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Die Sendung zum Nachlesen:
Macher sind gefragt und Macherinnen. Nicht nur auf den Wahlplakaten, die diese Tage abgehängt werden. Auf vielen ging‘s ums Machen. Ungefähr so: „Wir machen Deutschland…“ - Je nachdem, sicher, frei oder gerecht.
Mach was, tu was, pack an – darum geht’s in der Politik wie auch sonst im Leben. Ist ja auch richtig und wichtig. Aber wo wir immer was machen müssen, wo Machen und Leben dasselbe werden: Da wird’s falsch und schädlich und kann sogar unmenschlich werden.
Daran erinnert der Feiertag morgen. Der morgige Sonntag ist nicht nur Tag der Deutschen Einheit. Sondern auch Erntedankfest. Regional unterschiedlich wurde es schon letzten Sonntag gefeiert oder wird erst am nächsten begangen.
Es ist das Fest, an dem in den Kirchen auf oder vor dem Altar Äpfel, Trauben und Kartoffeln liegen. Daneben stehen Saftflaschen und Wein. Und Blumensträuße oder Kränze, gebunden aus Zweigen und Ähren. In der Mitte liegen oft große Laibe Brot, rund und braun, und duften. Das Brot, über das es in einem Gebet heißt: Es ist die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Da ist sie wieder, die Arbeit, das Machen und Tun. Niemand bestreitet am Erntedankfest, wie wichtig es ist, was Menschen auf den Feldern und anderswo tun: pflügen und streuen, schneiden und jäten, wässern, düngen und mehr. Viele Menschen haben geschafft und sich gemüht, damit ich ins Butterbrot beißen kann. An Erntedank wird das gewürdigt und auch dafür gedankt. Aber noch mehr geht es um etwas Anderes. Etwas Großes. Wunderbares. Ohne das alles Tun und Machen gar nicht möglich wäre.
Erntedank heißt eben auch: Ich denke an das viele Nicht-Machbare. An den Grund vor allem Tun und Schaffen. Es ist doch unendlich viel, was ich niemals machen kann und von dem ich doch lebe. Deshalb: Wer an das denkt, was nicht machbar ist, fängt an zu danken.
Fängt an zu danken für Tag und Nacht. Für Sonne und Mond. Den Regenbogen. Das Meer und die Erde. Fürs Einatmen und Ausatmen. Fürs Wachsen. Das hat Jesus von Nazareth in einem seiner Gleichnisse so beschrieben: Ein Mensch wirft Samen aufs Land, schläft, steht auf, Nacht und Tag, und der Same geht auf und wächst – der Mensch weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre (Markus 4, 26 ff).
Jesus erzählt von einem Menschen, der was macht. Aber der noch viel mehr lässt. Wartet. Staunt. Sich endlich freut über die Ernte.
Wir leben in Zeiten, in denen es mindestens so wichtig ist, dass wir Dinge lassen, statt unablässig etwas zu machen oder gar beherrschen zu wollen.
Zum Beispiel sagen Fachleute für den Forst: Ein Wald, der durch menschliche Monokultur kaputt ist, braucht Zeit. Phasen, in der er sich selbst überlassen bleibt, um zu renaturieren. Natürlich kann der Mensch dabei helfen. Auch durch Zurückhaltung und Geduldig sein. Dann kann wieder ein Mischwald wachsen, der widerstandsfähig ist.
Viele wunderbaren Dinge lassen sich nicht zwingen. Das Gras wächst nicht schneller, wenn ich dran ziehe. Liebe lässt sich nicht herbeizwingen, Hoffnung nicht, Vertrauen auch nicht.
Alles das kann aber wachsen. Ein Kind braucht seine Zeit bis zum aufrechten Gang. Immer wieder fällt es, dann läuft es die ersten Schritte – was für ein herrlicher Moment!
Erntedank heißt glücklich sein, dass etwas wird und gelingt, was ich nicht gemacht habe. Religiöse Menschen schicken ihren Dank zum Grund von allem, was ist. So wird morgen auch ein evangelisches Kirchenlied gesungen, das von allen guten Gaben: Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott1. Wer an das denkt, was nicht machbar ist, fängt an zu danken.
Es gilt das gesprochene Wort.
[1] Evangelisches Gesangbuch Nr. 508 Wir pflügen und wir streuen, von Matthias Claudius