Woran dein Herz hängt

Woran dein Herz hängt
Pastorin Annette Behnken
29.10.2016 - 23:35
23.10.2016
Annette Behnken

Man kann sein Herz verlieren. Oder verschenken. Mein Herz kann brechen. Oder aufblühen. Wie auch immer: Es hängt das ganze Leben dran, am Herzen. Es gibt diesen einen Satz, für mich ist es DER Satz. Da hängt mein Leben dran. Und der geht so:

„Woran du dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott,“ Martin Luther hat das gesagt. Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott. An diesem Satz kann ich mich überprüfen, mich orientieren und daran erinnern, was wirklich wichtig ist.

Also, mein Herz hängt ja an Vielem! Ohne, dass das alles Götter wären. An Menschen, na klar, die mir nah sind. Am Leben hängt mein Herz, natürlich, an meinem Leben und daran, wie ich es mir vorstelle, wie ich denke, dass es gut sei. Familie, Beruf. Karriere? Geld? Auf jeden Fall schöne Schuhen und Schokolade. An meinen Idealen hängt mein Herz: Menschenfreundlichkeit. Und wie wir umgehen mit unserer Welt.  Also: Woran hängt das Herz - zuallererst oder zuallerinnerst?

Am Montag, am Reformationstag wird an so etwas wie einen Urknall der Erkenntnis gedacht, die Luther und die Menschen damals ergriffen hat. Der Moment, in dem Luther sein Herz neu verloren, oder vielmehr: verschenkt hat. An Gott, der bedingungslos liebt.

Der Reformationstag ist die Erinnerung daran, wie Martin Luther nach Berichten von Zeitzeugen seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angenagelt  und damit die Reformation ausgelöst hat. Im nächsten Jahr ist das 500 Jahre her. Das feiert die evangelische Kirche jetzt ein Jahr lang. Sie feiert nicht: dass sich im Zuge der Reformation wieder einmal die Kirche gespalten hat. Und dass dann Kriege gegeneinander geführt wurden. Sie feiert nicht, dass Luther sich katastrophal abschätzig über Juden, Frauen und Bauern ausgelassen hat. Wir feiern einen besonderen Moment der Geschichte, der bis heute nachwirkt.

Zu Luthers Zeiten hatten viele Menschen ihr Herz an die Angst verloren. Und das ist heute nicht anders. Unsere Angst ist, nicht alles rauszuholen aus dem Leben. Nicht das Optimum zu leben. Wir machen uns selbst zum Gott unseres eigenen Lebens, wenn wir meinen, dass wir alles selbst verantworten, Karriere, Gesundheit, Schönheit, Glück. Aber wenn‘s schief geht, ist es unser Versagen. Krankheit, Leid, Scheitern und Traurigkeit sind nicht vorgesehen.  Selbst schuld. Selbstoptimierung ist das Stichwort. Das ist hartherzig und unmenschlich.

 Wenn wir unser Herz verschenken, wie Luther, an Gott, der uns bedingungslos liebt - zuallererst und zuinnerst an ihn, was für eine Befreiung! Wenn ich mein Herz verschenke an die Liebe zum Leben, an dieses großes „JA“, das mich trägt, mit allem Wunderbaren, allen Narben, allem Scheitern. Ein unfassbares Geschenk. Und wir müssen nichts tun, als es anzunehmen.

Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott, sagt Luther.

Und noch etwas sagt er – wie geschaffen für die Samstagnacht: „Man kann Gott nicht allein mit Arbeit dienen, sondern auch mit Feiern und Ruhen.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Nacht!

23.10.2016
Annette Behnken