Von der Sehnsucht nach dem neuen Leben…

Morgenandacht
Von der Sehnsucht nach dem neuen Leben…
11.05.2020 - 06:35
30.01.2020
Uwe Cassens
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Keiner hatte mit so einem Erfolg gerechnet. Aber dann lief das Stück ununterbrochen 21 Jahre lang.

Heute vor 29 Jahren wurde das Musical Cats uraufgeführt. In London war das. Am 11. Mai 1981. Mit über 50 Millionen Zuschauern ist es eines der erfolgreichsten und am längsten gespielten Musicals aller Zeiten geworden.

Die Texte des Musicals beruhen auf Thomas Stearns Eliot, Grundlage ist eine von ihm für Kinder geschriebene Gedichtsammlung. Die Geschichte, die das Musical erzählt, geht so:

Einmal im Jahr treffen sich die Katzen auf einem Londoner Müllplatz zum Ball. Ein großes Fest. Und am Ende des Festes entscheidet Old Deuteronomy, wer zu einem neuen Leben wiedergeboren wird. Old Deuteronomy ist der gütige und weise Anführer der Katzen. Er steht in der Katzenhierarchie ganz oben. Und deshalb entscheidet er ganz alleine, wer wiedergeboren wird.

Und dieses Mal ist es am Ende die alte, verlauste, verlebte Grizabella! Mit dieser Wahl hatte keiner gerechnet. Früher war sie mal eine strahlende Erscheinung. Aber im Laufe des Theaterabends wird klar: sie ist nicht willkommen in der Katzengemeinschaft. Aber am Ende wird sie erwählt. Sie darf die Reise in einen geheimnisvollen „sphärischen Raum“ antreten. „Heaviside Layer“. Ein Wortspiel. ‚Heaven‘, das ist der Himmel. Und ‚lair‘ das Lager eines Tieres. Eliot spielt mit dem Begriff auf die damals neue physikalische Entdeckung der hochgelegenen Schicht der Erdatmospähre an. Und das ist schon eine beeindruckende Himmelfahrt, die da auf der Bühne stattfindet.

„Wiedergeburt“ allerdings, das klingt nicht nach einer physikalischen Erkenntnis. Und ‚Himmelfahrt‘ ist etwas, wovon Christen im Neuen Testament lesen und am Himmelfahrtstag feiern: dass Jesus „aufgefahren ist in den Himmel“. Ob Andrew Lloyd Webber, der Komponist des Musicals Cats oder T.S. Eliot, der Dichter, biblische Motive aufgenommen haben – verfremdet zwar, aber irgendwie doch?

Ich weiß es nicht.

Aber eine uralte Sehnsucht wird da sehr wohl angesprochen: Wo komme ich her? Und vor allem - wo gehe ich hin? Gibt es etwas, was über dieses Leben hinausreicht? Gibt es vielleicht jemanden, der aus meinem, manchmal sehr verkorksten Leben doch noch etwas halbwegs Ansehnliches machen kann? Oder bin ich für Zeit und Ewigkeit festgelegt? Durch Lebensumstände? Falsche Entscheidungen? Falsche Freunde? Was auch immer.

Die Bibel berichtet von einem Gespräch, dass Jesus mit Nikodemus geführt hat. (1)

Und in diesem Gespräch geht es um „Wiedergeburt“. Um Himmel und Reich Gottes und wie man da hineinkommt.

So einfach wie im Musical ist es im Johannes-Evangelium nicht. Eine Reise zum „Heaviside Layer“ wird es nicht geben. „Keiner fährt da hinauf“, sagt Jesus. Aber einen Weg in das Licht gibt es doch: „Wer mir vertraut“, sagt Jesus zu seinem Gesprächspartner Nikodemus, „der wird das ewige Leben haben“.

Das Licht, von dem Jesus spricht, das ist mehr als ein wackliges Zukunftsversprechen auf einer Müllkippe. Das ist mehr als ein ungewisses Jenseits in einer fernen Zukunft, wo es dann endlich dank himmlischer Zustände keine Probleme mehr gibt.

Die Bibel tickt anders. Sie lässt immer wieder durchblicken: Hier und jetzt kann man schon erahnen, was Jesus mit diesem „Reich Gottes“ gemeint haben könnte: Überall da, wo man von diesem Jesus lernt. Wie er mit Menschen umgegangen ist, davon kann man sich inspirieren lassen. Er hat Menschen Wert und Würde zugesprochen, wo andere verurteilt haben. Wie ein Blitzlicht leuchtet da ein Stück Himmel auf, wo das heute auch gelingt.

Dass die Bibel von einem neuen Himmel und einer neuen Erde spricht, von einer erlösten und vollendeten Welt – das bleibt eine Provokation. Eine Herausforderung, ein Stück vom Himmel aufleuchten zu lassen. Denn das ist wahr: Ein Stück Himmel auf Erden kann heute Wirklichkeit werden. Überall da, wo Menschen diesem Jesus vertrauen und bereit sind, von ihm zu lernen.

 

  1. Joh 3, 1ff

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Uwe Cassens