Jung, reich und nicht zufrieden
Ein junger, reicher Mann kommt zu Jesus mit der Frage: „Was muss ich tun, damit ich das ewige Leben bekomme?“ - „Halte die zehn Gebote“, sagt Jesus. “Das tue ich“, entgegnet der Mann, „aber das reicht mir noch nicht.“ Jesus schaut ihn an und gewinnt ihn lieb und sagt: „Eins fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, gib es den Armen und folge mir nach.“ Der junge Mann geht traurig davon. Jesus schaut ihm nach und sagt seinen berühmt gewordenen Satz von dem Kamel und dem Nadelöhr.
Geht es nach dieser Geschichte, haben die Reichen keine Chance auf das ewige, erfüllte Leben.
Lassen wir den Reichen Jüngling selbst zu Wort kommen. Ein Wirtschafts-Journalist wurde losgeschickt.
Blick zurück
Reporter Sie sind als der Reiche Jüngling bekannt. Inzwischen sind Sie alt geworden.
Reicher: Hmh.
Reporter: Fanden Sie das nicht ungerecht, dass Jesus Sie damals fort schickte, nur weil Sie reich waren?
Reicher: Na ja, streng genommen bin ich ja selbst weg gegangen. Aber Sie haben recht. Fair fand ich das nicht. Ich wollte ja alles richtig machen in meinem Leben.
Reporter: Wie meinen Sie das?
Reicher: Ich suchte den Sinn des Lebens. Schon als Kind nahm mich mein Vater mit in die Synagoge und erzählte mir von Gott.
Reporter: Ihr Vater war damals schon sehr reich.
Reicher: Allerdings. Er war ins Olivengeschäft eingestiegen und hatte Glück und Verstand. Später kam die Handelsniederlassung am Mittelmeer dazu. Als er starb, erbte ich alles.
Reporter: Und sie behielten Ihre religiöse Ader?
Reicher: Ich wollte mich nicht mit der Oberfläche zufrieden geben, mit schickem Haus, Geld und Partys. Sie verstehen schon. Ich suchte etwas, das meine Seele erfüllt. Und als der Rabbi aus Nazareth in die Stadt kam, sorgte ich dafür, dass ich ihn traf.
Reporter: Und dann stellte er Sie vor die Wahl!
Reicher: Tja. Wie könnte ich den Satz vergessen: „Verkaufe alles, was du hast und gib`s den Armen und folge mir nach.“ Ich sollte alles los lassen, verstehen Sie?
Reporter: Der Preis war Ihnen zu hoch. Das verstehe ich.
Reicher: Als ob Geld-Besitzen etwas Schlimmes ist. In der Bibel selbst werden Menschen mit ihrem Reichtum gesegnet. Abraham hatte riesige Viehweiden. Jesus und seine Jünger brauchten doch selber täglich Geld. Sie hatten ihre Gönner und Unterstützer. Und später in der Urkirche hier in Jerusalem: Oft ging es doch um das liebe Geld. Paulus schrieb erst vor ein paar Jahren zum zweiten Mal an die Korinther, sie sollten ihre Kollekten für die Jerusalemer Urgemeinde endlich mal auf den Weg schicken.
Reporter: Sie fanden das inkonsequent, dass Jesus die Armut zur Bedingung für die Nachfolge machte?
Reicher: Nicht nur ich. Auch seine Jünger, wie ich später erfuhr. Die waren alle völlig aufgelöst und entsetzt. Und dann legte Jesus diesen berühmten Satz nach mit dem Kamel und dem Nadelöhr.
Reporter: Kein Wunder, dass Sie verärgert waren.
Reicher: Vor allem war ich traurig. Aber wissen Sie, die Trauer hat in mir etwas ausgelöst.
Reporter: Was?
Reicher: Den Widerstand gegen die Vorstellung, dass man nun mal nichts machen kann. Was Jesus mir sagte, war: „Es ist völlig unmöglich, dass du ins Reich Gottes kommst. Keine Chance!“ Aber irgendwann dachte ich mir: Von wegen! Es muss möglich sein! Auch für einen mit Geld. Dieser Gedanke gab mir Kraft.
Reporter: Kraft? Wozu?
Reicher: Es trotzdem zu versuchen mit dem erfüllten, tieferen Leben. Und, was soll ich sagen, ich verfolgte, was mit Jesus passierte. Ich folgte ihm aus der Ferne nach so zu sagen, verlor ihn nicht aus den Augen. Und hielt mich später hier zur christlichen Gemeinde.
Reporter: Sie sind als Spender und Mäzen bekannt.
Reicher: Ich helfe, wo ich gebraucht werde, ja.
Reporter: Und wie sehen Sie das heute mit dem Kamel und dem Nadelöhr?
Reicher: Ich bin kein Kamel und ich will auch nicht durch ein Nadelöhr. Ich habe Jesus so verstanden, dass es nicht um eine bestimmte Summe an Geld oder Besitz geht, die echten Reichtum aus macht, sondern um eine Haltung.
Reporter: Um welche Haltung geht es?
Reicher: Andere Menschen zu sehen ohne Vorurteil. Mich hat er angesehen. Da war etwas in seinen Augen: Sympathie. Auch wenn sich unsere Wege dann trennten.
Reporter: Jesus verurteilte sie nicht.
Reicher: Nein. Später sagte er übrigens diesen anderen Satz: „Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt.“
Reporter: Sie haben an sich selbst geglaubt?
Reicher: Jein... Ich habe zuerst an Gott geglaubt.
Reporter: Eine Frage zum Schluss: Haben Sie den Weg zum ewigen Leben gefunden?
Reicher: Sie stellen Fragen. Ich schaue gelassen auf mein Lebensende, wenn Sie das meinen. Ob ich das ewige Leben bekomme und wie es weiter geht, wer weiß. Aber ich glaube: Gott sieht mich an voller Liebe. Sie übrigens auch.