Spurensuche
Trauer ist Liebe
28.08.2021 10:00

Überraschte Freunde

Eines Tages kommen die beiden Jünger Philippus und Andreas aufgeregt zu Jesus. Sie haben fremde Pilger im Schlepptau, die sie ihm vorstellen wollen. Da sagt ihnen ihr Freund auf den Kopf, dass er sterben wird. Die Nachricht kommt unerwartet. Aber wann kann man sich schon auf solche herben Nachrichten und auf die Trauer vorbereiten? Den beiden Freunden verschlägt es die Sprache.

Der Tod ist menschlich und gehört zum Leben dazu. So weit, so gut. Aber wie soll es weiter gehen, wenn der Sohn, die Tochter, nicht wiederkommt. Wenn die Frau oder der Mann fort ist. Wenn Mutter oder Vater gegangen sind.

Eine beschriftete alle Schrankfächer.

Einer war ein Ass im Tennis.

Eine war die perfekte Gastgeberin.

Einer konnte für die Bütt Reime schreiben und brachte die ganze Halle zum Lachen.

Eine wusste alles über Schafe und Feldarbeit.

Einer fuhr LKW mit Leib und Seele.

Einer hatte Spaß am Schwimmen, immer und überall.

Eine sprengte alle Schubladen.

Einer war Pfleger in der Psychiatrie, und es war genau das, was er sein wollte.

Einer lernte seine Frau kennen über den CB-Funk.

Eine war klein und still - und der Mittelpunkt ihrer Familie.

Einer liebte es zu diskutieren.

Einer baute Kirmes-Wagen.

Eine fuhr mit dem Mofa in die Stadt und machte heimlich den Führerschein.

Einer war Atheist - und blieb es vielleicht gar nicht.

Einer lebte im Campingwagen und wollte an den Atlantik.

Eine hatte „niemand mehr“ - und dann doch.

 

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fält…“

In der Trauer spüren wir Leere und Schmerz. Aber: Trauer ist auch Liebe, wie der Bestatter und Autor Fritz Roth sagte. Er musste es wissen, nicht nur, weil er in jungen Jahren einmal Ordensmönch gewesen war. Fritz Roth war einer der ersten Bestatter in Deutschland, der in seinem Beerdigungsinstitut nicht nur die geschäftliche Seite sah, sondern vor allem die Bedürfnisse der Angehörigen. Er ließ den Familien viel Zeit und Raum für ihre Trauer. Trauer ist Liebe. Eine Liebe vielleicht, von der wir nicht wussten, dass sie noch so lebendig ist.

Jesus versucht, die beiden Jünger zu trösten. Er sagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ Verstanden haben sie dieses Wort erst viel später.
 

Der Vergleichspunkt ist nicht das Sterben, sondern das Neuwerden. Der Same liegt in der obstersten Bodenschicht verborgen, saugt sich voll Wasser und quillt auf. Der Keimling durchbricht die Schale und wächst dem Licht entgegen. Schließlich trägt der Halm eine Ähre mit neuen Körnern, 50 an der Zahl.

So ist das mit der Auferstehung: Gott verwandelt uns nach dem Sterben.

Und er verwandelt uns mitten im Leben. Könnten wir es selber steuern und entscheiden, dann würden wir Krisen vermeiden, Zeiten von Krankheit, Konflikten oder Trauer. Aber Gott schenkt uns - in der Sprache der Bibel - die Auferstehung. Bei Gott ist neues Leben möglich. Gott ist so allmächtig, dass er oder sie aus Leid und Not Gutes und Neues entstehen lassen kann. Gott ist so stark, dass er oder sie aus Schmerz und Zweifel ein anderes Glück wachsen lassen kann.

Wir bleiben nicht im Schatten des Todes. Gott wird uns und unsere Lieben aus dem Dunkel herausrufen und ins Licht holen. Wie es sein wird? Auf jeden Fall verblüffend. Überraschend. Anders. Herrlich.

Jesus nimmt seinen Mund sehr voll, wenn er sagt: Der Menschensohn wird sterben und  verherrlicht werden. Eine Freundin sagte mir einmal: „Ich hab überhaupt keine Angst vorm Sterben. Da kommt doch noch die Hauptsache hinterher!“

Wer weiß? Der Tod ist nicht das Ende. Gott ist das Ende. Und bei ihm ist das Leben.