"Ihr seid das Licht der Welt", sagt Jesus in der Bergpredigt. Zu diesem Zuspruch gestaltet Pfarrer David Reichert mit Menschen aus der Kirchengemeinde den Gottesdienst. Er folgt den Spuren des Lichts. Viel Helles wird in Wort und Musik zur Sprache kommen. Aus den Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi erklingt "Der Sommer".
Die Heidelberger Sängerin Barbara Unseld, ein Streichquartett aus aktiven und ehemaligen Musiker:innen des Mannheimer Nationaltheaters, ein Bläserquartett des Ladenburger Posaunenchores und die Organistin Gisela Schäffer werden den Gottesdienst musikalisch mitgestalten.
Nach dem Gottesdienst können Hörer:innen von 11 bis 13 Uhr anrufen. Unter der Rufnummer 06203 9562434 ist mit jemand aus der Gemeinde für sie da.
Lieder des Gottesdienstes:
1. EG 504, Strophen 1 bis 3 und 6: Himmel, Erde, Luft und Meer zeugen von des Schöpfers Ehr. Meine Seele, singe du, bring auch jetzt dein Lob herzu.
2. EG 503, 1 bis 3 und 8 und 13: Geh aus, mein Herz und suche Freud!
4. EG 171/GL 453, Strophen 1 bis 3: Bewahre uns Gott, behüte uns, Gott
Predigt nachlesen:
I
Der Sommer ist die Jahreszeit, in der das Leben ausgekostet werden kann, so scheint es jedenfalls. Ich persönlich liebe am Sommer vor allem das Licht. Es malt über den Tag hinweg ganz unterschiedliche Farben über Städte, Dörfer, Land und Flur. Besonders am Abend, wenn ich nach getaner Arbeit im Pfarrgarten sitze, bin ich immer wieder fasziniert von dem Licht- und Schattenspiel, von den Farbverläufen und Farbtönen am Himmel.
Hier in Ladenburg leben wir in einer Art "mittelalterlichem Freilichtmuseum". Gerade die Fachwerkgebäude, die Kirchen und Plätze enthüllen erst im Sommerlicht ihre besondere Schönheit und Faszination.
Oftmals wird mir erst an grauen und dunklen Tagen die Wirkung des Lichts auf meine Wahrnehmung des Lebens um mich herum bewusst. Wahrscheinlich machen auch sie, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Gemeinde, immer wieder die Erfahrung, dass das Lebensgefühl an sonnigen und hellen Tagen ein anderes, ein positiveres ist. Wir Menschen brauchen Licht. Leben braucht Licht.
Unser Denken und Fühlen kommt nicht aus, ohne Licht.
Diese Erkenntnis ist auch der Bibel nicht fremd. In unzähligen Bildern beschreiben biblische Texte die Wirkweisen des Lichts. Sogar die Bibel, das Wort Gottes selbst, wird als "Licht" bezeichnet, das uns den Weg weist. So beispielsweise im 119. Psalm, wo es heißt: "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege." Gott schenkt uns Licht, damit wir ein helles und befreites Leben führen können. Es will uns helfen, uns im Leben zurechtfinden. Gottes Wort, so betont es der Psalm, will uns das zukommen lassen, was wir brauchen, so dass wir nicht im Dunkeln tappen. Und dieses Licht scheint nicht nur zu einer bestimmten Jahreszeit. Es ist uns geschenkt, wir tragen es bei und in uns, in jedem Augenblick.
Antonio Vivaldis hat in seiner Komposition "Die Vier Jahreszeiten" unterschiedliche Naturerscheinungen der jeweiligen Jahreszeit musikalisch imitieret. Im zweiten Satz wird der "Sommer" mit seinen Tierstimmen, Winden, der Hitze und den Gewittern interpretiert. Hören wir den ersten Teil dieses Stückes und spüren wir dabei den sommerlichen Motiven in der Melodie nach.
