Auf ein Neues

Morgenandacht
Auf ein Neues
02.03.2020 - 06:35
30.01.2020
Stephanie Brall
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

„Bedenke Mensch, dass du Staub bist

und wieder zum Staub zurückkehrst!“,

 

mit diesen Worten haben

letzte Woche an Aschermittwoch

Menschen in Kirchen

ein Aschekreuz auf der Stirn erhalten -

zum Beginn der 40-tägigen Fastenzeit auf Ostern hin.

 

Mich lassen diese Worte vom Staub fragen:

Woher komme ich?

Wohin gehe ich?

Wer bin ich?

Und: Was hat es mit diesem Staub – dieser Asche – auf sich?

 

Ich finde heraus,

dass Asche früher als Putzmittel verwendet wurde.

Fastenzeit und Frühjahrsputz

also gar nicht so weit voneinander entfernt.

 

Auch beim inneren Frühjahrsputz spielte Asche eine Rolle:

Menschen, die trauerten oder etwas bereuten,

zerrissen ihre Kleider und streuten sich Asche auf den Kopf;

manche setzten sich sogar in die Asche hinein.

 

Und zu noch etwas ist Asche gut:

als Dünger im Garten.

 

Das, was vorher so groß schien,

- dicke Balken, das ganze Gestrüpp –

fällt also bei einem Feuer in sich zusammen

zu einem Häufchen Asche,

und diese Asche hat

reinigende und düngende Kraft …

 

… aus verbrannter Erde

wird fruchtbarer Boden?!

 

Ich bekomme Lust auf dieses Geheimnis.

Auf Wandlung, auf das Neue, auf Frühling:

Ich hole die Blumentöpfe aus dem Keller,

besorge Erde und Saatgut

und dann lege ich los.

 

Während die Menschen früher

rund um Aschermittwoch

an die Vertreibung aus dem Paradiesgarten dachten,

lege ich heute ein Paradiesgärtchen an.

Hier auf meiner Fensterbank.

 

Was mich traurig macht,

oder was ich bereue,

und was ich loslassen will –

das mische ich wie Asche unter die Erde.

 

Und dann säe ich jede Menge Neues

- junges Gemüse und kunterbunte Blumen -

und komme dabei ins Nachdenken:

Wovon wünsche ich mir,

dass es wächst, Raum bekommt?

 

Und, darf ich mir was vom Himmel auf Erden wünschen?

Nicht nur für mich,

für die ganze Welt?

 

Vom Himmel auf Erden

redete Jesus vor 2000 Jahren schon,

und kam dabei ebenfalls aufs Gärtnern.

 

Mit dem Himmel auf Erden ist es wie mit einem Senfkorn, so sagt es Jesus.

 

Ein Senfkorn ist das kleinste unter den Samenkörnern.

Fast verschwindet es in meiner Hand.

Wenn ich es loslasse,

fliegt es weit und fällt tief,

runter,

in die Erde,

und verliert sich …

 

… im Dunkeln

kommt es an

und stirbt.

 

 

In diesem Senfkorn steckt für Jesus

der ganze Himmel drin:

 

Hör mal,

wie es atmet.

Schau,

es dreht sich um,

gräbt sich ein,

wühlt auf …

 

schlägt Wurzeln,

sammelt sich

und findet Halt

in der Tiefe …

 

… richtet sich aus und auf,

gezogen vom Licht,

sucht es sich seinen Weg,

mit aller Macht, ganz zart,

 

bis es durch die Oberfläche bricht,

noch ganz grün hinter den Ohren,

pass auf, dass du nicht drauf trittst …

 

… und schau her, wie es wächst,

bald groß wie ein Grashalm,

den Blumen nach,

bald weit wie ein Strauch

und noch darüber hinaus,

als Baum zeigt es sich,

mit Zweigen weit,

in alle hundert Himmelsrichtungen …

 

… dass die Vögel

zwischen Himmel und Erde

ein Zuhause finden

und Nester bauen darin … (1)

 

 

So sitze ich über meinen alten Blumentöpfen,

voller Erde, darin die Samenkörner.

Und ich erinnere mich

an eine spanische Mystikerin aus dem 16. Jahrhundert

- Teresa von Ávila -,

wie sie die Seele unter anderem mit einem Garten verglich.

Ein Garten, der gehegt und gepflegt und bewässert werden möchte.

 

Und ich stelle mir vor,

ich selbst bin ein solcher Garten.

Unscheinbar vielleicht, grenzenlos,

umgegraben oder ganz verwildert.

 

Auf jeden Fall

fällt in mich

dieses

eine

Korn

und dann noch eins,

und noch eins,

 

und dann stelle ich mir vor,

wie diese Körner Zeit bekommen,

wie mein Leben Zeit bekommt,

nochmal anders zu werden.

Versöhnter und widerständiger,

genügsamer und großzügiger.

Die ganze Fastenzeit lang,

bis Ostern,

und noch darüber hinaus.

 

Ich stelle mir vor, wie unser aller Leben Zeit bekommt,

um loszulassen

und zu fallen,

Tiefe zu gewinnen,

Halt zu finden,

 

und um wieder aufzustehen,

in die Weite,

jeden Morgen neu

ins Licht.

 

Dort hinein

stelle ich meine Blumentöpfe jetzt,

all die klitzekleinen Samenkörner

in der dunklen Erde,

meine Gedanken und Gebete,

an diesem neuen Morgen,

auf die Fensterbank:

 

ins Licht.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

© Text: In Anlehnung an Stephanie Brall et al, Leben lieben: Kreative Inspiration für Feiertage, Allerweltstage und Lieblingstage. bene! Verlag. 2019. ISBN 978-3-96340-049-0

 

Nacherzählung in Anlehnung an die Bibel – Lukas 13,18-19.

30.01.2020
Stephanie Brall