Kunst in der Kirche - Klang und Raum

Kunst in der Kirche - Klang und Raum

Die Bilder und Installationen des Essener Künstlers Thomas Rother bereichern noch bis zum 9. September 2012 den Innenraum der Melanchthonkirche. Auf materielle, optische und akustische Weise vergegenwärtigen sie Spuren des Bergbaus und der Stahlindustrie.

 

Aus dem Kunstschacht in die Kirche

"Wenn meine Klangskulpturen angeschlagen werden, sind sie auch skulpturale und klangliche Erinnerungen, im 21. Jahrhundert gleichwohl auch ein Stück Versöhnung mit jener Zeit des Raubbaus an Mensch und Natur“, so der bildende Künstler und Schriftsteller Thomas Rother (*1937). Auf dem Gelände des UNESCO-Weltkulturerbes "Zeche Zollverein“ in Essen betreibt er den "Kunstschacht Zollverein“, der gleichermaßen Werkstatt, Ausstellungs- und Wohnraum ist.


Anlässlich des Festivals "BOCHUMER TAGE FÜR NEUE MUSIK“ sind eine Auswahl von Rothers Werken in der Melanchthonkirche ausgestellt, unter anderem zahlreiche seiner in jüngster Zeit entstandenen "Eisen-Abnahmen“. Angefertigt nach einem vom Künstler eigens entwickelten Druck-Verfahren werden Straßenpflaster, Metallwerkzeuge, Gitter und andere Werkstoffe mit starkem und saugfähigem Büttenpapier "abgenommen“. Jede "Abnahme“ ist ein Original, ist sowohl Hand- als auch Fußdruck. Der Künstler setzt teilweise sein Körpergewicht ein, um den unter seinen Händen und Füßen liegenden "Druckstock“ auf das Papier zu pressen.

 

Stahl, der singt und schreit

Hinzu kommen Rothers Klangskulpturen, die als "Zwischengestalten“ Visuelles, Taktiles und Akustisches verbinden. Viele dieser Skulpturen aus Holz, Stahl, Fell, Tiersehnen und Steinen sind bereits im In- und Ausland gezeigt und "gespielt“ worden, unter anderem in Seoul, Tokio, Arnheim, Bratislava, Paris und London.

 

In der Melanchthonkirche zieht insbesondere Rothers raumgreifende Klangschale vor den Stufen des Altars die Besucher in ihren Bann, zieht sie quasi auf ihre Umlaufbahn. So wird auch während des ZDF-Fernsehgottesdienstes diese große, stählerne Schale ihren Klang entfalten.

 

Das Triptychon mit dem Titel "Das gefährdete Paradies“ hat Thomas Rother extra für den Altarraum der Melanchthonkirche geschaffen. Es tritt in einen form- und farbsprachlichen Dialog mit dem dreigliedrigen Altarfenster, das vor 60 Jahren nach den Entwürfen des Bochumer Künstlers Willy Heyer gestaltet wurde. Die einzelnen Bilder tragen die Titel "Cherubim“, "Die Katastrophe und Du“ sowie "Angeschlagen“ und stehen in Kontinuität zu Rothers künstlerischen Auseinandersetzungen mit den Atomkatastrophen in Tscheronbyl und Fukushima. Es handelt sich um Materialbilder als Mischformen aus Papierabnahmen, Brennschlacke, Erde, Steinen, Rostplatten, Kohlenstaub, zerstörten Eisenteilen und unterschiedlichen Farben.

 



Eine umfassende Darstellung der Arbeiten von Thomas Rother findet sich im Bildband "Revier-Atelier Thomas Rother“, herausgegeben vom Klartext-Verlag.