"Das Gleichnis erzählt davon, was es heißt, nicht nur vom Glauben zu reden, sondern die Worte auch zur Tat werden zu lassen", so Dekan Walter Jungbauer in seiner Predigt. Anja Kämpker, Eva Schleitzer und Caroline Schmuck aus der Gemeinde werden in der Predigt von Beispielen praktizierter Nächstenliebe erzählen: von "Christians for Future", christlicher Seenotrettung für Flüchtlinge und einem Besuchsdienst in einem Pflegeheim.
An der Orgel spielt Jan Smejkal sowie am Flügel und an der Bratsche Susanne und Jens Osterkrüger. Ein Chor aus Mitgliedern der Neuapostolischen Kirche und der alt-katholischen Gemeinde unter Leitung des Musiklehrers Tobias Saalmann wird singen.
Nach dem Gottesdienst können Hörer:innen mit Menschen aus der alt-katholischen Gemeinde sprechen von 11.00 bis 13.00 Uhr unter der Rufnummer 0 40 / 22 60 39 01.
Für den Radiogottesdienst ist die alt-katholische Gemeinde zu Gast in der Evangelisch-Lutherischen St. Martinus-Kirche in Hamburg-Eppendorf. Das Gebäude ist eine sogenannte Notkirche des Architekten Otto Bartning, die nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 gebaut wurde.
1. EG 455, Strophe 1-3 / Eingestimmt 688: Morgenlicht leuchtet
2. Eingestimmt 108: Gloria
3. Eingestimmt 212 /Gotteslob 175.6: Halleluja
4. Eingestimmt 636: In deiner Schöpfung birgt sich dein Gesicht
5. Eingestimmt 240 / Gotteslob 199: Heilig ist Gott in Herrlichkeit
6. Eingestimmt 530 / Gotteslob 459: Selig seid ihr
7. EG 262, Gotteslob 481, Eingestimmt 546, Strophen 1-7: Sonne der Gerechtigkeit
"Eingestimmt" ist das alt-katholische Gesangbuch.
Predigt nachlesen:
I
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, das wir gerade eben als Evangelium gehört haben, ist vielen von uns vertraut. Wir haben es schon oft gehört. Und wir wissen: Jesus stellt in diesem Gleichnis den Samariter als das Vorbild hin, mit dem wir uns identifizieren sollen. Jesus sagt zum Schluss: "Dann geh und handle du genauso!" – wie der Samariter.
Offen gesagt: Die Versuchung ist groß, eher so zu handeln wie der Levit und der Priester. Ich sehe und weiß: Da ist jemand in Not. Da braucht jemand Hilfe. Da müsste ich was tun. Aber es finden sich immer viele Gründe, wegzusehen und daran vorbeizugehen: Es gibt doch sicher andere, die besser helfen können. Ich habe gerade keine Zeit, ich muss wirklich dringend weiter… Ich könnte ja auch gar nicht viel machen. Das Problem ist doch viel größer – da kann ich Einzelner ja nicht viel ändern.
Nicht nur im Leviten und Priester finde ich mich wieder. Im Gleichnis kommen noch andere Personen vor, die uns einen Spiegel vorhalten: die Räuber. Handeln wir nicht häufig genug auch wie die Räuber? Diejenigen, die überfallen?
Gerade im Blick auf Gottes gute Schöpfung komme ich kaum umhin, uns Menschen in diese Kategorie einzuordnen. Einschließlich mich selbst.
Wir gehen oft rücksichtslos mit der Schöpfung um. Wir beuten sie gnadenlos aus. Wir verhalten uns Natur und Umwelt gegenüber räuberisch. Obwohl sie uns nicht gehört.
In unserer Kurzsichtigkeit räumen wir der eigenen Bequemlichkeit, dem individuellen Wohlstand und dem wirtschaftlichen Wachstum Priorität ein. Dabei müssten wir doch mit konsequentem Klima- und Umweltschutz Sorge tragen für unseren blauen Planeten.
Um der Schöpfung willen. Um unserer selbst willen. Für das Lebensrecht der Generationen, die nach uns kommen.
