Heile, heile Gänsje
01.03.2025 23:50

"Heile heile Gänsje" - dieser Fastnachtsklassiker beschäftigt Benedikt Welter in seinem Wort zum Sonntag. Wenn jemand für ihn die Zeilen "es wird bald wieder gut" summt, tröstet ihn das. Und die Zusage "in hunnerd Jahr is alles weg" relativiert so manche Herausforderung, die unüberwindbar scheint.

Sendetext lesen:

Einen guten späten Abend, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer.


"Heile, heile Gänsje, es is bald widder gut; das Kätzje hat e Schwänzje, es is bald widder gut.
Heile, heile Mause Speck; in hunnerd Jahr ist alles weg".
Ich bin am Mittelrhein geboren und aufgewachsen; zwischen den beiden großen "Karnevals-Hochburgen": Mainz und Köln.

"Heile, heile Gänsje" – eigentlich ein Kinderreim. Die Mainzer Fassennacht  hat daraus einen Klassiker gemacht. Mitten zwischen Helau und Alaaf, zwischen Humbahumbatäterä und Tschingderassabum gehört auch so ein melancholischer Sound zum Karneval, zur Fastnacht. Ein Sound, der vielleicht auch Sie ansprechen kann, wenn Sie in einer weniger karnevals-sensitiven Gegend unserer geplagten Republik leben.

"Heile, heile Gänsje, es is bald widder gut …"
Meine Oma hat das oft vor sich hin gesummt; wenn sie gespürt hat, dass mich etwas bedrückt. Wenn ich nicht drüber reden konnte oder mochte, dann hat sie es mir als Kind zugesungen, Ein Lied wie Balsam. Klar. Omas Gesang hat nichts an dem verändert, was mich bedrückt; aber ich konnte lächeln. Die Situation bleibt, aber das Lied macht dich stärker; und dann kannst du ein bisschen besser damit umgehen.

"In hunnerd Jahr is alles weg" – der letzte Satz des Liedes: der macht’s für mich. Klingt banal, hat aber Wirkung: Er sagt, dass alles schlicht auch ein Ende hat – selbst das, was jetzt so mächtig und laut und grell und verwirrend daherkommt.
"In hunnerd Jahr is alles weg" – auch dieser Vers verändert nichts von dem, was um mich herum geschieht. Aber er taucht das alles ins milde Licht der Vergänglichkeit. Dadurch merke ich etwas Existentielles: Dass nämlich alles relativ ist, das ist positiv! Da bekommt mein persönliches Leben mitten im Durcheinander dieser Zeiten eine Chance, da kann ich mich neu sortieren.

Überhaupt finde ich die Tollen Tage von Karneval und Fasching eine prächtige Lehrmeisterin; sie zeigt uns die konstruktive Wirkung des Endes: es kommt der Aschermittwoch. Vom Ende her und auf das Ende hin werden alle Kräfte in Gang gesetzt: vorher feiern, vorher schunkeln, vorher lachen – bei uns in den Rheinlanden passiert das in einem großen Kollektiv der Narretei. Gemeinsam mit anderen, die mir vorher fremd waren und nachher wieder fremd sein werden. Am Aschermittwoch ist ja alles vorbei.

"Heile, heile Gänsje, es is bald widder gut …"
Ich summe dieses Lied in unsere Tage hinein, wo sich eine neue Weise des Umgangs breitmacht: ein Umgang, der zerrütten will. Und der sich selbst verherrlicht mit dem Wort "disruptiv". Scheinbar haben zunehmend Menschen Freude daran, andere zu verstören und kirre zu machen; und dann besaufen sie sich selbst an ihrer wirklichen oder vermeintlichen Macht. Dieser abartigen Freude setze ich die melancholische Freude des Meenzer Fastnachtschlagers entgegen. Und die Zuneigung, die darin liegt, wenn jemand dieses Lied einer oder einem anderen zusummt und zusingt.

"Heile, heile Gänsje, es is bald widder gut; das Kätzje hat e Schwänzje, es is bald widder gut.
Heile, heile Mausespeck, in hunnerd Jahr is alles weg."

Gesegnete Fastnacht und schönen Aschermittwoch Ihnen – egal, wie sie diese Tage begehen!
 

Kontakt zur Sendung

Katholische Rundfunkbeauftragte für Das Wort zum Sonntag für den SR  und DR
Luisa Maurer, Bistum Trier

Katholische Rundfunkarbeit
Ursulinenstraße 67
66111 Saarbrücken

Tel: 0671 79468822
E-Mail: rundfunkarbeit.sr@bistum-trier.de