II
Ja, so klingt der Sommer … - wir alle verbinden mit der warmen Jahreszeit ganz verschiedene Empfindungen, Erfahrungen und Eindrücke. Ein paar davon haben wir ja vorhin von Nora, Nico, Ingrid und Otto gehört. In ihnen kamen vor allem die schönen und angenehmen Seiten des Sommers zu Wort. Von fröhlichen Freizeitaktivitäten, genussvollen Momenten und wohltuender Entspannung war zu hören. Aber natürlich kennen wir auch das, was den Sommer für Mensch und Natur beschwerlich macht: die große Hitze, die mit dem Wandel des Klimas zunehmend extremer und für die Gesundheit gefährlicher wird, die Wochen ohne Regen, in denen die Natur leidet, und die Landwirte, die um ihre Ernte bangen; die Unwetter und Extremwettereignisse mit ihrer zerstörerischen Kraft. Gerade letztere wurde uns vor zwei Wochen wieder auf tragische Weise vor Augen geführt, als in Baden-Württemberg infolge eines Erdrutsches nach Starkregen ein Zug entgleiste. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, viele wurden verletzt.
Das Licht der Sonne – es ist in manchen Bereichen des Lebens nicht nur lebensfördernd, sondern auch lebensbedrohend. In vielen Ländern dieser Erde sind inzwischen Tagestemperaturen von über 45 Grad keine Seltenheit mehr. Leben unter extremem Sonnenlicht ist oft weit entfernt von Leichtigkeit, Genuss und Lebensfreude.
"Wo Licht ist, da ist auch Schatten", könnte man nun sagen. Ja, das stimmt. Ich selbst mache diese Erfahrung ganz oft. Neben frohe und glückliche Licht-Momente gesellen sich in meinem Leben und um mich herum auch die Schatten-Zeiten. Wir alle kennen sie, und vielleicht erleben Sie gerade ganz persönlich solch eine "Schatten-Zeit" mitten im Sommer. Vielleicht trauern Sie um einen Lieben Menschen. Vielleicht sorgen Sie sich um ihre private und berufliche Zukunft. Vielleicht verspüren Sie große Angst vor etwas, das bevorsteht. Vielleicht leiden Sie in diesen Tagen auch unter einer Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit.
Und auch die Schatten der Kriege, der Gewalt, der Not und des Todes auf dieser Welt kann das Sommerlicht nicht beseitigen.
Auch Christen wissen, dass der Lebensweg nicht nur über helle und sonnige Höhen, sondern eben oftmals auch durch tiefe und schattige Täler führt. Als Glaubende sind auch wir nicht vor den
dunklen Zeiten des Lebens gefeit. Licht und Finsternis, Freude und Trauer, Glück und Leid – zwischen diesen gegensätzlichen Polen bewegt sich alles Leben.
Aber Gott entlässt uns nicht einfach in diesen Lebensraum. Er überlässt uns auch nicht den unterschiedlichen Erfahrungen nach dem Motto: "Sieh zu, Mensch, wie du selbst damit klarkommst".
Stattdessen macht uns die Bibel auf sein Licht aufmerksam, das uns durch alle Zeiten hinweg erfüllen und Hoffnung schenken will. Im 2. Korintherbrief z.B. schreibt der Apostel Paulus: "Denn so wie Gott einmal befahl: »Licht soll aus der Dunkelheit hervorbrechen!«, so hat sein Licht auch unsere Herzen erhellt. Jetzt erkennen wir klar, dass uns in Jesus Christus Gottes Herrlichkeit entgegenstrahlt."
Gott hat mit seinem Licht auch unsere Herzen erhellt, damit wir erkennen, was uns mit Jesus Christus geschenkt ist. Die Herrlichkeit Jesu Christi "strahlt" uns entgegen, so der Apostel. Alles das, was Gott in Jesus für uns gewirkt und bewirkt hat, wird jetzt für uns erkennbar, weil Gottes Licht unsere Herzen erhellt. Diese Art "Erleuchtung", von der Paulus spricht, ist nichts anderes als "Glaube". Paulus geht es hier um ein grundsätzliches Vertrauen in Gottes Kraft, die sich in Jesus Christus zeigt. Ein Vertrauen in einen Gott, der die Mächte des Leids, der Not und des Todes überwunden hat. Der Glaube, dass Gott auch aus dem Bösesten noch Gutes entstehen und die Schatten des Leids und des Todes in das Licht des Lebens verwandeln kann.
