Mennonitengemeinde Enkenbach
Aufbruch wagen
mit Pastor Rainer W. Burkart aus der mennonitischen Gemeinde Enkenbach
26.01.2025 10:05

Wie gelingt ein Aufbruch ohne Angst, die eigene Identität zu verlieren? Woher kommt die Freiheit, sich neu zu erfinden und eine Lebenswende zu machen? Darum geht es in dem Gottesdienst am 26. Januar 2025 aus der Mennonitengemeinde in Enkenbach in der Pfalz. Der Deutschlandfunk überträgt live von 10.05 bis 11.00 Uhr. 

In der Bibel kommen die Kraft und die Freiheit zum Aufbruch von Gott. "Zur Freiheit hat uns Christus befreit", schreibt der Apostel Paulus (Galater 5,1). Wie diese Freiheit aussieht und was sie bewirkt, darüber wird Pastor Rainer Burkart predigen. Eine Jugend-Band und ein Chor unter der Leitung von Luci Driedger gestalten den Gottesdienst musikalisch. 

Die Mennoniten leiten ihren Anfang von der Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts ab. Sie sind damit die älteste Freikirche in Deutschland. Sie taufen keine Kinder, sondern Erwachsene.  Mennoniten lehnen Kriegsdienst ab und setzen sich für gewaltfreie Wege zum Frieden ein. Zur Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) gehören 52 Gemeinden mit etwa 4.200 Mitgliedern. Weltweit gibt es heute in 86 Ländern etwa 2,1 Millionen getaufte Christen in mennonitischen Gemeinden.
 

Lieder des Gottesdienstes:
1. Wir strecken uns nach dir
2. Clap your Hands
3. Du machst alles neu
4. 
Friedensstifter wolln wir sein
5. Vertraut den neuen Wegen
6.
 Da ist immer noch Kraft
7. Geht Gottes Weg, bringt Frieden

Weitere Informationen:  
Mennonitengemeinde Enkenbach: www.mennoniten-enkenbach.de
 

Predigt nachlesen:


"Zur Freiheit hat uns Christus befreit!" Das schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die Galater. 

"Zur Freiheit hat uns Christus befreit!" Das hat Paulus in seinem Leben hautnah erlebt. Paulus – so hieß er nicht immer. Er war berühmt-berüchtigt als Saulus. Saulus verfolgte die ersten Anhängerinnen und Anhängern, die sich zu Jesus dem Gekreuzigten und Auferstandenen bekannten. Saulus wollte sie und ihre Lehre ausrotten, heißt es. Er ließ die Häuser durchsuchen, Männer und Frauen fortschleppen und ins Gefängnis werfen. Voller Hass drohte Saulus, sie hinrichten zu lassen. Viele flohen vor ihm. Saulus war bereit, die Anhängerinnen und Anhänger von Jesus überall aufzuspüren. 

Deshalb machte er sich auf den Weg nach Damaskus, weil sich auch dort eine erste christliche Gemeinde gebildet hat. Kurz vor der Stadt umgab Saulus plötzlich ein blendendes Licht vom Himmel. Ich stelle mir keine funkelnden Sterne vor, sondern eher die volle Ladung eines Baustrahlers. Saulus stürzte zu Boden. 

"Saul, Saul, warum verfolgst du mich?", hörte er eine Stimme. "Wer bist du, Herr?", fragte Saulus. "Ich bin Jesus, den du verfolgst!", antwortete die Stimme. "Steh auf und geh in die Stadt. Dort wird man dir sagen, was du tun sollst." 

Was Saulus wohl in dieser Situation gedacht hat!? Er hört einen Befehl von dem, dessen Anhänger er verfolgt hat? Kann das sein? Sollte er dieser Stimme folgen? Geblendet und gestürzt – so lag er da. 

Die Begleiter von Saulus standen sprachlos da, denn sie hatten zwar die Stimme gehört, aber niemanden gesehen. Das muss wohl ein skurriler Anblick gewesen sein. Saulus richtete sich wieder auf, öffnete seine Augen und sah - nichts mehr! Geblendet, gestürzt und nun blind. Seine Begleiter mussten ihn an die Hand nehmen. In den folgenden Tagen aß und trank er nichts. 

Was hatte das zu bedeuten? Was lag da vor ihm? Ich kann mir vorstellen, dass Saulus sich erstmal in der neuen Situation zurechtfinden musste. 

In dieser Situation begegnet ihm Ananias, ein Christ in Damaskus. Genauer gesagt schickt Gott ihn zu ihm, so erzählt die Bibel. Ananias wagt sich in das Haus, in dem sich der bisherige Christenverfolger Saulus befindet. Ananias legt Saulus die Hände auf: "Lieber Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, dass du wieder sehend und mit dem heiligen Geist erfüllt werdest." Dieser Moment verändert Saulus‘ Leben. Denn im selben Moment fällt es Saulus wie Schuppen von den Augen, und er kann wieder sehen. Er steht auf und lässt sich taufen.  

Das ging ja jetzt schnell. Saulus hat sich um 180 Grad gedreht. Er wird vom Saulus zum Paulus. So sagt es eine Redensart. Er lässt sich taufen und wird christlicher Missionar. Saulus gibt seine Identität jedoch nicht auf. Mit der gleichen Leidenschaft und dem gleichen Eifer, wie er damals die ersten Christinnen und Christen verfolgt hat, setzt er sich nun für das Evangelium, die Botschaft von Jesus Christus ein. Die Begegnung mit Jesus hat ihn überzeugt. Jesus hat sein Leben verändert. Saulus war nicht mehr im Hass gefangen, sondern konnte sich frei dem Guten zuwenden. Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Diese Erfahrung prägt sein Leben. 

