Wort zum Tage
Fliegenklatsche
26.09.2018 06:20
Sendung zum Nachlesen

 

In diesem Jahr ist eines merkwürdigen Jubiläums zu gedenken. Vor 65 Jahren, 1953 also, erfand der Württemberger Erfinder Erich Schumm die Fliegenklatsche. Es ist erstaunlich, dass ein so einfaches Gerät erst erfunden werden musste, und das erst vor nicht allzu langer Zeit. 1953 war zum Beispiel ich schon auf der Welt. Für viele Fliegen war die Fliegenklatsche ein Segen. Sie sorgte für einen schnellen Tod. Ich habe es noch erlebt, wie verzweifelte Fliegen unentwegt mit den Flügeln schlugen, um sich von dem unsäglichen Klebeband zu befreien, das damals in vielen Küchen und Gasträumen hing. Viele wissen wahrscheinlich gar nicht, wovon ich spreche. Überflüssig wurde dann auch die Untertasse mit dem Honig, in dem die Fliegen kleben blieben. Da war die Fliegenklatsche eine beinahe humane Erfindung. Allerdings hatte sie einen Nachteil: Sie hinterließ hässliche Flecken von den toten Tieren auf der Tapete. Manche Verbesserung wurde deswegen vorgeschlagen; gehalten hat sich allen Nachteilen zum Trotz die klassische Fliegenklatsche von Erich Schumm. Es fragt sich jedoch, ob dieses fliegentötende Verfahren noch aktuell ist. Denn die Insekten sind nahezu vom Aussterben bedroht. Die Insektizide vor allem in der Landwirtschaft haben den Bestand fühlbar verringert. Wenn sie gänzlich ausstürben, hätte das unabsehbare Konsequenzen für die Menschen- und die Tierwelt. Aber auch ohnedies ist jedes Leben als Teil der Schöpfung Gottes zu achten und nicht gedankenlos zu vernichten. Diese Meinung vertrat kein Geringerer als Albert Schweitzer. Man erzählt: Als er in Lambaréné ein Insekt auf seinem Arm hatte, schlug ein Mitarbeiter das Tier tot. Schweitzer war entsetzt und verbat sich eine solche Barbarei für alle Zeiten. Er war der Meinung: „Wir dürfen Tod und Leid über ein Tier nur bringen, wenn eine unentrinnbare Notwendigkeit dafür vorliegt, und wir müssen alle das Grausige empfinden, das darin liegt, dass wir aus Gedankenlosigkeit leiden machen und töten.“ Ich setze hinzu: Denn auch die Fliege - oder sogar die Mücke - ist ein Teil der Schöpfung Gottes und füllt ihren Platz in dem Gefüge des irdischen Kosmos sinnvoll aus. Von daher hat sie ihre Würde und ihre Existenzberechtigung. Insofern gilt es, sanfte Methoden zu entwickeln, um sich der Zumutungen durch die Insekten zu erwehren. Eine Handbewegung reicht aus, um die Fliege davonfliegen zu lassen. Und man kann mit seinem Obst so sorgfältig umgehen, dass die Fruchtfliegen gar nicht erst groß von ihnen angezogen werden. Legen wir also die Fliegenklatsche öfter mal ungenutzt aus der Hand, betrachten sie als ein Relikt aus alter Zeit und halten das Lebendige lebendig.

 

Es gilt das gesprochene Wort.