Mein Gott im Regal

Feiertag
Mein Gott im Regal
Wie in Popsongs Jesus Mensch wird und Holz zu Gott
17.04.2016 - 07:05
03.04.2016
Pfarrer Björn Raddatz

Über die Sendung

„Ein Stück Holz oder eine Cola-Dose gewinnen Bedeutung und sogar Macht. Sie bekommen einen festen, einen heiligen Platz im Regal. Denn sie haben ihren Platz im Herzen. Sie erzählen eine persönliche Geschichte.“

 

Sendung zum Nachhören

 

Sendung zum Nachlesen

In der nächsten halben Stunde wird eine Cola-Dose quasi heilig gesprochen – und Jesus materialisiert sich in der Kontakt-Liste vieler, vieler Handys – damit man ihn im wahrsten Sinne des Wortes anrufen kann. Es geht nicht um die ganz große Theologie – und nur eher am Rande um die Bibel.

 

Es geht vielmehr um einen Griff ins CD-Regal (oder genauer: ins mp3-Archiv) – und dabei um die Frömmigkeit der nicht ganz so Frommen. Zwei Lieder bilden die Grundlage:

Der Song „Waldspaziergang mit Folgen“ von der Band „Die Ärzte“. Der ist zunächst einmal einfach Klamauk: Ein beim Spazierengehen aufgelesenes Stück Holz wird zu Gott. Und wird dann folgerichtig angebetet – mit Folgen. Aber hinter dem Witz steckt die Frage nach dem Vergöttern von Gegenständen: Auch ein Kruzifix ist ja erst mal ein Stück Holz. Oder?

 

Die Band „Depeche Mode“ hatte den Hit „Personal Jesus“; im August 1989 erschienen, wurde der Song seitdem von vielen Künstlern gecovert. Im Text wird ein normaler Mensch am Telefon zum persönlichen Jesus, der die Gebete hört. Aber ist das nicht anmaßend? Kann ein dahergelaufener Mensch wirklich zu Gott – oder immerhin doch zu seinem Sohn – werden?

 

Ein Stück Holz gewinnt Bedeutung – und sogar Macht. Wieso, das sagt Farin Urlaub nicht – er ist neben Bela B und Rod einer der drei Bandmitglieder der Ärzte – und er hat den Text geschrieben. Das Holz sieht einfach heilig aus und bekommt seinen Platz im Regal.

 

Ich ging spazieren im Wald, ich musste einfach hinaus

da sah ich ein Stück Holz, das sah heilig aus

also steckte ich es ein, nahm es mit nach Haus

und da schnitzte ich mir einen Gott daraus

 

Dann hab ich meinen Gott ins Regal gestellt

da hat er einen schönen Ausblick über die Welt

und solange er nichts verspricht, was er später nicht hält

muss ich sagen, dass mir Gott ziemlich gut gefällt

wenn auch andere behaupten, das wäre nicht normal

ich habe einen Gott bei mir im Regal

 

Solange er nichts verspricht, was er später nicht hält, muss ich sagen, dass mir Gott ziemlich gut gefällt. Wenn auch andere behaupten, das wäre nicht normal: ich habe einen Gott bei mir im Regal!

 

Nicht normal? Mir scheint das glatte Gegenteil richtig zu sein: Ein Gott im Regal ist doch ganz normal und sehr verbreitet. In vielen Fluren, Schlafzimmern, Wohnzimmern finden sich auf Regalen heilige Ecken. Ich denke dabei gar nicht nur an die Wohnungen eher älterer christlicher Menschen. Dort gibt es eine Bandbreite religiöser Ecken: Vom bayerischen Herrgottswinkel mit einem großen, holzgeschnitzten Jesus am Kreuz in der Zimmerecke, darunter ein Regal mit getrockneten Blumen – bis hin zu einem Druck oder einem Messing-Plakettchen von Dürers betenden Händen – irgendwo im Flur über einem Telefontischchen, auf dem früher mal ein Wählscheibentelefon gestanden hat. Ich denke beim „Gott im Regal“ auch an die religiösen und quasi-religiösen Nischen, die es in vielen Regalen gibt, auch von Menschen, die keine enge Bindung an eine Kirche oder einen bestimmten Glauben haben.

 

Der Soziologe Oliver Susami hat im Jahr 2012 zu diesem Thema promoviert. Ich bin im Netz auf seine Doktorarbeit gestoßen. Er wirft einen soziologischen Blick auf religiöse Ecken , keinen theologischen. Susami kommt zu der Einsicht, dass die religiösen Ecken häufig eine Funktion haben: Sie dienen unter anderem dazu, einen Standpunkt mitzuteilen.

 

Ein Besucher erkennt an den Symbolen in meiner Wohnung, wer ich bin. Hängt im Zimmer ein Kreuz? Steht irgendwo ein Engel oder eine Maria, hängt ein Papstbild an der Wand? Leuchtet irgendwo ein orangener Buddha vom Regal und neben ihm brennt ein Räucherstäbchen? Solche religiöse Ecken sind auch ein symbolischer Ausdruck von Wertschätzung, eine Selbsterinnerung – sie können tatsächlich auch magisch gemeint sein: Manche Menschen, schreibt der Soziologe, glauben, dass die Engelfigürchen auf ihrem Regal tatsächlich vor bösen Geistern schützen! Was aber fast alle diese „Holzgötter“ im Regal gemeinsam haben: Sie beeinflussen ihre Besitzer emotional. Oliver Susami schreibt:

 

„Die Funktion der emotionalen Selbstbeeinflussung taucht in fast allen meinen Gesprächen auf, jedoch in sehr unterschiedlichem Maße. Während manche eher beiläufig erwähnen, dass sie die Dinge auch schätzen, weil sie schön sind und man sich in Gegenwart schöner Dinge eben wohl fühlt, erscheint bei anderen die bewusste Arbeit an der eigenen Gefühlslage mithilfe der Dinge, mit denen man sich umgibt, als bedeutender Lebensinhalt. Natürlich kann man über jede Religiöse Ecke sagen, dass sie Stimmungen und Gefühle beeinflusst und natürlich schließen sich Symbolik, magische Funktionen und Schönheit überhaupt nicht aus. Aber man kann danach unterscheiden, in welchem Maße den Orten, die mir gezeigt wurden, ihr Wert deshalb zugesprochen wird, weil sie angenehme Gefühle erzeugen.“

 

und schon bald darauf begannen ein paar Wunder zu geschehen:

ich wurde unglaublich reich und noch unglaublicher schön

ich brachte Lahme zum Rennen und die Blinden zum Sehen

und natürlich konnte ich auch über Wasser gehen

 

Ich hab mir einen Gott ins Regal gestellt

und ich hoffe, dass er dort nicht hinunterfällt

und solange er nichts verspricht, was er später nicht hält

ist er doch eine Bereicherung für diese Welt

auch wenn andere behaupten, ich wäre nicht normal

ich habe einen Gott (einen Gott, einen Gott) bei mir im Regal

 

Macht – Reichtum – Geld: Alles natürlich sehr angenehm. Insofern zeigt auch der Holzgott im Regal der „Ärzte“ höchst angenehme, emotional beeinflussende Wirkung. Auch wenn’s die Band komisch-ironisch meint und die Vorstellung natürlich albern ist, dass ein Holzgott im Regal bewirkt, dass man über Wasser gehen kann: Einen Kern Wahrheit haben „Die Ärzte“ getroffen, indem Kraft und damit ein gutes Gefühl vom Gegenstand im Regal ausgeht.

Ich erinnere mich an eine Begegnungsfahrt. Ich muss 19 Jahre alt gewesen sein, ein Jugendlicher aus Hessen mit einer Gruppe unterwegs in den Osten, ins heutige Sachsen-Anhalt. Der Mauerfall war vielleicht ein halbes Jahr her, die Wiedervereinigung stand noch aus. Es gab noch die DDR, die Mauer war noch nicht tatsächlich abgerissen, Straßenverbindungen gingen noch vor allem über die alten Grenzübergänge. Umwege, lange Zuckelei über Landstraßen. Wir waren damals, Anfang 1990, in Gastfamilien untergebracht – und ich erinnere mich an den Wohnzimmerschrank. Dort standen neben Büchern auch drei leere Cola-Dosen. Für diese Dosen musste irgendetwas anderes weggeräumt worden sein. Sie standen dort wie Kunstwerke präsentiert. Müll im Regal? Ich habe es als Jugendlicher wahrscheinlich weniger begriffen als heute: Die Dosen waren die heilige Ecke im DDR-Schrank. Für mich Westler symbolisierten sie nichts. Für den Jugendlichen dort waren sie Ausdruck einer noch nicht ganz gewonnenen Freiheit. Und damit auch einer Hoffnung für die Zukunft. Blech, das aufgeladen war mit einem hohen Wert und gleichzeitig mit einem unglaublichen Erlebnis: Ein Besuch irgendwann vor kurzem im Westen. Seine erste Cola.

 

Aber muss man deswegen den Dosen wie kleinen Götterstandbildern in einem kleinen Altar huldigen? Vergöttert man da nicht einen falschen Gott – gewissermaßen einen Götzen? Der Reformator Martin Luther schrieb in seinem großen Katechismus über die Auslegung des ersten Gebotes, was denn das heißt – „einen Gott haben“.

 

„Ein Gott heißt das, dazu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in allen Nöten; also dass ‚einen Gott haben‘ nichts anders ist, denn ihm von Herzen trauen und glauben; wie ich oft gesagt habe, dass allein das Trauen und Glauben des Herzens beide macht, Gott und Abgott. Ist der Glaube und Vertrauen recht, so ist auch dein Gott recht; und wiederum, wo das Vertrauen falsch und unrecht ist, da ist auch der rechte Gott nicht. Denn die zwei gehören zu Haufe, Glaube und Gott. Worauf du nun (sage ich) dein Herz hängst und verlässest, das ist eigentlich dein Gott.“

 

Freiheit und Hoffnung. Wer daran sein Herz hängt, verlässt sich sicher nicht auf einen „unrechten“ Gott. Auch wenn das durch Coladosen gefühlt wenig hochwertig symbolisiert wird. Vom Gott im Regal geht ein gutes Gefühl aus – ganz wie bei den „Ärzten“. Möglicherweise gewinnt so die kirchliche Formel „Gott will Dir nahe sein!“ eine Bedeutung, die auch außerhalb der christlichen Kerngemeinde verstanden wird.

Eine weitere traditionelle Formel heißt „Jesus lebt!“ oder „Jesus liebt Dich“. Aber wer ist ihm in den letzten knapp 2000 Jahren tatsächlich begegnet? Die Band Depeche Mode zum Beispiel, Ende der 1980er Jahre – behauptet sie.

 

##“Dein eigener Jesus – Jemand, der deine Gebete erhört, Jemand, der sich sorgt

Dein eigener Jesus – Jemand, der deine Gebete erhört, Jemand, der da ist

Du fühlst dich unverstanden? Und du bist allein? Nur Fleisch und Knochen am Telefon?

Nimm den Hörer ab! Ich mache dich zu einem Gläubigen, Nimm den Zweitbesten, Stell mich auf die Probe. Etwas bedrückt dich, Du musst beichten, Ich werde dich erlösen, Du weißt, ich kann vergeben.

Strecke die Hände nach dem Glauben aus – Dein eigener Jesus, Jemand, der deine Gebete erhört, Jemand, der sich sorgt, Jemand, der da ist.“##

 

Your own personal Jesus

Someone to hear your prayers

someone who cares

Your own personal Jesus

Someone to hear your prayers

Someone who’s there

Feeling unknown

And you’re all alone

Flesh and bone

By the telephone

Lift up the receiver

I’ll make you a believer

Take second best

Puts me to the test

Things on your chest

You need to confess

I will deliver

You know I’m a forgiver

Reach out and touch faith

Reach out and touch faith

 

Für viele Fans war der Song bei seinem Erscheinen Ende 1989 eine Herausforderung: Er bricht mit den bisherigen Melodien und Sounds der Band. Anstelle von melancholischem Pop aus Computern kommen jetzt Gitarren zum Einsatz, der Song ist angelehnt an amerikanischen Blues. So beschreiben Sascha Lange und Dennis Burmeister „Personal Jesus“ in ihrem Depeche-Mode-Fan-Buch „Monument“. Das Lied wird trotzdem ein gigantischer Erfolg – in Westdeutschland kommt es auf Platz fünf der Singlecharts und wird im Laufe der Jahre bis heute vielfach von Depeche Mode selbst und von anderen Künstlern neu interpretiert. Martin Gore ist der Songschreiber der Band. Was ihn zu „Personal Jesus“ inspiriert hat, ist in dem Buch „Monument“ beschrieben und dabei wird auch ein Interview mit Gore zitiert:

 

Inspiriert wurde Martin für den Song von einem Buch über die Ehe von Elvis Presley und Priscilla Ann. Er sagt: „Es ist ein Song darüber, für jemand anderen eine Jesusrolle zu übernehmen, jemand zu sein, der Hoffnung gibt, sich kümmert. Es geht aber auch darum, dass Elvis ihr Mann und ihr Mentor war, und darum, wie oft das in Beziehungen vorkommt; irgendwie ist eigentlich ja jedes Herz ein Gott – das ist aber keine besonders ausgewogene Weise, jemanden wahrzunehmen, oder?“

 

Martin Gore ist, als er nach seinem Text gefragt wird, selbst nicht so ganz überzeugt. Den Jesus schwächt er ab zu einer „Jesusrolle“. Und bezieht den Text auf Elvis – gehört wurde das Lied aber meist anders. Ohne Elvis. Dafür um so mehr mit Jesus. Es geht um die großen Themen Sorge, Beichte, Erlösung. Darum, dass wirklich jemand Gebete erhört. Johnny Cash, eigentlich eine Berühmtheit als Country-Sänger, hat kurz vor seinem Tod im Jahr 2003 einige Lieder anderer Künstler aufgenommen. Cash – ein gläubiger Baptist – war bei den Aufnahmen schon von einer unheilbaren, schweren Krankheit gezeichnet. Unter den gecoverten Songs ist auch „Personal Jesus“. Cash sagt dazu:

 

„Also Personal Jesus, das ist wahrscheinlich der evangelikalste Gospelsong, den ich je aufgenommen habe. Ich hab keine Ahnung, ob der Songwriter das so wollte, aber so ist es.“

 

„Der evangelikalste Gospelsong“ – aus dem Munde von Cash sicher ein Lob, auch wenn hier in Deutschland beim Begriff „evangelikal“ sicher einige zucken, weil er bei uns etwas anderes bedeutet. Man kann sich vorstellen, weshalb ein schwerkranker Mann wie Johnny Cash dieses Lied aussucht, um es nachzusingen. Jemand, den seine Krankheit langsam auffrisst. Jemand, dessen Stimme brüchig wird, der zeitweise im Rollstuhl sitzen muss. Das steht keiner alleine durch.

Im Text von „Personal Jesus“ wird telefoniert – Jesus selbst wird angerufen. Oder besser: Jemand, der sich beim Telefonieren als persönlicher Jesus herausstellt. Ich bin überzeugt, dass es jeden Tag oder eher im Schutz der Nacht viele solcher Telefonate oder Gespräche unter vier Augen oder auch vertrauliche Mailwechsel gibt. Unter Partnern, unter Freunden; Menschen, die sich aufeinander verlassen können: Nach einer schrecklichen, medizinischen Diagnose. Bei Stress in der Ehe, bei Sorgen um die Kinder. Das sind keine Gespräche, die sofort intellektuell Probleme analysieren und gleich Lösungen anbieten.

 

Du fühlst dich unverstanden? Und du bist allein? Nur Fleisch und Knochen am Telefon?

Nimm den Hörer ab! Etwas bedrückt dich, Du musst beichten.

 

Fleisch und Knochen am Telefon, jemand, der einfach erzählen muss – und jemand, der bereit ist, einfach zuzuhören. Das übersteigt möglicherweise manchmal den Freundschaftsdienst. Wer nicht in der Sorgenschleife gefangen ist, muss die Leidensleier seines Freundes oder der Freundin mit Geduld ertragen. Vielleicht mit jesusmäßiger Engelsgeduld. Denn eines weiß man historisch einigermaßen sicher über den Menschen Jesus: Er hat vielen zugehört, denen damals keiner so recht Lust hatte zuzuhören. Zöllner, Prostituierte, Frauen überhaupt… Das berichtet die Bibel an vielen Stellen, weil es so auffällig und anders war. Und insofern ist der Gedanke nicht abwegig, dass heute am Telefon jemand förmlich einem anderen zum Jesus wird – weil große Probleme oft etwas kleiner werden, wenn man über sie redet. Viel konkreter lässt sich heute ein Glaubens-Satz wie „Gott ist Mensch geworden“ kaum erfahren. Und es entspricht einer reformatorischen Grund-Erkenntnis Martin Luthers: Jeder Mensch hat seine eigene, unmittelbare Beziehung zu Gott, egal wie intensiv er sie im Alltag spürt. Einen amtlichen Jesus-Stellvertreter braucht es dazu nicht. Also auch nicht zwingend einen professionellen Seelsorger, einen Pfarrer. Martin Luther schreibt:

 

„Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes, und ist unter ihnen kein Unterschied dann des Amts halben allein. Demnach so werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht. Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Papst geweiht sei, obwohl es nicht jedem ziemt, dieses Amt auch auszuüben.“

 

Beiden Liedern – „Personal Jesus“ und der „Waldspaziergang mit Folgen“ – bleibt das gemeinsam: Sie behandeln beide ein in irgendeiner Form „religiöses“ Verhalten, das viele kennen, vielleicht sogar von sich selbst. Wahrscheinlich nicht immer das kirchlichste (geschweige denn „kirchenamtlichste“), aber eines, das für eine christliche Deutung zugänglich ist. Wenn ich in dieser Sendung, im „Feiertag“ von der evangelischen Kirche, über die beiden Songs rede, dann lässt sich das leicht als Übergriff missverstehen, viele Fans sowie ihre Lieblings-Bands und deren Texte würden einfach christlich vereinnahmt, eingemeindet: „Irgendwie seid ihr alle Christen“. Nicht gut, übergriffig eben.

Gemeint ist es anders. Als Einladung: Was für den einen gelebte christliche Nächstenliebe ist, kann für die andere einfach ein Telefonat unter Freundinnen sein. Was dem einen bloße Engels-Deko im Regal ist, ist der anderen vielleicht so etwas wie ein Kraftfeld, etwas Bedeutsames. Möglicherweise haben manche Menschen, die nicht kirchlich sozialisiert sind, den Eindruck, ihr Glaube sei nicht „korrekt“ genug; das, was sie an Hilfe geben können zu banal und der heilige Winkel im Regal oder im Herzen zu profan. Möglicherweise sind diese Menschen aber einfach zu streng mit sich. Wenn sich die Ärzte einen Gott schnitzen dürfen und Depeche Mode in einem Telefonat zu Jesus werden – warum sollten alle anderen dann falsch bescheiden sein? Warum sollten sie nicht selbst auch zu einer religiösen Ecke stehen und das eine oder andere Mal Jesus anrufen – oder gar selbst für einen Moment wie Jesus sein? Oder – wie Depeche Mode-Mann Martin Gore das formuliert – für jemanden eine Jesusrolle übernehmen.

 

 

 

Martin Luther, Der große Katechismus (https://www.ekd.de/glauben/grundlagen/grosser_katechismus_1.html)

 

Oliver Susami, Religiöse Ecken: Eine fotografische Erkundung privater Religiosität und Wohnkultur, Konstanz, Univ., Diss., 2013:

(http://kops.uni-konstanz.de/bitstream/handle/123456789/24271/Susami_Religioese_Ecken_Schriftteil.pdf?sequence=1&isAllowed=y)

03.04.2016
Pfarrer Björn Raddatz