Die Jüngerinnen und Jünger Jesu konnten diesen Wandel erst nicht glauben. Sie hielten seine Lebenswende für einen cleveren Schachzug und glaubten nicht, dass Saulus nun selbst Jünger von Jesus war. Sie fürchteten sich. Anderen ihren Glauben zu glauben ist auch heute noch eine Herausforderung für manche Christen. Glaubt er richtig? Ist sie fromm genug? Es liegt nicht an uns, den Glauben anderer zu beurteilen. Auch heute noch begegnet Jesus Menschen auf verschiedene, zum Teil auch wundersame Weise und verändert Leben.
 
"Zur Freiheit hat uns Christus befreit!" Christinnen und Christen weltweit glauben: Jesus Christus ist am Kreuz gestorben und auferstanden. Er hat alle lebensfeindlichen Mächte besiegt. "Zur Freiheit hat uns Christus befreit!", schreibt Paulus. Der Glaube kann von Bösem befreien und neue Wege eröffnen. So ein Aufbruch und Lebensveränderungen brauchen manchmal Zeit. Saulus aß und trank drei Tage erstmal nichts und konnte nichts sehen. Vielleicht zog er sich zurück und dachte über sein Leben nach: Was liegt vor mir? Wo soll ich jetzt hin? Wo möchte ich überhaupt hin? Und welche Möglichkeiten habe ich?

Als Mennoniten erinnern wir in diesem Jahr an 500 Jahre Täuferbewegung. Das sind die Kirchen der Reformation, die Menschen erst ab dem Alter taufen, in dem sie sich selbst zu ihrem Glauben an Christus bekennen können. 

Beim Blick in unsere Geschichte gehören dazu auch Erfahrungen der Verfolgung und Benachteiligung – durch andere Kirchen und unter Mithilfe der staatlichen Obrigkeit. Unsere mennonitischen Vorfahren mussten jahrhundertelang immer wieder aufbrechen – auf der Suche nach Toleranz und Glaubensfreiheit. Deshalb haben viele Mennoniten Verwandte in fast allen Teilen der Welt. Nach 500 Jahren sind wir heute nach einem Gesprächsprozess versöhnt mit unseren Mitchristen und können uns in Freiheit neu begegnen. 

Heute noch sind Christinnen und Christen weltweit mit gesellschaftlicher Benachteiligung und sogar schwerer Verfolgung konfrontiert. Die Zahlen steigen. Viele können ihren Glauben nur im Untergrund leben. Verantwortlich dafür sind vor allem religiöse und politisch motivierte Gruppen sowie autokratische Regime. Nordkorea nimmt einen traurigen Spitzenplatz ein, was Christenverfolgung heute betrifft.

Paulus wendet sich vom Bösen zum Guten. Vom Jäger zu dem, der Gottes Frieden und Gerechtigkeit nachjagt. Paulus brach auf. Weg von dem Hass der Christenverfolgung hin zur Liebe Jesu. Paulus brach nicht nur innerlich auf, sondern auch physisch. Er machte sich auf den Weg, predigte, gründete Gemeinden und schrieb ihnen Briefe, die wir heute noch in der Bibel lesen können. So schreibt er im Brief an die Galater: "Zur Freiheit hat uns Christus befreit!"

In meiner früheren Heimat Bayern gab es eine Redewendung: "Freiheit heißt: keine Angst haben, vor nichts und niemandem!" Angst verkleinert den Handlungsspielraum und nimmt die Freiheit. Was denken meine Nachbarn über mich? Wie stehe ich da? Was erzählen meine Arbeitskolleginnen über mich? Wenn solche Gedanken und Gefühle das Leben bestimmen, macht das ängstlich und unfrei. 

"Zur Freiheit hat uns Christus befreit!" Mein Wert und meine Würde als Mensch hängen nicht vom Urteil anderer ab. Darüber hat Gott längst entschieden, als er mich geschaffen hat. Wir sind von Gott geliebte Menschen. An Paulus wird nicht nur deutlich, dass Gott alle Menschen liebt, sondern auch die Qualität der Liebe Gottes zu seinen Menschen. Die Liebe Gottes kann einen Menschen zum Guten verändern. 

Als Christ glaube ich: Im Tod von Jesus am Kreuz zeigt sich Gottes unergründliche und grenzenlose Liebe. Er schlägt nicht zurück, sondern lässt es geschehen und gibt sich selbst hin. So werden wir frei von der Macht des Bösen und des Todes. 

Gottes Liebe befreit Paulus aus seinem Hass gegen die ersten Christen und macht ihn zu einem, der die Botschaft von Gottes Liebe in die Welt trägt.  An Paulus erkenne ich die Freiheit, sich zu verändern. Er muss nicht so bleiben, wie er ist. 
Er wird frei, seinen Mitmenschen in Liebe zu begegnen und Gutes zu tun. "Zur Freiheit hat uns Christus befreit!" 

In diesem Glauben möchte ich mutig sein und neu Aufbrüche wagen. Denn bei Gott ist nichts unmöglich. "Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt." (Markus 9,23)

Es gilt das gesprochene Wort.

 

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Kontakt zur Sendung

Presse-Kontakt:
Pastorin Jasmin Jäger 

VEF-Rundfunkbeauftragte
E-Mail: rundfunkbeauftragte@vef.de
Telefon: 033234 74127

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