Ich empfinde es deshalb als eine Gnade, dass es Menschen gibt, die sich die Bewahrung der Schöpfung auf die Fahne geschrieben haben. Auch in den Kirchen. Es sind Christinnen und Christen aller Konfessionen.
Eines der Mitglieder unserer alt-katholischen Gemeinde Hamburg, Eva Schleitzer, ist in einer solchen Bewegung aktiv: bei "Christians for Future". Eva Schleitzer stellt uns kurz deren Arbeit vor:
II
Die Christians for Future sind eine Bewegung, die deutschlandweit aktiv ist. Aktuell gibt es 30 Ortsgruppen. Wir glauben: Gott hat uns Menschen die Aufgabe übertragen, unseren Planeten zu schützen und zu bewahren. Deshalb unterstützen wir die Bewegung für Klimagerechtigkeit aus christlicher Perspektive.
Das kann verschieden aussehen: Zum Beispiel sieht man uns auf den Klimademos der Fridays for Future, auf Stadtteilfesten oder auf dem Kirchentag. Wir versuchen aber auch, mit Andachten, Filmabenden und offenen Gesprächsrunden in unsere Kirchengemeinden hineinzuwirken.
Es ist höchste Zeit, dass wir viel mehr tun, um die Schöpfung zu schützen. Wir wollen handeln, und zwar aus einer Grundhaltung der Hoffnung. Wir haben so viel zu gewinnen, wenn wir uns engagieren: Für eine gerechtere Welt, in der alles, was Gott geschaffen hat, erblühen kann.
Dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter geht ein Gespräch voraus. Ein Gesetzeslehrer fragt Jesus: Was muss ich tun, um das ewige Leben zu erlangen? Er und Jesus sind sich schnell einig: Gott lieben und meinen Nächten wie mich selbst. Aber der Gesetzeslehrer fragt weiter: Und wer ist mein Nächster?
Als Antwort erzählt Jesus von dem barmherzigen Samariter: Der Samariter nimmt sich spontan der Not des Nächsten an. Er sieht den, der unter die Räuber gefallen ist, und hat Mitleid. Aber es bleibt nicht beim Mitleid – der Samariter tut etwas. Er nimmt sich die Zeit, die notwendig ist, um dem Nächsten beizustehen. Er hört auf die Stimme tief in seinem Inneren: Alles andere ist im Augenblick zweitrangig. Jetzt ist das Gebot der Stunde, diesem Menschen zu helfen, den die Räuber übel zugerichtet haben.
Priester und Levit gehen an dem Verletzten einfach vorbei. Der Samariter hilft. Ausgerechnet ein Samariter. Das ist eine Provokation in den Augen und Ohren der damaligen religiösen Autoritäten. Denn die Samariter wurden als Menschen betrachtet, die nicht den richtigen Glauben haben.
Aber allein der Samariter erfüllt Gottes Gebot, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst. Gottes Wort ist für ihn nicht nur eine Worthülse. Er setzt es in die Tat um.
Dieses konkrete Tun ist wie Gottesdienst im Alltag. Ein Gottesdienst im Alltag, wie ihn viele Christinnen und Christen tagtäglich leben. Anja Kämpker erzählt uns jetzt davon, wie das eines der älteren Mitglieder in unserer Gemeinde macht.
Gerti ist 87 Jahre alt und engagiert sich seit 14 Jahren im Marie-Kroos-Stift, einem Pflegeheim in Hamburg-Harburg.
Sie leitet dort alle zwei Wochen einen Spielenachmittag. Außerdem besucht sie die Geburtstagskinder und macht Krankenbesuche. Gerti ist fast täglich im Marie-Kroos-Stift.
Ich habe sie gefragt, wie sie zu diesem besonderen Ehrenamt gekommen ist. "Ganz einfach", sagt sie. "Meine Schwiegermutter war in dem Heim und ich habe sie regelmäßig besucht. Darüber habe ich auch die anderen Bewohner kennengelernt und lieb gewonnen."
Wenn Gerti über das Marie-Kroos-Stift spricht, steht immer die Freude der alten Menschen im Mittelpunkt. Sie sagt: Auch ein Pflegeheim ist voll von Leben.
