Gemeinfrei via unsplash / Sijmen van Hooff
Das Schwinden der Hoffnung und die Macht des Glaubens
06.05.2023 10:00

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Diese Redewendung wird oft gebraucht, wenn es in Wirklichkeit gar nichts mehr zu hoffen gibt. An einem Krankenbett, bei einem Karriereknick oder wo sonst dem Menschen Schweres droht, hilft dieser Spruch dennoch, dem Leidenden Trost zu spenden oder einen Ausweg aus der Misere zu eröffnen. Auch im Krieg Russlands gegen die Ukraine wird die Hoffnung auf Sieg bei jedem der beiden Kriegsbeteiligten bis zum letzten Gewehrschuss lebendig bleiben. Wenn aber am Ende die Hoffnung stirbt, bleibt nur der Blick in den Abgrund des nunmehr Unausweichlichen.

Die Hoffnung stirbt zuerst
Doch es gibt es auch Situationen, in denen die Hoffnung zuerst stirbt. Das behauptet jedenfalls die Kinderbuchautorin Kirsten Boie in ihrem Buch „Der Hoffnungsvogel“. Der Hoffnungsvogel singt für jeden, der ein Unglück erlebt oder sonst Trost und Hilfe braucht. Er hat für jede Traurigkeit das richtige Lied, sei es ein fröhliches oder ein getragenes. Wenn es in den Ohren desjenigen erklingt, der den Hoffnungsvogel braucht, ist er getröstet. So weit, so gut. Doch eines Tages verschwindet der Hoffnungsvogel. Ganz unerwartet und scheinbar ohne Grund. Und mit ihm verschwindet jede Hoffnung. In dieser hoffnungslosen Lage werden die Menschen ruppig und böse miteinander. Jede Tätigkeit wird bleischwer, jede Auseinandersetzung wird zum Prüfstein, wer die Macht hat und wer sie über wen ausübt. Grau und gefährlich wird der Alltag, die Leute werden lüstern nach Streit und Krieg.

Hilfe bleibt aus
Dies scheint mir eine weithin zutreffende Diagnose unseres gesellschaftlichen Lebens zu sein, sei es im Westen oder Osten. Allzu viele, so scheint mir, sind nur noch ihres eigenen Glückes Schmied; ob andere Menschen auch am Glück teilhaben, ist unwichtig. Wo Menschen in Not geraten, schaut man weg oder schaut zu. Und wer selbst in Not gerät, weiß oft nicht, woher Hilfe kommen soll. Es gibt offenkundig kein umfassendes Sinngefüge mehr, auf das sich viele Menschen einlassen könnten. „Wenn ich nach etwas suche, das meinem Leben im Getriebe der Welt einen Sinn geben soll, dann muss es eine Macht sein, die über dieser Welt steht“, sagt der Schriftsteller Manfred Hausmann. Ohne diese Macht ist das Leben hoffnungslos dem Tode geweiht.

Am Ende bleibt die Verzweiflung, die sich aus der trostlosen Wirklichkeit des menschlichen Lebens speist. Deshalb suchen viele Menschen ihren Sinn bei sich selbst. Ohne den Glauben kann dieser Sinn nur im diesseitigen Leben bestehen. Man muss sich seinen Sinn selbst erschaffen in den Vergnügungen und Verlockungen dieser Welt. Dazu aber hat man nicht ewig Zeit. Die Jahre, die dem Menschen bleiben, reichen nicht aus, um alles Erstrebenswerte zu erreichen. Es bleibt immer ein schmerzhafter Rest. Deshalb muss man hineinstopfen in die Jahre, die man zu leben hat, was nur irgendwie möglich ist. Darüber hinaus gibt es dann ja nichts mehr.

Grundrauschen
Ohne den Glauben gibt es mithin keine Hoffnung. Er ist die Voraussetzung für ein Leben, das noch im Tode der Sinnlosigkeit der Welt trotzt. Dieser Glaube ist das Grundrauschen der Hoffnung. Der Apostel Paulus schreibt in seinem ersten Korintherbrief: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ Diese drei müssen stets fest miteinander verbunden sein – als Sinngefüge und als Kraftquelle. Ohne Glauben gibt es keine Hoffnung; und ohne Hoffnung steht die größte Liebe auf tönernen Füßen. Die Hoffnung ist der Mittelunkt des Lebens unter dem Horizont dessen, der die Hoffnungslosigkeit schon lange überwunden hat, unter der Zuwendung und der Gnade Jesu Christi.