Darum geht es im evangelischen Gottesdienst am Dritten Advent, Sonntag, 15. Dezember 2024, aus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin. Der Deutschlandfunk überträgt live im Radio von 10.05 bis 11.00 Uhr.
Pfarrerin Dr. Sarah-Magdalena Kingreen predigt. Weitere Mitwirkende sind Manuela Grage und Professor Dr. Lutz Schön. Es singt der Mädchenchor der Singakademie unter der Leitung von Friederike Stahmer. An der Orgel spielt Landeskirchenmusikdirektor Professor Dr. Gunter Kennel. Die Leitung und Moderation übernimmt Barbara Manterfeld-Wormit, evangelische Rundfunkbeauftragte Berlin.
Predigt nachlesen:
Viel Vertrautes, was wir gewohnt waren, ist nicht mehr sicher, nicht mehr selbstverständlich.
Wo bleibt die Hoffnung, die Zuversicht? Wer gibt mir Orientierung, wenn die Welt um mich herum immer unsicherer und gespalten erscheint?
Da sind die politischen Krisen, die die Demokratie in vielen Ländern – auch hier bei uns in Deutschland – herausfordern. Und dann kehrt in den Vereinigten Staaten mit Donald Trump ein enthemmter Populismus zurück an die Macht. Und nicht alle in unserem Land teilen das Erschrecken über diesen Wahlausgang.
Was bleibt, ist die Herausforderung, die uns Europäer dazu zwingt, unsere Gemeinschaft neu und eigenverantwortlicher zu gestalten als bisher.
Wo bleibt da die Hoffnung, die Zuversicht? Welche Vision trägt mich durch diese Zeit, in der die vertraute Welt zu zerfallen scheint? Dass ich nicht resigniere oder verzweifle, sondern wieder neu Hoffnung schöpfe?
Gerade in der Adventszeit, der Zeit der Erwartung und Vorbereitung auf die Ankunft Jesu, erklingt die Hoffnungsbotschaft: "Gott kommt zu uns." Ja – tatsächlich zu uns allen. Alle müde gewordene Erwartung wird von Neuem geweckt und will uns ausrichten. Auf Gott, der den Advent wagt, zu uns kommt. Auf Gott, der die Hoffnung in uns wecken will. Alle Jahre wieder.
Paulus spricht im Römerbrief von genau dieser Hoffnung – einer Hoffnung, die uns neu ausrichten will, ja mehr noch, erheben will.
Ich lese aus Paulus‘ Brief an die Römer, Kapitel 15:
"Alles, was in der Schrift geschrieben steht, wurde zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.
Der Gott der Geduld und des Trostes aber gebe euch, dass ihr untereinander ein einmütiges Denken habt nach dem Vorbild Christi Jesu, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, verherrlicht. Darum nehmt einander an, wie auch Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob. Die Heiden sollen Gott preisen für seine Barmherzigkeit, wie geschrieben steht: ‚Es wird der Spross aus der Wurzel Isais aufstehen und herrschen über die Heiden; auf ihn werden die Heiden hoffen.‘ Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, damit ihr überreich seid in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes."
Wo bleibt die Hoffnung, die Zuversicht?
Paulus gibt darauf eine Antwort – er weiß vom "Gott der Hoffnung", wie er ihn nennt.
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"Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben." Diese Worte von Paulus sind mehr als nur ein schöner Wunsch. Sie sind ein kraftvoller Zuspruch, der tief ins Leben sprechen will. Es ist ein Ruf, sich auf diese Hoffnung tat-sächlich einzulassen, eine Hoffnung, die nicht nur die Vorstellung von besseren Zeiten weckt, sondern die das Herz durchdringt und mein Leben verändert. Jetzt. Und hier. Trotz der beängstigenden Ereignisse in Nah und Fern. Trotz dessen, was mir persönlich zu schaffen macht. Trotz dessen, was mich gerade in meinem Leben belastet, schmerzt, womöglich fragend zurücklässt, die Dunkelheit stärker werden lässt als das Licht.
"Der Gott der Hoffnung" – was für ein tiefes, mich tröstendes Bild! Was für ein Name für Gott! Es ist die Zusage: Wo immer es in meinem Leben dunkel wird, kann die Hoffnung auf Gottes Wirken Licht sein. Die Hoffnung ist dann mehr als nur ein frommer Wunsch, sie wird lebendige, kraftvolle Realität, die mein Fühlen und Erleben und da-mit meine Situation verändert. Schon jetzt. Trotz allem.