So erzählt sie von Hildegard. Sie ist 94, war im Krankenhaus, aber dort konnten sie nicht mehr viel für sie tun. Sie kam zurück ins Pflegeheim – eigentlich zum Sterben. Aber: Ihre Lebensgeister sind zurückgekehrt! Es geht Hildegard wieder so gut, dass sie sogar an den Spielenachmittagen teilnehmen kann.
Natürlich ist der Tod ein ständiger Begleiter im Stift. Das macht auch Gerti manchmal zu schaffen. Umso mehr geht es darum: Den Tagen Leben geben, egal wie viele es noch sind. Die Energie dafür findet Gerti zuhause bei den Blumen und ihren Vögeln.
III
Ich finde bemerkenswert, wie das Gleichnis vom barmherzigen Samariter endet: Der Samariter kümmert sich nicht dauerhaft persönlich um den Überfallenen, bis der wieder ganz gesund ist.
Er bringt den Mann auf seinem Reittier in die nächste Herberge. Dort pflegt er ihn zunächst selbst. Aber bereits am nächsten Tag bittet er den Herbergswirt darum, die weitere Pflege zu übernehmen. Der Wirt kann besser helfen. Er ist vor Ort und hat dadurch andere Möglichkeiten.
Der Samariter gibt also die Verantwortung für die Pflege ab, um seinen eigenen Geschäften weiter nachgehen zu können. Er zahlt dem Herbergswirt zwei Denare im Voraus und kündigt an: Wenn er wiederkommt, will er mehr zahlen, wenn mehr notwendig ist. Professionalisierung von Hilfe, könnte man das nennen.
Denn: Natürlich können wir selbst nicht überall tätig sein. Wir werden mit unserem je persönlichen Engagement die Welt nicht retten. Und wir können es auch nicht.
Aber darüber dürfen wir nicht in den Fatalismus des "Ich kann alleine doch ohnehin nichts ändern" verfallen. Denn es gibt Menschen, die sind in ihrem Bereich Profis. Sie können anders und besser helfen. Sie sind aber dabei auch auf unsere Unterstützung angewiesen. Handle so wie der barmherzige Samariter! Das kann auch heißen: Ich spende, damit Profis Menschen in Not helfen können.
Eine dieser Organisationen von Fachleuten in Nächstenliebe und Hilfe ist United4Rescue.
Die alt-katholische Gemeinde Hamburg ist im letzten Jahr Mitglied dieser Organisation geworden. Es ist ein kirchlicher Zusammenschluss von Christinnen und Christen, der sich um Flüchtlinge kümmert.
Unser Gemeindemitglied Caroline Schmuck stellt uns United4Rescue vor. Wir werden für United4Rescue heute die Kollekte im Gottesdienst sammeln.
United4Rescue ist ein gemeinnütziger, unabhängiger Verein. Er engagiert sich auf dem Mittelmeer in der zivilen Seenotrettung und dokumentiert Verstöße gegen das Völkerrecht. Das Motto von United4Rescue lautet: "Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt."
Die Helferinnen und Helfer haben vier Rettungsschiffe und ein Aufklärungsflugzeug. Auf den Schiffen werden die Geretteten versorgt. Neben warmem Essen und sauberem Wasser erhalten sie auch menschliche Anteilnahme.
Niemand begibt sich aus Vergnügen auf die oftmals lebensgefährliche Flucht. Die Menschen fliehen vor Krieg und Zerstörung. Vor Verfolgung und Diskriminierung. Sie verlassen ihre Heimat, weil Klimawandel und Naturkatastrophen ihr Leben bedrohen.
Wir dürfen von diesen Flüchtlingen nicht nur als Zahlen sprechen. Sie sind keine Zahlen. Sie sind Menschen. Sie haben einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte. Und sie alle haben die gleichen Menschenrechte, die gleiche unantastbare Würde wie wir alle.
Jeder und jede kann die Seenotrettung für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer unterstützen. Ein Leitspruch von United4Rescue heißt: "Rette mit, wer kann!".
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