Auf der Himmelswiese

Wort zum Tage
Auf der Himmelswiese
31.01.2017 - 06:23
29.01.2017
Pfarrer Hannes Langbein

Haben Sie schon einmal auf einer Himmelswiese gelegen? – Ich hatte vor einiger Zeit das Vergnügen: In der St. Katharinenkirche in Brandenburg an der Havel. Dort hatte ich mich, weil gerade sonst niemand im Raum war, auf einer der langen Kirchenbänke ausgestreckt und den Blick nach oben in das gotische Deckengewölbe schweifen lassen...

 

Plötzlich war ich in einer anderen Welt: Von überall her sprossen mir allerlei fantastische Pflanzen und Fabelwesen entgegen: Schlingpflanzen, Rankwerk, Trompetenbäume, Blattwerk und exotische Blüten wuchsen im Gewölbe – ein Esel spielte mit dem Dudelsack auf, ein Glatzkopf mit dem Tamburin, während sich ein halbnackter Mann in sein Spiegelbild verliebte und einem Harlekin Blumen und Ranken aus Nase und Ohren sprossen...

 

Eine eigentümliche Gesellschaft dort oben, dachte ich. Beinahe so wie sie sich der Prophet Jesaja in seiner berühmten Himmelsvision vorgestellt hat: Wenn Kinder und Schlangen, Wölfe und Lämmer, Löwen und Rinder friedlich beieinander liegen und miteinander spielen. Oder wie in den Bildern vom Schlaraffenland: Wenn sich die Welt auf den Kopf stellt und sich der Müßiggang zu lohnen beginnt, Flüsse den Berg hinauffließen und dem Narren die Krone aufgesetzt wird...

 

Klar, davon sind wir hier und heute weit entfernt. Wir leben in dieser Welt und müssen uns noch mit den Widrigkeiten des Daseins auseinandersetzen: Wir müssen uns selbst das Honigbrot schmieren und selbst darauf achten, dass die Milch nicht anbrennt – und das ist noch das Geringste. Menschen haben mit ganz anderen Dingen zu kämpfen... – Jesajas Friedensvision ist ein Bild vom Ende der Zeiten. Und das Schlaraffenland ein Märchenland, vor dem ein Berg aus Brei und Pflaumenmus liegt.

 

Wir müssen uns also noch etwas gedulden mit dem neuen Himmel und der neuen Erde. – Es sei denn, wir entdecken in diesem Leben schon etwas davon: In der St. Katharinenkirche in Brandenburg an der Havel zum Beispiel, wo man auf einer der langen Bänke liegend den Blick ins Gewölbe schweifen lassen kann – und dann für einen Augenblick dort ist: Auf der Himmelswiese, unter einem neuen Himmel, auf einer neuen Erde, in einer Gesellschaft von Fantasie- und Fabelwesen, die ihr klapperndes und johlendes Halleluja spielen.

 

Gott sei Dank gibt es solche Orte und Momente von dieser Art!

29.01.2017
Pfarrer Hannes Langbein