Morgenandacht
Buß- und Bettag
18.11.2015 05:35

So vieles müsste anders werden. Warum ändert sich nichts? Ich frage mich das, wenn ich auf die Verhältnisse in unserem Land schaue. Ich frage mich das manchmal auch, wenn ich auf mein privates Leben schaue.

 

Es ändert sich nichts, weil ich nicht bereit bin, mich zu ändern. Und die anderen auch nicht. Denn: Wenn ich mich ändere oder mein Verhalten, dann würde ich damit ja zugeben, dass ich verantwortlich dafür bin, wie es gekommen ist. Und wie es eigentlich nicht bleiben kann. Wenn ich mich ändere, gebe ich zu, dass ich Schuld habe. Wo einer sich ändert, haben die anderen einen Schuldigen gefunden. Auf den zeigen  sie dann mit Fingern oder tuscheln hinter vorgehaltener Hand: Schaut mal die – Jetzt auf einmal hat sie es sich anders überlegt. Das hätten wir ihr gleich sagen können, dass das so nicht weiter geht. Das hat sie nun davon. Es ist schwer zu ertragen, wenn die anderen so reden. Also darf man es nicht zugeben. Nur keine Schwäche zeigen und schon gar nicht, dass ich mich geirrt habe und auf dem falschen Weg war. Jeder versucht, dem anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben und seinen eigenen Teil zu vertuschen. Das geht im privaten Bereich so und oft auch im öffentlichen Leben, in der Politik, in der Wirtschaft. Allerdings: so wird sich nichts ändern. Alles wird beim Alten bleiben. Dabei kann es doch eigentlich nicht so bleiben, wie es ist.

 

Das ist ein merkwürdiger Kreislauf. Menschen sind gewissermaßen dazu verdammt, Recht zu haben. Aber wenn jeder immer Recht behalten muss – dann ändert sich nichts.

 

Heute ist Buß- und Bettag. In den Gottesdiensten, meistens abends, erinnern sich evangelische Christen: Gott hofft, dass wir uns ändern. Umkehren, weil uns manche Verhältnisse einfach nicht gut tun. Ich muss nicht immer weiter auf dem falschen Weg gehen. Entschlossen umkehren, egal, was die anderen denken. Eine neue Richtung einschlagen, auch wenn es weh tut, dass ich mich geirrt habe. Einen Schlussstrich setzen unter den ewigen Streit. Auch, wenn ich zugeben muss: Ich habe mich da verrannt. Entschuldige bitte. Lass uns zusammen einen besseren Weg suchen. Manche Beziehungen machen mich kaputt und den anderen auch. Dann wird es Zeit, etwas zu ändern.

 

Dass ich umkehre, wäre nötig. Und fällt mir doch so schwer. Aber Gott weiß, wie schwer es mir fällt, umzukehren. Deshalb steht in der Bibel: Gottes Güte leitet zur Umkehr. Wie das ist, hat Jesus vom verlorenen Sohn erzählt. Der kann umkehren, weil er nicht Angst haben muss, blamiert und bloßgestellt zu werden. Gott demütigt einen nicht, straft einen nicht ab, stellt einen nicht bloß. Er erlaubt es einem, ohne Vorhaltungen neu anzufangen. Und weil es manchmal fast unmöglich ist, in den alten Verhältnissen neu anzufangen, schenkt Gott selbst einem neue Verhältnisse, unbelastet von den Zwängen und Schuldgefühlen der Vergangenheit.

 

Der Buß- und Bettag will erinnern: Gott ermöglicht mir umzukehren, weil ich nicht länger das eigene verkehrte Tun rechtfertigen bzw. verheimlichen muss. Dass etwas schief geht und dass man Fehler macht ist keine Schande. Es ist zutiefst menschlich. Schlimm wird es erst, wenn ich aus Angst oder aus Scham an den falschen Verhältnissen und an meinem falschen Verhalten festhalte. Gott will mir helfen, das los zu lassen, was nicht so bleiben kann, wie es ist. Gott sei Dank.

 

Ich glaube, wir können es einander leichter machen, umzukehren und neu anzufangen. Wer darauf verzichten kann, das letzte Wort zu haben. Wer darauf verzichten kann, zu sagen: Hättest Du mal gleich auf mich gehört. Wer darauf verzichten kann, dass der andere sich wortreich und demütig entschuldigt – der macht es dem anderen leichter. Wer einen ersten Schritt tun kann, obwohl eigentlich der andere damit dran wäre, wer freundlich sein kann anstatt vorwurfsvoll und bissig – der hält dem anderen gewissermaßen die Tür auf. Wichtig ist doch nicht, dass der oder die andere schuldbewusst Erklärungen sucht. Wichtig ist, dass es anders wird. Besser. Leichter.

 

Probieren Sie es! Ich wünsche Ihnen Gottes Segen dazu.