Es ist eine Hoffnung, die stärker ist als alle Unsicherheiten und Ängste. Die nicht zerplatzt wie eine Seifenblase. Sie ist machtvoll. Sie kann die Angst vertreiben. Sie kann ein neues Vertrauensfundament einziehen. Sie kann mich entheben aus den Nachrichten, die um mich herumwirbeln – sie kann mich auch wegholen von meinen persönlichen Krisen. Sie kann mich ergreifen, leichter machen und mich mit Freude und Frieden erfüllen anstatt mit Angst und Resignation.
Eine Hoffnung also, die alles verändern kann. Das bedeutet dieser Name: Gott der Hoffnung. Er kann meinen Blick neu ausrichten, darauf, wie mein nächster Schritt aus-sehen kann, auch wenn der Weg nicht immer klar ist. Ich gehe mit Hoffnung und im Licht, nicht pessimistisch und in Dunkelheit. Das heißt Advent. Jeden Tag leben mit Licht und Hoffnung. Wenn ich die Nachrichten des Tages zur Kenntnis nehme, wenn ich meinen Alltag bewältige. Ich lebe mit dem Gott der Hoffnung an meiner Seite.
Diese Hoffnung bringt Frieden, sagt Paulus. Und das ist nicht der Friede, der kommt, wenn alles endlich gut ist. Es ist der Friede, der mich genau jetzt tragen mag, wenn ich durchhalten muss in dieser Zeit. Es ist der Frieden jetzt schon, trotz allem, gerade jetzt.
Weil Gott kommt. Zu uns. Mitten in diese Welt. Mitten in das Dunkel. Gott wählt den Weg zu uns – diese Zusage bleibt bestehen seit Jahrtausenden voller Krisen, Kriege und Verzweiflung. Immer haben Menschen ihn gesehen, ihn erfahren, diesen Gott der Hoffnung. Und sich anstecken und von der Hoffnung tragen lassen. Gott tritt in diese Ge-schichte ein, in unser Leben, begleitet Dich und mich. Heute lassen wir uns vom dritten Licht am Adventskranz daran erinnern: Der "Gott der Hoffnung" geht mit.
Ich rechne damit, dass Gott sich zeigen wird, in meinem Leben, in einem Moment, in dem ich überhaupt nicht darauf eingestellt bin. Und auf eine Art und Weise, wie ich es vielleicht noch gar nicht erwartet habe.
Diese Hoffnung, wie sie mich ergreift, habe ich nicht in der Hand. Aber diese Hoffnung: Sie ist uns zugesagt vom Gott, der Mensch wird. Der Gott der Hoffnung ist da, geht mit mir, die Hoffnung ist und bleibt in dieser Welt, wird Mensch.
Und sie fordert zugleich auf, dass ich mich in meinem Leben daran ausrichten lasse, mein Handeln davon bestimmen lasse.
Die Hoffnung ist also nicht ein passives Warten auf bessere Zeiten. Sie ist eine lebendige, aktive Hoffnung, die etwas mit mir macht. Ich lebe aus ihr. Ich teile sie mit an-deren. Ich setze sie den vielen Geschichten der Angst und Hoffnungslosigkeit entge-gen.
"Darum nehmt einander an, wie auch Christus euch angenommen hat", schreibt Paulus. Eine Einladung, die tief geht, die zeigt, wie wertvoll wir in Gottes Augen sind. Jesu Liebesbotschaft an uns. Er kommt nicht nur zu denen, die in meinen Augen "richtig" sind, sondern zu allen. Auch zu denen, die anders denken, die uns fremd sind, die uns wegstoßen. Und wir sollen es auch so machen, es zumindest versuchen: einander annehmen, so wie Christus uns angenommen hat. Auch das gehört in den Advent: ein Gott der Hoffnung und Menschen der Hoffnung, die mehr Miteinander wagen statt gegeneinander.
"Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat."
Ab und zu ist eine Erinnerung daran, warum wir überhaupt gute Hoffnung haben können, hilfreich. Darum ist Advent. Die Zeit, in der wir warten und uns vorbereiten. Uns besinnen, Mut fassen, das Licht suchen und die Hoffnung stark machen.
Weil ein Kind in diese Welt kam, das Gottes ganze Hoffnungskraft in sich trug. Das Jesus-Kind in der Krippe.
Hoffnung – ich brauche sie, um gut leben zu können. Wir brauchen sie, damit wir uns nicht verlieren.
Möge sich die Hoffnung ausbreiten, in unseren Herzen, uns erfüllen, und uns ausrichten in unserem Alltag bei allen Herausforderungen, denen wir uns immer wieder von Neuem stellen müssen. Das wünsche ich uns. Im Namen des Gottes der Hoffnung –
Amen.
Es gilt das gesprochene Wort.
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Barbara Manterfeld-Wormit
Rundfunk- und Senderbeauftragte für den rbb
Evangelischer Rundfunkdienst im Medienhaus der EKBO
Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Georgenkirchstraße 69-70, 10249 Berlin
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