Guten Abend.
"Du strahlst ja so!" Nadine kann wieder lachen. Die junge Frau lernt während ihres Studiums ihren Mann kennen. Sie heiraten, beziehen eine gemeinsame Wohnung, bekommen ein Kind. Dann beginnen die Probleme. Ihr Mann nimmt Drogen. Kriegt sich nicht mehr in den Griff. Er schlägt sie. Sie flüchtet mit ihrem Kind in eine Schutzeinrichtung für Frauen. Die eigene Wohnung scheint verloren. Aber Nadine will i h r e Wohnung zurück, ihr Zuhause. Eine Wohnung zu haben ist schließlich ein Menschenrecht.
Sie stellt diesen "Antrag auf Zuweisung der gemeinsamen Wohnung". Wartet Monate lang, dann die Enttäuschung: Das Verfahren wird eingestellt. Aufgeben? Nein. Die junge Mutter kämpft weiter. Auch, weil ihr die Eltern und Geschwister, Sozialarbeiterinnen und Frauen, denen es genauso geht, zur Seite stehen. Also: neuer Antrag, neue Gerichtsverhandlung. Diesmal spricht der Richter ihr die Wohnung zu. Nadine kann wieder strahlen.
Morgen ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Vor 75 Jahren haben die Vereinten Nationen unter dem Eindruck der bestialischen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Sie erhielt weltweite Zustimmung ... und dennoch werden die Menschenrechte immer wieder mit Füßen getreten. Weltweit. Und dennoch setzen sich Frauen und Männer weiter für die Menschenrechte ein. Weltweit. Und trotz Verfolgung.
Ich denke an die iranische Frauenrechtlerin Yasaman Aryani. Ich denke an den Menschenrechtler aus Guatemala, Bernardo Caal Xol. Beide waren lange Jahre in Haft. Dank internationaler Unterstützung kamen beide frei. Ganze Schulklassen haben Hunderte von Briefen an politisch Verantwortliche geschrieben, um ihre Freilassung zu erwirken. Auch mit Papier und Stiften können Hoffnungsgeschichten geschrieben werden.
Wir dürfen dankbar sein, dass es so viele Menschenrechtsgruppen gibt. Und dass sie trotz allem Schmerz, aller Rückschläge, immer wieder auch Erfolgsgeschichten erzählen können.
Um Menschenrechte durchzusetzen, sind auch Instanzen erforderlich. Aktuell zum Beispiel der Internationale Strafgerichtshof, der in der Ukraine, in Israel und Gaza ermittelt. Und es braucht uns alle, wenn es um die Rechte von Menschen geht. Das Schicksal von Nadine, Yasaman, Bernardo und vieler anderer zeigt: Jedes stärkende Wort, jedes zur Seite stehen bedeutet: Es ist mir nicht egal, was mit Dir passiert.
Für die Überzeugung, dass der Einsatz für Menschenrechte notwendig ist, brauche ich keinen Gott. Für die praktische Umsetzung dieser Erkenntnis aber schon. Da hilft mir mein Glaube an den adventlichen, den Mensch gewordenen Gott. Er bewahrt mich vor der Versuchung zu resignieren.
Und am Ende aller Tage werden wir vom Gott der Bibel gefragt, was wir für die Rechte anderer getan haben, für die Gefangenen, für die Fremden, für Hungernde, für Wohnungslose.
Ich finde, der Tag der Menschenrechte und der Zweite Advent passen richtig gut zusammen. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.
Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB)
Redaktion: Ulrike Bieritz
Katholischer Rundfunkbeauftragter für den RBB
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