Felix

Wort zum Tage
Felix
01.05.2015 - 06:56
30.03.2015
Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit

Felix ist ein junger Mann um die vierzig. Er ist berufstätig. Die Woche über arbeitet er in einem Fahrradladen. Als gelernter Fahrradmonteurhelfer prüft er dort Luftschläuche, repariert Kettenlager und schraubt neue Fahrräder aus alten Teilen zusammen.

 

In seiner Freizeit malt Felix. Er malt zuhause und an zwei Tagen in der Woche auch in einem Atelier. Er malt Könige und andere Berühmtheiten – Portraits von der österreichischen Kaiserin Sissi, von Kaiser Wilhelm, aber auch von Königspinguinen und vom Fußballkaiser Franz Beckenbauer. Seine Bilder werden auch ausgestellt. Eine Ausstellung trug den Titel „Dick find ich schön!“

 

Felix hat einen ganz besonderen Blick auf unsere Welt. Er gilt als Autist. In meinem Arbeitszimmer hängt seit kurzem ein Bild von ihm. Es handelt sich dabei um eine Abendmahlsdarstellung der besonderen Art. Felix zeichnet gerne biblische Motive. Die Tafel, an der die Jünger um den Meister versammelt sitzen, ist bunt und farbenfroh. Die Tafelnden sind es ebenso. Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handele sich um eine Kinderzeichnung. Doch schnell begreift der Betrachter: Hier malt ein Erwachsener. Die Jünger Jesu sehen aus, als kämen sie gerade von der Arbeit. Vor ihnen stehen Bierkrüge – zum besseren Verständnis steht auch drunter, was drin ist in den Krügen: Hefeweizen und Flens – Bier statt Wein.

 

Es ist eine fröhliche Runde. So wie es eben ist, wenn Freunde zusammen sind und miteinander feiern. Mit andächtiger Stille und heiligem Ernst, der die meisten Abendmahlsdarstellungen aus der Kunst auszeichnet, hat Felix‘ Abendmahl wenig zu tun. Es ist die erste und bislang einzige Abendmahlsdarstellung, die ich kenne, auf der Jesus lacht. Weder Wehmut noch Abschiedsschmerz hängen im Raum und trüben die Stimmung. Auch keine düstere Vorahnung von Passion und Kreuzigung liegt auf den Gesichtern. Jesus lacht – lacht ohne dabei lächerlich zu sein: freundlich, zwanglos, liebevoll, zugewandt – so wie man eben miteinander ist unter Freunden und Gleichgesinnten. So, wie es damals war und auch heute noch sein sollte unter denen, die Jesus nachfolgen.

 

Felix kennt sich aus mit Kunst. Unter dem Bild steht sein Titel – Das Abendmahl – darunter: Von Leonardo und Felix. Es klingt nicht anmaßend, sondern ehrlich gemeint und wertschätzend. Und ich glaube, es hätte Jesus und seinen Jüngern gefallen.

30.03.2015
Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit