gemeinfrei via unsplash / Ismael Paramo
Langer Atem
Die Beweggründe, warum Menschen sich engagieren
12.09.2025 06:35

29 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich. Das ist fast jede:r Dritte. Was motiviert sie?

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Heute und morgen lädt der Bundespräsident zum Bürgerfest im Park von Schloss Bellevue. "Ehrensache – ich bin dabei", so das Motto. Heute sind 4000 Menschen eingeladen, die sich ehrenamtlich engagieren. 4000 von ungefähr 29 Millionen. 29 Millionen – fast jeder Dritte setzt sich in Deutschland für andere ein mit Zeit und Kraft, mit Ideen und Kompetenz. Freiwillig und unentgeltlich.

Was motiviert diese Menschen? Bestimmt die gute Sache. Gleichgesinnte. Etwas vom eigenen Glück weitergeben wollen. Sich im Ruhestand noch einmal ganz neu ausprobieren oder als Jugendlicher die eigenen Fähigkeiten durch ein Ehrenamt entdecken. Anerkennung natürlich auch. Das steckt ja schon in dem Wort: Ehrenamt. Manche motiviert ihr christlicher Glaube: Für andere da sein. Das liegt in der DNA der biblischen Nächstenliebe.

Elisabeth Kunze ist so eine. Ich habe sie und ihr Engagement vor einiger Zeit kennengelernt. Es war Mitte der 1990er Jahre, da erfährt sie von der Not in der Ukraine. Der Krieg heute lag damals in weiter Ferne. Aber einige Menschen in der Ukraine waren damals so arm, dass sie in Kliniken verhungert sind. Das darf um Gottes Willen nicht sein!

Elisabeth Kunze gründet einen Verein, der Hilfsgüter sammelt, medizinische Geräte, Kleidung. Die gespendeten Sachen transportieren sie zu Kirchengemeinden und sozialen Einrichtungen in der ganzen Ukraine. In die Orte, die wir heute aus den Kriegsnachrichten kennen: nach Lviv, Charkiv, Dnipro, Odessa.

Elisabeth Kunze und ihr Verein stehen nicht allein. Die Kirchengemeinde Lobetal, nordöstlich von Berlin, unterstützt sie. Mindestens einmal im Monat gibt es einen Transport in die Ukraine. Jahrein. Jahraus. Ich habe Respekt vor ihrem langen Atem. Denn es ist schwer, ein Thema über Jahre wachzuhalten.

Irgendwann denkt Elisabeth Kunze: Jetzt ist es auch einmal gut. Ich bin nun schon sso lange schon in Sachen Ukraine unterwegs. Das Land entwickelt sich. Langsam wird es besser. Langsam, aber immerhin.

Und dann kommt der Krieg. Mit dem 24. Februar 2022 ist alles anders. Ans Aufhören ist nicht mehr zu denken. Weitermachen ist das Gebot der Stunde. Die Hilfsbereitschaft überschlägt sich. Unentwegt kommen Menschen nach Lobetal, den Kofferraum ihrer Autos voll mit allem, was nötig ist. Schlafsäcke, Decken, warme Mäntel, Stiefel.

Die vielen Sachen müssen erst einmal sortiert werden. Ich helfe mit und kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass die kleine Ukrainehilfe in Lobetal in der Lage ist, all diese Dinge überhaupt richtig in Empfang zu nehmen. Geschweige denn, sie in die Ukraine zu bringen.

Aber Elisabeth Kunze kann das. Sie kann auf ihre jahrelange Erfahrung zurückgreifen. Auf die vielen, die ehrenamtlich mithelfen. Und sie hat persönliche Beziehungen in alle Teile der Ukraine. Ortskundige Fahrer, die bis in die hintersten Winkel fahren.

Jeden Tag macht sich mindestens ein großer Laster auf den Weg. Immer, wenn ich Elisabeth Kunze in ihrem engen Büro besuche, sitzt sie zwischen Papieren. Immer klingelt mindestens ein Telefon. Von früh bis spät koordiniert und managt sie die Hilfe: ehrenamtlich. Weil sie sich verpflichtet fühlt. Verpflichtet den Menschen, für die sie das tut. Getragen von ihrem Glauben an Gott. Sie vertraut darauf, dass Gott ihr Türen öffnet: dass Geld und Spenden im richtigen Augenblick eintreffen. Wenn sie nicht mehr weiter weiß, faltet sie die Hände und betet. Und hat oft erlebt, dass es sich fügt.

Ehrenamt. Die Welt wäre ärmer, wenn es das nicht gäbe. Ein Hoch auf das Ehrenamt und Danke! Danke! Danke! an alle, die sich für andere engagieren!

Es gilt das gesprochene Wort.

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