Samstags ab 17 Uhr können Sie an dieser Stelle den Sendetext lesen.
Guten Abend.
Wenn ich mich abends ins Bett lege und meinen Wecker stelle, überschlage ich oft schon, in wie vielen Stunden er wieder klingelt. Schlafen – unter Zeitdruck. Eigentlich absurd. Himmlische Ruhe? Eher nicht.
Damit bin ich nicht allein. Viele Menschen in meinem Umfeld und in der Pfarrei erzählen mir, sie können nicht mehr gut abschalten. Alles ist irgendwie zu viel. Sogar im Urlaub.
Neulich habe ich gelesen: Die Deutschen geben fürs Hotelzimmer mit Meerblick 20 Prozent mehr aus. Wir kaufen uns also buchstäblich den Horizont. Die Hoffnung, dass das Panorama irgendetwas in uns heilt, was im Alltag bröckelt.
Und dann? Stellt sich die ersehnte Ruhe trotz des schönsten Sonnenuntergangs oft nicht ein. Die Gedanken kreisen ums E-Mail-Postfach oder die To-Dos, die zu Hause warten.
Der Tapetenwechsel allein reicht also nicht. Egal ob Malediven oder die Müritz: uns selbst, unsere Gedanken und Sorgen, haben wir im Gepäck wie die Zahnbürste.
Was tun, wenn sich unsere Seele verfangen hat in einem unsichtbaren Netz aus Erwartungen, Leistungsdruck und ständiger Erreichbarkeit und nicht mehr baumeln kann?
Mir kommt ein altes Gedicht von Angelus Silesius in den Sinn. Da heißt es: "Halt an, wo laufst du hin, der Himmel ist in dir. Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für."
Klingt ziemlich alt und fromm. Ist es auch. Ist aber was Wahres dran.
Denn was sagt er da eigentlich?
Dass die Ruhe nicht am Strand wartet. Sondern hier. Jetzt. In dir.
Auch Jesus wusste das. Er war selbst ständig unterwegs, umringt von Menschen und ihren Anliegen, immer viel beschäftigt – aber im Gegensatz zu uns nicht gehetzt!
Er sagt: "Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid – ich will euch Ruhe verschaffen."
Und helfen solche Weisheiten? Sie sind immerhin ein Angebot – Oder eine Erinnerung. Daran, dass wir nicht auch noch unsere Erholung und Ruhe "schaffen" müssen. Sondern, dass wir eher zu ihr zurückkehren dürfen, wie es in einem Psalm heißt: "Kehr um, meine Seele, zu deiner Ruhe."
Die Unruhe kommt ja oft aus dem Anspruch, ständig zu performen und der Angst vor Bewertung. Jesus aber gibt uns keine Noten. Er gibt Nähe. Eine Nähe die sagt: Du bist gut. Du bist genug. Hier kannst du einfach sein.
Genau diese Erfahrung, angenommen zu sein, ohne etwas leisten zu müssen, kann eine Quelle echter Ruhe sein. Sie ist der Zustand, in dem sich unsere Seele aus diesem Netz der Verstrickungen lösen kann und sich – in der Stille – an das Unverlierbare hängt.
Innere Ruhe ist kein Luxusgut. Sie kostet keine 20 Prozent Aufschlag. Sie ist das bewusste Hinwenden zu dem, was bleibt, wenn alles andere verstummt.
Probieren Sie's aus: Setzen Sie sich zur Ruhe – im wahrsten Sinne des Wortes. Setzen Sie sich zu Ihrer Ruhe dazu. Vielleicht hat sie Ihnen ja was zu erzählen…
Ich wünsche Ihnen eine ruhige Nacht.
Johannes Rogge
Senderbeauftragter für Das Wort zum Sonntag für den rbb
Erzbischöfliches Ordinariat Berlin
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