Einen guten späten Abend, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer.
Ich bin gespannt: darf ich es ihm geben? Josef wippt in seinem Rollstuhl auf und ab. Speichel rinnt aus dem Mundwinkel und es ertönt ein kleiner Jauchzer. Der Vater sagt: "Brechen Sie es noch etwas kleiner". So führe ich nur ein ganz kleines Stückchen von der Hostie in seinen Mund. Er nimmt es. Mutter und Vater lächeln mich an.
Ich habe geschwitzt und mich innerlich gefreut. Josef ist eins von acht Kindern, die ich in einer ganz besonderen Erstkommunion erleben durfte. Jedes von ihnen mit einer oder mehreren Beeinträchtigungen. Josef sitzt im Rollstuhl. Er ist nicht sprechend, aber sehr fähig, zu kommunizieren. Ihn zu verstehen, erfordert mehr als eine gemeinsame Sprache. Und dennoch verstehe ich ihn. Es braucht, sich aufeinander einzulassen. Ich verstehe: Heute ist für ihn und die anderen Kinder ein besonderer Tag.
Und mit den Kindern zusammen bewegen mich ihre Eltern. In einigen Treffen zusammen mit der Religionslehrerin an der Förderschule, ein paarmal war ich auch dabei…; in einigen Treffen haben sie diese besondere Erstkommunion vorbereitet. Einige Eltern waren unsicher, ob die Kinder die Kommunion von mir annehmen und auch in den Mund nehmen. "O.K. warten wir‘s ab. Die Kinder geben den Ton an. Sonst gebe ich Ihnen die Hostie in einem Gefäß mit und Sie reichen sie, wenn es Ihrem Kind passt."
Es wird eine Feier unter großer Beteiligung aller Familien; die Kirche ist voll. Von Anfang an geben die Kinder die Atmosphäre vor: freudig und behutsam. Am Ende macht eines der Kinder mit mir das "Give me five" und klatscht ab: lächelnd. Lächelnd und mit Tränen in den Augen die Eltern.
Diese Feier war dann noch länger Gesprächsstoff in der Gemeinde. "Die armen Eltern und Großeltern", sagte mir einer. Immer noch sichtlich bewegt, aber offenkundig auch verstört durch die vielen Beeinträchtigungen der Kinder. "Nein", denke ich, "die reichen Eltern und Großeltern".
Natürlich leisten diese Familien viel und – das ist sicher auch anstrengend. Doch das Engagement der Eltern für diese Feier hat mir gezeigt, wie viel Liebe sie ihren Kindern geben; wie viel sie selbst im Umgang mit ihnen lernen und organisieren und verarbeiten müssen. "Das ist Hingabe", habe ich dem Mann geantwortet, "nicht Aufgabe! Und wer sich hingibt, gibt sich nicht auf – ganz im Gegenteil."
Diese Erstkommunion hat für mich eine Tiefendimension erfahrbar gemacht, die doch eigentlich in jedem Gottesdienst steckt. Unsere Rede vom dreifaltigen Gott erscheint manchmal spröde und akademisch entrückt oder plump vereinfacht; dieses Fest war ein Lehrstück von guter Gottesbotschaft.
Dieser Sonntag heißt ja Dreifaltigkeitssonntag, Sonntag Trinitatis; Gott ist für uns Christinnen und Christen nicht einer fernab irgendwo weit weg von uns. Gott gibt sich für uns hin – in Jesus Christus. Er gibt sich für uns hin und gibt uns nicht auf. Der dreifaltige Gott ist ein Gott der Hingabe, nicht der Aufgabe. Wenn Josef in seinem Rollstuhl jauchzt, dann ist das Gebet und noch viel mehr: So jauchzt Gott über seine eigene so unendliche Schöpfung Mensch. Die einzige Kategorie, die dieser Gott für jeden Menschen zulässt, ist: liebenswert! Absolut und unbeeinträchtigt liebenswert.
Ihnen wünsche ich einen gesegneten Dreifaltigkeitssonntag.
Saarländischer Rundfunk (SR)
Redaktion: Barbara Lessel-Waschbüsch
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