Ja, solch einen Glauben wünsche ich mir. Den Glauben, dass Gott mir nahe ist, weil ich in Jesus Christus seine Kraft und Liebe erkannt habe. Mit solchem Glauben im Herzen werden die "Schatten" meines Lebens wohl nicht weggewischt. Aber dieser Glaube schenkt mir Kraft zur Veränderung und eine unzerstörbare Hoffnung auf eine hellere Zukunft.
Spüren wir noch einmal in der Musik Vivaldis den aufkommenden "Gewittern" und "Stürmen" nach, die es auch in unserem Leben immer wieder gibt.
III
"Wo Licht ist, da ist auch Schatten".
Diese Feststellung darf mich nicht gleichgültig werden lassen. Sie darf nie dazu führen, die "Schatten" in meinem Leben und im Leben um mich herum als Normalität hinzunehmen, mich ihnen sozusagen zu ergeben.
Wenn Jesus im Matthäusevangelium sagt: "Ihr seid das Licht der Welt", dann ist damit eine Zusage und zugleich aber auch ein Auftrag verbunden. Zuerst einmal ist uns zugesagt, dass wir bereits "Licht der Welt" sind. Wir müssen nicht erst "Lichter" werden. Als Christen, als Menschen, die ihren Glauben auf Jesus setzen ist uns das Licht bereits geschenkt. Es ist uns ins Herz gegeben, wie Paulus im 2. Korintherbrief sagt.
Glaubende tragen Licht im Herzen. Das Sommerlicht bescheint uns und die Welt um uns herum lediglich. Das Licht, das uns unser Glaube schenkt, erfüllt uns dagegen. Es ist in unsere Herzen gelegt, damit es nichts und niemand auslöschen kann. Und es scheint auch nicht nur im Sommer. Es erhellt unser Innerstes auch dann, wenn die Tage wieder dunkler werden. Es scheint auch dann noch, wenn Dunkelheit über uns selbst hereinbricht; wenn so manches unser Leben schwer machen will.
Das soll jetzt nicht als hohe Anforderung verstanden werden. Nicht wir müssen es schaffen, dass dieses Licht scheint. Es ist uns geschenkt. Es scheint, weil Gott selbst die Lichtquelle ist. An die Worte von Paulus angelehnt könnte man sagen: "Das Glaubenslicht scheint, weil Gottes Herrlichkeit scheint." Seine Kraft, seine Liebe, seine Nähe sind unauslöschlich. In Jesus Christus strahlt uns Gottes Herrlichkeit entgegen – egal, was die Tage für uns bringen mögen.
Das, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Gemeinde, ist das Licht, dessen Strahlen auch unsere Herzen erfüllen wollen.
Ja, die Schatten des Lebens sind auch mit diesem Licht noch nicht weggewischt. Aber seit jeher schafft es dieses Licht, Menschen zu ermutigen, ihnen Kraft, Trost und neue Hoffnung zu schenken. Menschen, die von diesem Licht ergriffen sind, sich von ihm "bescheinen" lassen, stecken den Kopf nicht in den Sand. Stattdessen lassen sie etwas sichtbar werden von dem, was sie erfüllt. Sie tragen das Licht in die Welt. Ja, diese Menschen können irgendwann gar nicht anders, als selbst Licht zu sein. Denn das Licht, das Gott in ihre Herzen gegeben hat, will nach außen wirken. Glaubende und von Gottes Licht erfüllte Menschen bringen daher Licht in die Schatten um sie herum. Sie geben sich eben nicht der Dunkelheit hin und finden sich nicht ab mit ihr.
"Ihr seid das Licht der Welt" – wir alle sind das Licht der Welt, weil Gottes Licht scheint und uns selbst erhellt.
Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage!