Alles Lüge

Alles Lüge
14.03.2015 - 23:35
04.03.2015
Stefan Claaß

Wir werden belogen, das wissen wir. Aber selten ist es so deutlich sichtbar geworden wie in diese Woche. Der russische Präsident gibt selbst zu, bei der Besetzung der Krim vor einem Jahr gelogen zu haben. Ist das schlimm? Ja! „Wir haben nichts damit zu tun“, hat er anfangs gesagt. Und ein paar Wochen später: „Natürlich sind russische Soldaten auf der Krim.“

Was macht die andere Seite? Der Oberbefehlshaber der NATO, ein amerikanischer General, hat in den letzten Wochen seine  Berichte aus der Ukraine vorgelegt. Dabei hat er viel höhere Zahlen von russischen Truppen und Panzern genannt als andere verlässliche Quellen. Der General möchte, dass der Westen Waffen in die Ukraine liefert. Wer lügt?  Im Zweifelsfall beide!

 

Belogen zu werden, manipuliert zu werden, vergiftet das öffentliche Klima. Es ist spürbar, wie viel misstrauischer und feindseliger die Töne werden.

 

Und noch eine Manipulation zielt auf uns. In Athen spielt eine große Rolle, wer  verantwortlich sein soll für die aktuelle Schuldenkrise. Die EU sei schuld, heißt es. Dabei hat der frühere griechische Arbeitsminister selbst klargestellt: Es waren vor allem die eigenen früheren Regierungen, die jedes Mal im Wahljahr teure Steuergeschenke beschlossen und den Staat ruiniert haben.

 

Es scheint so, als ob wir nichts gegen Lügen und Manipulationen tun können, gar nichts.

 

Mich erinnert das an eine Geschichte, die Jesus von Nazareth über einen Bauern erzählt hat. Jener Bauer, sagte er, geht auf seinen Acker, um Weizen zu säen. Nachts kommt sein Feind und sät Unkraut unter den guten Weizen. Am nächsten Morgen sehen die Knechte, was passiert ist. Der Weizen ist noch da. Aber überall dazwischen das Unkraut.

Und ich, ich komme mir vor wie so ein Knecht am Morgen. Da finde ich zwischen allen guten und wahren Nachrichten viel Unkraut. Berichte, die Tatsachen verfälschen und verdrehen. Berichte, die mich manipulieren wollen, die in meinen Kopf ein bestimmtes Bild der Lage einpflanzen wollen.

 

Ich finde in diesem Bild vom Acker aber auch Hilfen für meine Situation. Erstens: Ich höre aus dem Evangelium, dass Jesus uns ermutigt: Seid aufmerksame Realisten!

 

Zweitens: In der Geschichte sortiert der Bauer am Ende Weizen und Unkraut auseinander, so wie Gott Wahrheit und Propaganda auseinandernehmen wird.

Gott wird am Ende allen Beteiligten gerecht werden. Darauf vertraue ich.

 

Und aktuell? Können wir wirklich nichts tun? Doch. In der biblischen Geschichte können die Knechte das Unkraut nicht loswerden, aber sie können es immerhin vom Weizen unterscheiden. So können wir Menschen unterstützen, die die Wahrheit unter dem Unkraut suchen. Wir können für sie beten und sie ermutigen: verantwortungsvolle Journalisten, Wissenschaftlerinnen, Neugierige, die gründlich recherchiert haben, was sie sagen und schreiben. Macht weiter!

 

Ich wünsche allen diesen Menschen, ich wünsche Ihnen und mir einen kritischen und mutigen Geist!

 

Bibeltext Mt 13, 24-30

04.03.2015
Stefan Claaß