50 Worte möchte Wort zum Sonntag Sprecher Benedikt Welter über Menschlichkeit finden. Gar nicht so einfach, wenn so viel Unmenschliches im Kleinen und im Großen in dieser Welt zu beobachten ist. In seinem Wort zum Sonntag denkt er darüber nach und sucht sich ein Beispiel darin, wie Gott selbst uns das vormacht: die Sache mit dem Mensch sein.
Sendetext lesen:
Einen guten späten Abend, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer!
"50 Worte Menschlichkeit". Das ist eine Aktion von Kirchenleuten in Neunkirchen im Saarland. Menschen aus der Öffentlichkeit sollen bitte 50 Worte schreiben zum Thema Menschlichkeit. Über Facebook und andere Kanäle wird das dann mit Foto veröffentlicht. So haben sie auch mich gefragt. Menschlichkeit? Klingt doch gut. Da mach ich mit.
Aber dann. Ich sehe ganz andere Geschichten als Menschlichkeit: Caritas-Beratungsstellen berichten mir, wie aggressiv Menschen manchmal Beraterinnen angehen – dabei wollen die ihnen doch helfen. Da müssen interne Notrufsysteme installiert werden. Der Leiter eines Krankenhauses erzählt, dass immer häufiger Patienten Pflegepersonal und Ärzte attackieren. Das Klinikum hat für viel Geld eine Security-Firma engagiert. Alles ganz in der Nähe – und wenn ich erst in die große weite Welt blicke...
50 Worte Menschlichkeit?
Am liebsten würde ich für die Aktion in Neunkirchen aus der Dreigroschenoper zitieren. Zweites Finale. Eine Stimme aus dem Off fragt: "Denn wovon lebt der Mensch?" Die Antwort: "Wovon lebt der Mensch? Indem er stündlich den Menschen peinigt, auszieht, anfällt, abwürgt und frisst! Denn davon lebt der Mensch, dass er so gründlich vergessen kann, dass er ein Mensch doch ist."
Denn davon lebt der Mensch, dass er so gründlich vergessen kann, dass er doch ein Mensch ist. That’s it. Kann das klappen mit 50 Worten Menschlichkeit?
Mir kommt es vor, als vergesse der Mensch sich selbst immer mehr. Und das ist böse. Wo immer Mensch vergisst, dass Mensch er oder sie ist, spielt Mensch die schrille oder sanfte Kakophonie des Bösen. Das Böse setzt auf schnelle Wirkung und große Reichweite. Das Gute hingegen ist geduldig und bläht sich nicht auf. Das Böse ist laut, das Gute eher still. Das Böse macht aus dem X ein U, zu Weiß sagt es Schwarz und umgekehrt und umgedreht, verkehrt und verdreht.
Hauptsache: Mensch vergisst gründlich, dass sie oder er Mensch ist; und er phantasiert gern, er habe die Macht über andere Menschen. Er dürfe andere peinigen, anfallen, fressen.
Und die 50 Worte Menschlichkeit, die ich aufschreiben soll? Ich werde sie beim Apostel Paulus in der Bibel ausleihen:
"Jesus Christus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich, wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen. Er war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht."
Ja – allzu oft vergisst Mensch, Mensch zu sein. Gott ist da anders. Statt zu vergessen, wie Mensch Mensch ist, macht Gott uns täglich vor, wie das geht. Ich halte mich an Gottes Erinnerungsvermögen – einfach um als Mensch Mensch zu bleiben.
Ich wünsche auch ihnen einen menschlichen – also einen gesegneten Sonntag.
Katholische Rundfunkbeauftragte für Das Wort zum Sonntag für den SR und DR
Luisa Maurer, Bistum Trier
Katholische Rundfunkarbeit
Ursulinenstraße 67
66111 Saarbrücken
Tel: 0671 79468822
E-Mail: rundfunkarbeit.sr@bistum-trier.de