Guten Abend. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und der israelischen Reaktion darauf ist mein Stadtteil - Berlin-Neukölln - noch mehr als sonst in den Schlagzeilen. Meist negativ: Übergriffe, Hass, Gewalt.
Nahost in Neukölln. Wie können wir nach dem 7. Oktober Brücken bauen?
Das war die große Frage bei einer Podiumsdiskussion der Bürgerstiftung Neukölln. Das Interesse an der Veranstaltung war enorm. Der Saal im Nachbarschaftshaus überfüllt. Zusammen mit einem Kollegen hatte ich die Moderation und – offen gestanden – Angst, dass die Veranstaltung eskalieren könnte.
An diesem Abend trafen sich „Brückenbauer“: Frauen und Männer unterschiedlicher Herkunft stellten Projekte vor, die zeigen: Es ist so wichtig, Raum für Begegnungen von Mensch zu Mensch zu schaffen.
Zum Beispiel gehen ein Imam und ein Rabbi gemeinsam in eine Schulklasse Erzählen von sich und ihrem Glauben. Die Kinder und Jugendlichen können ihre Fragen stellen. Da beginnen Vorurteile zu bröckeln.
Eine Lehrerin der Gemeinschaftsschule Campus Rütli berichtet von ihrem Kurs „Israel/Palästina“. Viele Schüler und Schülerinnen tragen aufgrund biographischer Bezüge den Krieg mit ins Klassenzimmer. Im Kurs können sie über all das reden, was sie mit sich herum schleppen Und erkennen: Es gibt mehr als nur eine Sichtweise
Und im arabisch geprägten Rollbergviertel von Neukölln helfen jüdische Freiwillige Kindern bei den Hausaufgaben und spielen zusammen Basketball.
Es sind persönliche Begegnungen, die Vertrauen schaffen. Einige im Publikum outeten sich als jüdisch oder palästinensisch – und das in Neukölln. Denn vielen Palästinensern fehlt ein Raum, um offen ihren Schmerz auszudrücken, ihre Meinung zu sagen. Juden sprechen von ihrer Angst auf der Straße. Und von ihrer Sehnsucht nach einem freundschaftlichen Umgang mit Palästinensern und Arabern im Alltag.
Deshalb ist es so wichtig zu differenzieren: Nicht jede Jüdin ist religiös, nicht jeder Israeli ein Anhänger der israelischen Politik. Und nicht jede Palästinenserin ist eine Muslima, nicht jeder Moslem ist Islamist und schon gar nicht Terrorist.
Dieser Neuköllner Abend zeigte: Jede und jeder kann Brücken bauen. Das Paradebeispiel eines Brückenbauers ist für mich – Jesus. Ein Jude. Auch zu seiner Zeit ging es nicht friedlich zu. Trotz politischer wie religiöser Tumulte hat Jesus keinerlei Berührungsängste. Weder bei der Begegnung mit der andersgläubigen Samariterin noch beim Gespräch mit dem römischen Hauptmann. In seinem engsten Kreis ist der verhasste Zöllner, der mit den römischen Besatzern kooperierte. Und sogar ein Zelot, ein Messerstecher, der die Römer mit Gewalt aus dem Land jagen wollte.
Bis heute lädt Jesus dazu ein, mit ihm über die Brücken der Nächstenliebe und der Fremdenliebe zu gehen.
Und falls Sie Lust haben, morgen mal über eine neue Brücke zu gehen, könnte der Sonntag für ganz viele zu einem „Brückentag“ werden.
Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB)
Redaktion: Ulrike Bieritz
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