Sie haben es bis zum Meer geschafft. Da drüben, auf der anderen Seite liegt die Freiheit. Männer, Frauen, Kinder, Alte, ganze Familien sind geflüchtet. Zu Fuß waren sie viele Tage lang unterwegs an Kriegsgebieten vorbei bis an die Küste.
Hinter ihnen drohen Kampf und Tod. Sie können nicht zurück. Sie können nur übers Wasser. Wie sollen sie das schaffen? Der Weg übers Meer ist schon für die kräftigen jungen Leute lebensgefährlich. Erst recht für Kinder und Alte. Die Leute haben Angst. Die ersten fangen an zu schreien und flehen um Hilfe.
Diese Fluchtgeschichte steht ganz vorn in der Bibel, im Alten Testament. Die Israeliten fliehen aus Ägypten. Sie haben die Sklavenarbeit dort nicht mehr ausgehalten. Aufstehen, Sachen packen und losziehen, so leicht ist das nicht. Der Gewaltherrscher damals, der Pharao, will sie nicht gehen lassen. Es kostet alle Kraft, bis die Israeliten endlich das Land in Richtung Freiheit verlassen können.
So stehen sie am Ufer des Schilfmeers. Der Pharao hat ihnen seine Kämpfer hinterhergeschickt. Sie haben die Wahl: niedergemetzelt werden oder im Meer ertrinken. In der Bibel geschieht an dieser Stelle ein Wunder. Gott teilt das Meer. Das Volk zieht auf dem Trockenen hindurch. Hinter ihnen kehrt das Wasser zurück. Die Verfolger haben keine Chance. Die Gefahr ist vorbei. Gerettet! Die Flüchtlinge auf der sicheren Seite liegen sich in den Armen. Sie haben Freudentränen in den Augen. Eine Frau stimmt ein Lied an: „Lasst uns Gott singen, denn er hat eine herrliche Tat getan.“[i] Und Gott spricht zu seinem Volk: Vergiss nie, dass du aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geflohen bist und ich, dein Gott, habe dich herausgeführt.[ii]
Ich lese diese Geschichte in der Bibel und denke an die Bilder, wie in der vergangenen Woche Tausende Flüchtlinge bei uns in Deutschland angekommen sind. Männer, Frauen, Kinder, Alte, ganze Familien. Viele von ihnen sind vor dem Krieg in Syrien geflohen. Sie sind müde und erschöpft. Doch sie haben Freudentränen in den Augen. Sie sind gerettet. Einheimische am Münchner Hauptbahnhof erwarten sie, halten Schilder hoch und rufen ihnen zu: „Willkommen!“
Nach der Freude über die Rettung kommen in der Bibel Wüstenzeiten. Die Israeliten sind noch lange nicht am Ziel, sondern irren durch karges, steiniges Land. Es wird viele Jahre dauern, bis sie wirklich ankommen. In der Zwischenzeit fangen manche an zu murren.
Wüstenzeiten wird es auch bei uns in Deutschland geben. Die Freude ist überwältigend, dass die Flüchtlinge sicher angekommen sind und so viele sie großherzig begrüßen wie gerade in München. Wie geht es weiter? Wie finden sich die zurecht, die hier bleiben können? Wie gelingt das Zusammenleben? Mancher Flüchtling und mancher Helfer wird ernüchtert und enttäuscht sein.
Die Fragen drängen. Es braucht eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in Europa. Das Mittelmeer darf nicht weiter zum Massengrab für Flüchtlinge werden. Der deutsche Außenminister fordert, die Bundesmarine solle sich an der Jagd auf Schlepperbanden beteiligen. Dabei könnten Kriegsflüchtlinge viel sicherer und für alle viel billiger mit dem Flugzeug nach Europa kommen. Aber das scheitert an Vorschriften. Wie sollen sie in ihrem zerschossenen Heimatland ein Visum bekommen?
In der Bibel bleibt den Israeliten die Wüste nicht erspart. Aber auch die Freude über die Rettung bleibt. Sie zieht sich durch die ganze Bibel: Gott hat uns befreit. „Dieses Bild werde ich wohl nie vergessen“, sagt Christina. Mit vielen anderen hat die 19-Jährige am vergangenen Wochenende am Hauptbahnhof München ehrenamtlich geholfen. Sie hat Kleiderspenden sortiert, SIM-Karten von Handys freigeschaltet, damit die angekommenen Flüchtlinge ihre Angehörigen anrufen können. Die Bilder von der Rettung und der Hilfe für Flüchtlinge sind stärker als die Sorgen. Natürlich warten Schwierigkeiten. „Wir schaffen das!“, sagen viele Helfer und jetzt auch die Bundeskanzlerin und der Präsident der Europäischen Kommission. Vergiss nicht, ich habe dir schon aus Schlimmerem herausgeholfen, sagt Gott in der Bibel.
Ein Segen, dass die Bibel Flucht und Rettung an den Anfang der Gottesbeziehung stellt. Sie können darüber mit mir bis 8.00 Uhr sprechen unter 030 für Berlin und dann 325 321 344. Ich wiederhole: 030 325 321 344. Oder diskutieren Sie mit auf Facebook unter „deutschlandradio.evangelisch“.