mich heranlassen. Ich sehe die Nachrichten dann nicht nur als Zuschauerin, sondern mehr als Mitmensch, als Beteiligte! Ich frag ich mich: Gibt es nicht doch was, was ich tun kann für die Menschen in Not? Dann fülle ich wenigstens die Spendenüberweisung aus, die schon so lange da liegt. Wir reden in der Familie über diese Katastrophen. Wir überlegen, was wir in unserem Alltag ändern können: Energie sparen, sorgsam mit Essen umgehen. Beten für die Menschen, die da leiden und sterben.

Das will ich immer wieder versuchen: Ich will Anteil nehmen an dem, was in der Welt geschieht: Nicht als Zuschauerin. sondern als Mitmensch, als Beteiligte. Und ich glaube: Wenn das viele tun, dann hören wir neben vielen schlechten Nachrichten immer wieder auch gute Nachrichten. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

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